Erbe des Drachenblutes (German Edition)
gesehen hatte.
Der Greif war eine seiner Vorsichtsmaßnahmen gewesen. Bereits vor der kleinen Expedition zum Auge der Götter hatte er sich der Seele des Greifs bemächtigt, weil er gewusst hatte, dass dieses Tier mit seinem Reiter sie begleiten würde. Es war der Greif gewesen, auf dem Zados mitgeflogen war und der bei dem schlecht ausgeführten Rettungsversuch von Mina schwer verletzt worden war. Immer, wenn Xsanthani sich in seine Gemächer zurückgezogen und seine Kristallkugel zur Hilfe genommen hatte, hatte er sich auf das Tier konzentrieren und seine Sinne nutzen können. So hatte er auch den Überfall auf Lian mitbekommen. Nun, sehen können hatte er ihn zwar nicht, da der Greif bei den anderen Tieren am anderen Ende der Höhle angebunden gewesen war, aber gehört hatte er alles. Abgesehen davon waren es die Greifenreiter selbst gewesen, die später am Lagerfeuer darüber gesprochen hatten, dass Lian tot, aber Minas Drachenblut erwacht war. Das war auch das Letzte gewesen, was er durch den Greif erfahren hatte. Eine geistige Übernahme schadete jedem Lebewesen, und je länger und intensiver man den wahren Geist verdrängte, desto mehr starb er ab. Der Greif war verendet, bevor Xsanthani mit eigenen Augen das veränderte Mädchen hatte sehen können.
Jetzt, nachdem der Waldkobold es ausgesprochen hatte, war es eine Tatsache. Nicht nur, dass es seine Machtergreifung gefährdete, sondern nun konnte er auch wieder Stimmen im Rat verlieren, die ihm zwischenzeitlich sicher gewesen waren.
Alle Anwesenden waren durch die Neuigkeiten verunsichert, bis Salvatorus erneut seine Stimme erhob und ankündigte, dass die Versammlung vertagt werde. Morgen zur selben Zeit sollten sich alle noch einmal zusammenfinden, und dann würde man weitersehen. Die Ratsmitglieder schienen durchgehend dankbar für die Entscheidung und beeilten sich, den Saal zu verlassen. Etwas lag in der Luft, etwas, das Ärger versprach. Etwas, das fast körperlich zu fassen war und sich zwischen Xsanthani und Salvatorus befand.
Als fast alle gegangen waren, trat Salvatorus zu Xsanthani und seinen Elben, gefolgt von Herdanik, Zados und Nexus. Seine Miene verhieß nichts Gutes. Purer Zorn spiegelte sich in seinen Augen wider. Xsanthani wirkte davon nicht beeindruckt.
»Was auch immer Ihr hier versucht, es wird keinen Erfolg haben«, zischte Salvatorus.
Xsanthani jedoch blickte ihn nur freundlich an. »Mein Guter, es ist gerade andersherum. Was auch immer Ihr denkt, dass Ihr tun müsstet, um diese Mina zu schützen, es ist der falsche Weg. Die Sicherheit unserer Völker und unseres Landes ist das Einzige, was uns am Herzen liegt. Ihr könnt ja nicht abstreiten, dass der lautlose Tod jedermann in Angst und Schrecken versetzt, oder? Auch ist es bekannt, dass der dunkle Kontinent sich in einer erschreckenden Weise immer häufiger bemerkbar macht. Was wollt Ihr tun, wenn der Schutzschild um den Ort der Verbannung fällt? Glaubt Ihr wirklich, Tempelburg sei dem gewachsen? Die Stadt ist nicht einmal mehr einem kleineren Ansturm eines rebellierenden Volks gewachsen. Wie auch? Hier gibt es nur noch verweichlichte Bewohner, fett und faul von der Bequemlichkeit, die ihnen durch die Drachentöchter gegeben wurde. Nein, Ihr braucht uns. Die vereinten Völker brauchen uns, denn wo die Elben einst schon einmal den Frieden brachten, können sie es wieder tun.«
Die Elben, die hinter ihm standen, traten alle einen Schritt näher. Krieger, überwiegend Männer, die durch ihre Haltung klar machten, dass sie bedingungslos zu Xsanthani und seinen Ansichten standen. Sie erinnerten Zados an Fanatiker, die sich einer aussichtslosen Sache verschrieben hatten und es als eine Ehre sahen, bei der Erfüllung einer solchen Mission zu sterben. Er musterte sie aufmerksam. Keiner von ihnen gehörte zum Clan seines Vaters, dennoch waren sie vom selben Volk wie er. Aber außer einer rein äußerlichen Ähnlichkeit konnte er nichts finden, was ihn mit ihnen verband. Im Gegenteil. Angewidert zog er sich einen Schritt zurück.
Xsanthani entging die Bewegung nicht. »Zados, mein Sohn. Du bist einer der Unseren. Ich weiß, dass manche Elben dich nicht anerkennen wollten, doch die Zeiten werden sich ändern. Ich werde mich darum kümmern, dass diejenigen, die uns und unserer Sache treu zur Seite stehen, auch in unseren Reihen bedingungslos respektiert werden.«
»Uns und unserer Sache?«, fragte der Halbelb. »Wer ist `uns´?«
Der Elbengelehrte schmunzelte verschmitzt, dann winkte er
Weitere Kostenlose Bücher