Erbe des Drachenblutes (German Edition)
willst mir nicht glauben? Aber warum bist du dann noch hier? Vielleicht hörst du mir ja noch immer zu, weil dir selbst Zweifel an seinem Verhalten gekommen sind.´
Das war es! Die fremde, geheimnisvolle Anwesenheit zog sich tatsächlich aus Minas Gegenwart zurück. Sie spürte, wie etwas sie verließ, in den Audienzsaal glitt und dort unverzüglich Richtung Steinbrunnen strebte. Gedanklich versuchte sie noch, nach der Präsenz zu greifen, doch sie entglitt ihr. Im letzten Augenblick der mentalen Berührung wurde ihr aber klar, dass sie recht gehabt hatte: Die fremde Gegenwart hegte tatsächlich Zweifel und Unsicherheit gegenüber ihrem angeblichen Freund Cor Keto.
Mina wurde dabei auch klar, dass es ihre reine Seele war, die die Präsenz überhaupt auf sie aufmerksam gemacht und dazu gebracht hatte, mit ihr zu sprechen. Jetzt, nachdem der Kontakt einmal hergestellt war, glaubte sie fest daran, ihn jederzeit wieder aufnehmen zu können, wenn sie nah genug an der fremden Präsenz wäre.
»Nirvan, ich muss in den Brunnen!«
»Was?« Fassungslosigkeit stand in seiner Mimik geschrieben.
»Ich bin mir nicht sicher, was gerade passiert ist, Nirvan, aber ich hatte gerade ein langes Gespräch mit einer fremden Wesenheit, die glaubt, dass Cor Keto ihr Freund sei. Sie sagte mir, sie habe Cor Keto die Macht gegeben, um das Land zu befrieden . Ich verstehe zwar den Sinn noch nicht dahinter, aber mein Gefühl sagt mir, dass jene Kreatur möglicherweise die einzig echte Chance ist, Cor Keto aufzuhalten.«
Nirvan blickte nervös durch sein Guckloch. Hatte auch niemand sie gehört? Nein, anscheinend nicht. Innerhalb des Audienzsaals war Medana mit ihren Vorbereitungen fast am Ende, aber niemand schaute in seine Richtung. Auch Ignis schien sich nicht bewegt zu haben.
Mina verstand und folgte seinem Beispiel. Auch sie schaute nach, ob sie bemerkt worden waren. Da wandte Ignis den Kopf in ihre Richtung. Mina erstarrte. Es kam ihr so vor, als seien die pupillenlosen Augen direkt auf sie gerichtet. Erschauernd zog sie sich ein Stück zurück.
»Mein Herr und Gebieter, wir sind so weit!« Medana stützte sich zitternd auf ihren Stock und trat von dem magischen Gebilde zurück, das sie mit Hingabe auf dem Boden skizziert hatte. »Alle Vorbereitungen sind abgeschlossen! Auch das Tuch mit Lians Blut liegt bereit. Wenn Ihr es befehlt, werde ich Sennus Nachtschatten rufen.«
Der Monarch gab einen zufriedenen Laut von sich und ließ seinen schweren Schädel hoch und runter schwingen. »Gut gemacht, Medana. Dann öffne das Tor und suche den Hofmagier.«
Cor Keto bewegte sich schwerfällig auf seinem Thron, seine Schuppen verursachten dabei ein scheuerndes, knirschendes Geräusch, das einem durch Mark und Bein ging.
»Wo sind meine obersten Hauptmänner?«
Sofort glitten fünf schwer gerüstete Krieger in Minas Blickfeld. Zwei sahen wie Menschen aus, einer erinnerte an einen Bewohner aus dem Schattenkessel, und die anderen beiden waren Orks. Alle fünf salutierten von Cor Keto.
»Gut! Ich ordne an, dass ihr sofort die Schiffe bereit machen lasst. Geht hinaus und sorgt dafür, dass alles so weit vorbereitet ist, dass nur noch mein letzter Befehl erfolgen muss, um den Angriff einzuläuten. Um keine Zeit zu verlieren, werde ich den Befehl auf magischem Wege erfolgen lassen.«
»Ja, mein Monarch!«, erklangen die Rufe in einer Kakophonie von Stimmen. Eilig verließen sie den Saal.
»Wir werden jetzt da reingehen«, flüsterte Mina zu Nirvan. Der Magier wurde ein wenig blasser, nickte aber ohne zu zögern. Sie krochen auf allen vieren aus dem schmalen Geheimgang. Noch immer waren vor den schweren Toren keine Wachen aufgestellt worden. Offenbar waren alle außerhalb der Festung eingesetzt oder befanden sich innerhalb des Saals. Zurück im menschenleeren Flur, vor der schweren Eingangspforte, zogen sie die Waffen. Jeder von ihnen hielt eine elfenbeinfarbene Klinge in der Hand.
`Nur der Zahn eines Drachens kann das Schuppenkleid eines anderen Drachen durchstoßen.´ Diese Worte hatte ihnen Sommu Seth mit auf den Weg gegeben, und Mina glaubte daran. Wie sie es aber schaffen sollte, Cor Keto so nahe zu kommen, dass sie ihre Waffe in sein Herz stoßen könnte, war ihr noch nicht bewusst. Vorsichtig setzten sie einen Fuß vor den anderen, bis sie direkt vor den mächtigen Türen standen.
Mina zitterte vor Anspannung. Nirvan blieb stehen und drehte sich zu ihr um. »Bist du bereit?«
Ihre großen Augen trafen die seinen. »Soweit man
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