Erbe des Drachenblutes (German Edition)
glühten in einem sanften Purpur. Kurz darauf erlosch das Feuer darin, und er sackte ein Stück in sich zusammen. Der Nebel wurde dichter und wechselte seine Farbe: Er wurde schwarz. Langsam zog er über das Land und umhüllte alles, was Mina vorher noch hatte ausmachen können. Die Umrisse der nahen Hütten waren nicht mehr zu sehen. Auch die nur wenige Schritte entfernten Bäume schienen sich im Nichts aufzulösen.
»Was ist das?«, wollte sie wissen.
»Es soll uns helfen, ungesehen zum Boot zu gelangen«, erwiderte er flüsternd. Er wirkte geschwächt.
Sie blinzelte. »Soll ich dich stützen?«
»Ich bitte dich! Ich bin doch kein alter Mann. Ich werde sicherlich noch vor dir am Boot sein, also mache dir keine Gedanken um mich.«
Sie hörten wieder Schritte von jemandem, der sich auf den Bootssteg begab – wohl ein Wächter. Sehen konnte Mina den Steg nicht mehr, aber das näherkommende Geräusch wurde langsam lauter. Die Schritte verstummten, als ob der Wächter zögern würde. Mina vermutete, dass er aufgrund des plötzlich aufgetretenen Nebels verunsichert war. Einige Herzschläge hatte sie Angst, dass er Alarm schlagen würde, doch dann nahm der Wächter seinen Weg wieder auf. Die Schritte entfernten sich. Mina fühlte sich unendlich befreit. Nirvan ergriff ihre Hand und lief los. Er betrat einen schmalen Holzsteg, dann half er ihr auf das Fischerboot und löste die Sicherungsseile.
»Was ist, wenn sie uns auf dem Wasser entdecken?«, fragte Mina.
»Dann waren unsere Bemühungen umsonst«, antwortete er, als er ins Boot sprang und seine Schultern anspannte. Erneut sammelte er seine mentalen Kräfte. Er beugte sich vornüber und presste sein Gesicht in die Hände. Mina wusste, dass er seine Magie dazu benutzte, das Boot ohne einen Laut in Bewegung zu setzen. Und als sei das Dorf an der Küste nur ein Traumbild gewesen, befanden sie sich wenige Minuten später auf dem Meer.
Sie spürte den Wind in ihrem Gesicht und hörte den leichten, beruhigenden Wellengang, ansonsten war alles still. Anscheinend hatte niemand das Verschwinden des Fischerbootes bemerkt, und auch der unheimliche schwarze Nebel löste sich bereits wieder auf. Außer Ignis hätte in diesem Ereignis wohl niemand die Handschrift des Magiers erkannt. Und Ignis war, wie durch eine Fügung des Schicksals, nicht anwesend gewesen.
Nirvan handhabte das kleine Fischerboot mit einer routinierten Fertigkeit, die Mina verwunderte. Es wirkte, als sei er damit groß geworden und kenne jeden Handgriff im Schlaf. Aber er winkte nur ab, als sie ihn dazu befragte. »Es gibt Dinge«, erklärte er, »die muss man lernen, um zu überleben.« Mehr sagte er dazu nicht.
Die Überfahrt war ruhig. Die Wellen der weiten See sowie die eher zarten Brisen des Windes waren friedvoll. Nach zwei Stunden, die wie eine Ewigkeit wirkten, zerriss Nirvans Stimme die Ruhe: »Wir nähern uns der Küste.«
Aufgeregt spähte Mina in die gewiesene Richtung, doch sie wurde enttäuscht. Zwar waren sie nun deutlich näher an der Küste, aber mehr als ein paar Umrisse in dem leicht heller gewordenen Horizont konnte sie nicht erkennen. Nirvan brachte das Boot dazu, langsamer zu werden. Als es stillstand, blickte Mina ihn verwundert an. »Wir fahren nicht näher heran?«
»Nein. Wir wollen doch nicht auffallen, oder? Zwar kann jeder und alles durch den Schutzschild eindringen, aber je unauffälliger wir ans Ufer gelangen, desto besser ist es für uns. Dort kenne ich mich gut aus und weiß, dass nur der Zufall eine lebende Seele hierher bringen kann, aber ich will auch kein Risiko eingehen. Der Schutzschild ist nur wenige Meter vor uns. Wir springen einfach ins Wasser und schwimmen hindurch, du wirst es nicht einmal spüren, wenn du ihn passierst, Mina. Das kleine Boot lassen wir zurück. Nach den Strömungen, die hier herrschen, wird es auf das offene Meer herausgezogen und nicht ans Ufer getrieben. Wir werden somit ohne Spuren zu hinterlassen das Land betreten.«
Minas Herz zog sich bei dem Gedanken zusammen. `Schwimmen? Und das über diese Entfernung?´
»Mina, hörst du mir zu?« Er schaute sie auffordernd an. »Ich habe dir gerade erklärt, dass wir nicht darum herumkommen und das letzte Stück schwimmen werden.«
Jetzt war sie ganz bei der Sache. Empört rutschte sie in seine Richtung und ballte die Fäuste. »Bist du wahnsinnig? Wir werden in dem Wasser wahrscheinlich ertrinken, wenn uns nicht etwas von unten schnappt und frisst!«
»Du übertreibst«, konterte er. »Ich
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