Erbe des Drachenblutes (German Edition)
dann war es die Tatsache, dass Medana, die verfluchte Zauberkundige, schon immer da gewesen war und immer da sein würde.
Die Legenden sagten der gebrechlich wirkenden Frau auch nach, dass sie durch ihre schwarzmagischen Fähigkeiten bis in die hintersten Ecken eines Herzens blicken konnte und einem somit die Geheimnisse raubte. Das war etwas, worauf keiner der kleingewachsenen Krieger Wert legte.
Angewidert verzog Medana den Mund. Die anwesenden Krieger mit ihren spärlichen, nicht zusammenpassenden Rüstungsteilen und zerkratzten oder schartigen Schwertern waren kein schöner Anblick. Dennoch lächelte sie kurz darauf verschwörerisch. Sie kannte die Geschichten, die über sie im Umlauf waren, und die eine oder andere war wahr ... Sie konzentrierte sich auf das Innerste der Kobolde und erkannte, dass jeder einzelne der Anwesenden etwas zu verbergen hatte, wie es sich ja auch für einen echten Düstersteinkobold gehörte. Die eine oder andere vermeintlich verborgene Information, die sie vor sich liegen sah, würde sicherlich noch nützlich sein – falls die betreffenden Krieger lebend zurückkehrten. Getuschel machte sich breit. Ohne genau zu wissen, um was es sich handelte, spürten die Kobolde das Vorgehen der Koboldschamanin. Medana schüttelte den Kopf. Es war Zeit, die Männer los zu werden, damit sie wieder ihre Ruhe bekam. Was hatte ihr Herr und Meister, der Monarch Cor Keto noch befohlen? Ja …
»Krieger«, begann sie mit zischenden Worten, »ihr seid auserwählt worden! Die Clanführer bestätigten mir, dass ihr die besten Recken unseres Volkes seid. Ihr kennt eure Aufgabe, und ich erwarte nichts Geringeres von euch, als dass ihr sie perfekt ausführt und dabei keine Spuren hinterlasst.«
Medana legte eine Pause ein und ließ die Worte wirken. Niemand widersprach ihr. Jeder wusste, was mit Kobolden geschah, die Widerworte gaben. Einen Finger zu verlieren war dabei noch die geringste Gefahr. Amüsiert blickte Medana auf einen Holzschemel in der Nähe. Trotz des schwachen Kerzenlichts wusste sie, was sie auf der Sitzfläche erkennen würde. Noch deutlich sah man dort das entsetzte Gesicht eines Verzweifelten, genau in dem Moment erstarrt, als er erkannt hatte, dass er sich verwandeln würde.
»Genug der Worte«, sagte sie ein wenig ruhiger. »Ihr werdet den Übergang wagen und alles herausfinden, was es herauszufinden gibt. Ich werde in regelmäßigen Abständen Kontakt zu euch aufnehmen, und ich erwarte Ergebnisse!« Die Krieger wechselten unruhige Blicke. »Und merkt euch gut: Ich werde niemanden von euch zurückholen, wenn ihr eure Aufgabe nicht zu meiner Zufriedenheit erfüllt.«
Die Kobolde bewegten sich nervös. Ihre groben Rüstungsteile scheuerten aneinander und gaben blecherne Geräusche von sich. Medana sah die kupferfarbenen Helme, die mit billigem Leder umwickelt waren, die schmuddeligen Baumwollhemden und Wildlederhosen und die Brustharnische, die notdürftig um die mageren Leiber geschnallt waren.
Sie erhob die Hände über dem Kopf. »Ich warne euch! Der Übergang wird sicherlich schmerzhaft werden.« Ein freudiger, erwartungsvoller Zug zeigte sich um ihre schrumpeligen Lippen. »Aber das kann einen echten Düstersteinkobold nicht schrecken, oder? Und jetzt macht euch davon!«
Sie konzentrierte sich intensiver. Mit unergründlich tiefer Stimme kamen fremdartige Worte und Geräusche aus ihrer Kehle. Gleichzeitig krochen nebelhafte Linien aus purem Nichts durch die Wände und wanden sich schlangengleich um ihre Opfer. Der Raum füllte sich schnell mit diesen Erscheinungen, und nur wenige Herzschläge später war jeder einzelne Koboldkrieger vollkommen umhüllt. Die kleinen Körper verdrehten sich unnatürlich, bis sie irrationale Zerrbilder ihres Selbst waren. Aus dem nebelhaften Nichts bildeten sich kleine Wirbelstürme, die die Krieger aufsaugten. Die heruntergebrannten Kerzen erloschen, und einige Düstersteinkobolde quiekten erschrocken auf, doch das änderte nichts an ihrem vorbestimmten Weg. Als die letzte helle Koboldstimme verklang, saß nur noch Medana in dem finsteren Raum und schmunzelte zufrieden vor sich hin.
`Wer braucht schon einen Altar der Götter, wenn er die notwendige Kraft in sich selbst trägt´ , dachte sie, als sie mit einer dürren Fingerspitze den Namen `Nirvan´ in den Staub auf dem Boden schrieb .
v v v v v
Noch bevor die ersten Sonnenstrahlen über die Baumwipfel krochen und Minas Gesicht kitzeln konnten, drang ein verführerischer Duft an ihre Nase und
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