Erbe des Drachenblutes (German Edition)
zerstörten Eingangstür stehen und blickten sich verwundert um. Der eine oder andere hielt ein Schwert oder einen Speer in den Händen, die meisten aber hatten ihre Waffen nicht gezogen. Nirvan erkannte Orks, Menschen und andere, die er als Mischlinge aus verschiedenen Rassen einschätzte. Alle waren muskulös und wirkten zu allem entschlossen – wenn sie nicht einen absolut neutralen Gesichtsausdruck zur Schau getragen hätten. Manche blickten ein wenig konfus und verwirrt drein. Nirvan verstand. Er dachte an Samantha und ihre Worte. Die Drachentöchter hatten etwas mit den Bewohnern des dunklen Kontinents getan.
Das war der Moment, in dem Mina leise hüstelnd den Kopf in seine Richtung drehte. »Nirvan, du lebst«, hauchte sie freudig überrascht. Er erwiderte ihren Blick, konnte aber seine Befürchtungen wegen den eingetretenen Wachen nicht verbergen. Weitere eilige Schritte näherten sich dem Saal.
»Mina, Cor Keto ist tot! Und der göttliche Schutzschild über dem dunklen Kontinent ist zusammengebrochen. Einige seiner Soldaten haben uns gefunden und nähern sich. Ich weiß nicht, was nun mit uns geschehen wird.«
Mina dachte nach, dann wirkte sie zufrieden. »Das ist gut, so soll es auch sein.«
»Ja, das mag sein, aber wie kommen wir jetzt hier raus? Wachen versperren uns den Ausgang, auch wenn sie uns noch nicht angegriffen haben.«
Die eingetroffenen Krieger richteten ihr Augenmerk auf Mina und Nirvan, dennoch blieben sie im Eingangsbereich stehen. Ihre Aufmerksamkeit galt hauptsächlich dem mächtigen Leichnam Cor Ketos, der jetzt als rotbrauner Drache nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem ehemaligen Monarchen hatte.
»Was ist hier geschehen?«, fragte einer der vordersten Orkkrieger, offenbar ein Hauptmann der Wachgruppe.
»Das ist das Ende einer Epoche, und gleichzeitig der Anfang einer neuen«, antwortete eine kindliche Jungenstimme. Der Orkkrieger fuhr herum, ließ aber weiterhin sein Schwert in der Scheide stecken. Ein kleiner Menschenjunge stand hinter ihm und musterte ihn mit tiefgründigen, ölig schwarzen Augen.
Der Orkkrieger wirkte zwar misstrauisch, ließ sich dann aber auf ein Knie nieder, um mit dem Jungen auf einer Höhe zu sein. »Was soll das heißen?«
»Dass ihr eine Chance erhalten habt. Eine Chance, ohne einen Tyrannen zu leben. Cor Keto ist nicht mehr, und der Schutzschild um euer Gefängnis ist verschwunden. Ihr habt alle die Möglichkeit, zu gehen und euer Leben zu ändern. Nutzt dieses Geschenk, oder ihr werdet am Ende wieder dort landen, wo ihr heute Morgen noch wart: am Rand eines Abgrunds.«
Ein anderer Krieger, mit kahlrasiertem Kopf und einem Speer in den Händen, trat heran. »Das ist nicht Cor Keto«, sagte er entschlossen.
Der Junge schmunzelte. »Das ist das, was von ihm übrig geblieben ist. Das ist das, was er vor seiner Verwandlung zum Leviathan gewesen war.«
Die Krieger blickten sich an. Manch einer wirkte bedrückt, doch die meisten sahen wirkten erleichtert.
»Wir können wirklich tun, was wir wollen, und gehen, wohin wir möchten?« Der Orkkrieger schüttelte ungläubig den Kopf. »Das habe ich mir niemals träumen lassen. Ich kann es auch kaum glauben. Der Vater meines Vaters hat uns nachts am Lagerfeuer von einem solchen Tag erzählt, wir hielten es aber für die Reden eines alten Mannes, der zu viel Schlimmes erlebt hat.«
»Ein Neuanfang!«, schallte Minas Stimme durch den Saal. »Das ist es, was der Junge und ich euch schenken möchten.«
Alle Blicke richteten sich auf sie. Sie stand nun, gestützt von Nirvan, aufrecht und strahlte all die Würde aus, die einer Regentin gebührte. »Mein Name ist Mina von Gabriel. Ich bin die dreizehnte Drachentochter und jüngste Erbin von Lian. Wir geben euch die Chance, mit uns gemeinsam einen Neuanfang zu wagen. Das Einzige, was ihr machen müsst, ist offen zu sein und den Regeln der Gerechtigkeit und der Ordnung zu folgen. Keine Verbrechen mehr, keine Diebstähle oder Morde mehr, keine Ungerechtigkeiten mehr. Ich frage euch, Krieger des dunklen Kontinents, könnt ihr damit leben? Wollt ihr damit leben?«
Alle traten näher an sie heran. Zwar wirkten sie in den dunklen Rüstungen und den schwarzen Fellstücken, die unter den Rüstungen hervorquollen, mit den unzähligen Tätowierungen und auffälligen Narben immer noch angsteinflößend, aber in ihren Augen stand etwas Neues geschrieben.
»Und Ihr werdet uns mit den Bürgern der freien Völker wirklich auch eine Stufe stellen? Mit den Menschen aus Tempelburg
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