Erbe des Drachenblutes (German Edition)
dachte er nach, dann fügte er noch hinzu: »Abgesehen davon halten sich die Gerüchte von Meerungeheuern, die nur in der Nacht herauskommen und unschuldige Schifffahrer mit ihren Booten in die Tiefe zerren.«
»Na, das kann Ignis ja nicht stören, oder? Sie ist nicht unschuldig.« Sie blinzelte. »Was machen wir jetzt?«
»Ignis wird nicht mit uns rechnen, das hoffe ich zumindest. Daher werden nur wenige Wachposten aufgestellt sein. Sie hat nicht mehr viele Männer, und die Gefangenen müssen auch im Auge behalten werden. Daher schlage ich vor, dass wir noch ein paar Stunden warten, bis dort unten vollkommene Ruhe eingekehrt ist. Dann schleichen wir uns hin und stehlen eins der Fischerboote. Mit dem verschwinden wir.«
»Und was ist mit den Gefangenen?«, fragte Mina.
Nirvan schüttelte den Kopf. »Wir können ihnen jetzt unmöglich helfen. Jedes Eingreifen unsererseits wird Ignis` Aufmerksamkeit auf uns lenken, ihr sagen, dass wir hier sind. Wir müssen sie hier lassen und hoffen, dass die Götter ihnen gnädig sind.«
»Die Götter, schon klar«, flüsterte Mina. »Die Götter, die Dra'Ira verlassen haben, ohne an die Folgen zu denken, nicht wahr? « Ihre Nase kräuselte sich vorwurfsvoll. » Und was ist mit den Meeresmonstern, die in der Nacht kommen?«
»Na ja, wir beide wollen ja nicht abergläubisch sein, oder? Und auf der anderen Seite haben wir keine Wahl. Wenn wir erst bei Sonnenaufgang aufbrechen, werden sie uns sehen. Ganz nebenbei hast du ja einen Magier bei dir. Ich werde mir schon etwas einfallen lassen, das uns für die Wachen unsichtbar werden lässt und vor allen Gefahren des Meeres beschützt.«
Sie nickte zustimmen.
Abrupt musterte Nirvan ihren Kopf und verzog das Gesicht. »Wir müssen was mit deinen Haaren machen.«
»Wieso? Was stimmt nicht damit?« Mina klang gereizt.
»Weil du mit deinem weißen Haarschopf einem Leuchtfeuer ähnelst. Es ist ein Wunder, dass die da unten uns nicht schon deswegen entdeckt haben.«
Ihre Wagen röteten sich, dann ballte sie die Fäuste. »Denkst du denn, dass ich es lustig finde, mit neunzehn Jahren schlohweißes Haar zu haben? Was soll ich denn dagegen tun?«
»Ratzekurz abschneiden«, schlug Nirvan vor. Mit weit aufgerissenen Augen schaute sie ihn an, doch dann schlich sich ein Grinsen in sein Gesicht ein. »Nein. Das mit der Glatze lassen wir lieber. Ich will ja nicht, dass sich deine zukünftigen Untertanen bei deinem Anblick erschrecken. Ich habe da eine bessere Idee.«
Mit schnellen Fingern begann er in seiner Umhängetasche nach etwas zu suchen. Dann zog er ein längliches, schwarzes Tuch hervor und hielt es ihr hin.
»Na toll! Da werde ich zu einer wahren Drachentochter und soll eines Tages das Reich regieren und muss jetzt, wie ein altes Bauernweib, ein Kopftuch tragen.« Brummend nahm sie das Tuch und legte es sich um die Haare, um mit flinken Fingern die Enden am Hinterkopf zusammenzuknoten. Nirvan zwinkerte ihr zu. »Sieht doch aufreizend aus.« »Ich befürchte, du hast einen sehr merkwürdigen Geschmack«, stellte sie mit einem Kopfschütteln fest.
v v v v v
Der Mond hatte seinen höchsten Stand erreicht. Er spendete als volle, runde Scheibe ein schemenhaftes Licht. Kaum sichtbar huschten unter seinem Schein zwei Schatten zum Hafen. Dank Nirvans Magie verursachten ihre Schritte kein einziges Geräusch. Gerade hatte sich Mina hinter einem Baumstamm versteckt, da trat einer der Wachposten auf einen Holzsteg. Er lief ihn entspannt entlang, blieb stehen, schaute in alle Richtungen und setzte sich wieder in Bewegung. Nirvan glitt neben Mina. Er nickte zu einem Fischerboot in ihrer Nähe, das sich leicht auf den sanften Wellen auf und ab bewegte. Sie verstand. Vorsichtig blickte sich Nirvan um. In der Mitte der Häuser brannte ein Lagerfeuer, um das einige bewaffnete Männer hockten. Ignis war nicht zu sehen, dennoch konnte sie da sein. Vereinzelt liefen Wachen umher und lauschten in die Nacht hinein.
Mina wollte schon loslaufen, da hielt Nirvan sie zurück. Er zog sie nah an sich heran. Seine Augen begannen unheimlich aufzuglühen. Dann öffnete er seinen Mund und murmelte eine Beschwörung.
Minas Herz begann zu rasen. »Was tust du da?«, fragte sie hauchend. Als Antwort zog Nebel auf. Es war kein normaler Nebel. Zuerst konnte Mina nicht sagen, was daran anders war, dann aber erkannte sie, dass sie ihn nicht richtig ausmachen konnte. Der Nebel war da, und irgendwie war er es auch nicht.
Nirvan wirkte wie erstarrt. Seine Augen
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