Erbe des Drachenblutes (German Edition)
reichten Holzbretter bis zum Rand des Daches, das mit grauen Ziegeln gedeckt war. Aus einem steinernen Schornstein stieg eine feine Rauchlinie, und vor der Hütte standen zwei Holzbänke, die zu einer Rast einluden. Auf einer der Bänke saß ein alter Mann. Ein weißer Bart reichte ihm bis auf den Schoß. Sein kurzes Haupthaar schimmerte grauweiß, und seine Kleidung wirkte altmodisch und stammte sicherlich von der Erde. Im Mund klemmte eine überlange Pfeile, an der er andächtig zog. Sie trat vor und musterte ihn, dann nickte sie ihm grüßend zu. »Hallo, ich bin Mina.«
Der Alte lächelte, auch wenn man das vor lauter Barthaaren kaum sehen konnte. »Ich weiß.« Er tätschelte mit einer Hand auf den freien Platz neben sich. »Möchtest du dich setzen?«
Minas Blick schweifte in der Umgebung umher. »Ich weiß nicht. Wichtige Dinge geschehen, und dabei zählt jede Minute. Ich glaube nicht, dass ich die Zeit dafür habe.«
Der Alte paffte hörbar an seiner Pfeife und klopfte noch einmal auf den Platz neben sich. »Zeit, mein Kind, ist etwas sehr Relatives. Du hast mich neugierig gemacht, und ich bin mir sicher, dass wir alle Zeit der Welt haben. Komm und lass uns reden.«
Sie blickte zu ihm, doch er war verschwunden. An der Stelle, wo er gesessen hatte, ließ nun ein kleiner Junge von etwa acht Jahren seine Beine baumeln. »Und wenn du nicht reden magst, dann können wir ja vielleicht ein wenig spielen? Ich bekomme so gut wie nie Besuch«, sagte er mit einem schüchternen Lächeln.
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Stolpernd fiel SinSan nach vorne. Zados schubste ihn eilig durch die Flure. Er verstand nicht, was geschehen war. Das Letzte, woran er sich erinnern konnte, war der Beginn des Rituals gewesen, bei dem er Xsanthani geholfen hatte. Niemals hatte er die Taten seines Meisters hinterfragt, auch nicht, als dieser angefangen hatte, einige magisch begabte Elben um sich zu sammeln, um mit ihrer Hilfe die göttlichen Kuppeln zu manipulieren. Wieso auch? Xsanthani war der ehrlichste und beste Elb, den er je hatte kennenlernen dürfen. Ohne ihn wäre er schon vor Langem ehrlos gestorben, und Xsanthani hatte ihm alle Chancen des Lebens gewährt. Er war anders als alle anderen einflussreichen Elben. Ihm war es sogar gelungen, die Elbenfürsten für seine Ideen einzunehmen. Er hatte ihnen prophezeit, dass die weiße Regentin eines Tages ohne geregelte Nachfolge versterben würde und dass dann Chaos ausbrechen musste. Er war es auch gewesen, der sie davon überzeugt hatte, dass nur die Elben das Recht und die Möglichkeiten hatten, dem Chaos Einhalt zu gebieten, indem sie das taten, was sie schon vor Jahrtausenden getan hatten: die wesentlichen Entscheidungen um die Herrschaft zu übernehmen. Zu lange hatten die Elben sich von der Welt abgekapselt, und zu lange hatten sie Desinteresse an den Völkern gezeigt. Jetzt war ein neues Zeitalter angebrochen – ein Zeitalter der Taten, und Xsanthani sollte ihr Schwert sein. SinSan wollte seinem Herrn sogar in die tieften Abgründe folgen, wenn er es wünschte.
»Was wollt Ihr von mir?« Er begann sich gegen Zados zu wehren, doch der Halbelb wirkte unbeeindruckt. Sein kleiner, grüner Geselle, den er tatsächlich als `Freund´ bezeichnete, schielte missmutig zu ihm hoch.
»Wie kannst du es wagen, einen Elben mit solchen Blicken zu beleidigen?«, schnauzte SinSan ihn an.
Nexus‘ Augen weiteren sich, dann wurden sie zu schmalen Schlitzen. Er holte schon Luft, um der hochmütigen Kreatur eine gesalzene Antwort zu geben, da riss Zados SinSan am Kragen seines Mantels dicht an sich heran.
» Du , SinSan, bist eine unwürdige Kreatur. Nicht wert, den Staub von meinen Schuhen zu wischen. Wenn du es noch einmal wagst, einen aufrichten Krieger des Lichts zu beleidigen, dann werde ich dir jeden Finger einzeln abschneiden.«
»Wie könnt Ihr es wagen?« SinSans makellose Wangen verfärbten sich.
»Wie ich es wagen kann? Ich habe stets für die Grundprinzipien unserer Rasse eingestanden, obwohl meine eigene Art mich fortwährend spüren ließ, dass ich aus ihrer Sicht nicht viel wert bin. Aber du, du hast als reinrassiger Elb dafür gesorgt, dass Xsanthani uns alle in einen sinnlosen Krieg führt, der nur einer einzigen Aufgabe dient: dem dunklen Kontinent und seinen Kreaturen die Zeit zu verschaffen, ungesehen auszubrechen.«
»Niemals!«, rief SinSan heiser. »Niemals können die Verbannten entkommen!« Noch während er die Worte aussprach, schlich sich ein Funken von Zweifel in seine Gedanken. Er
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