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Erben der Macht

Erben der Macht

Titel: Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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hervorragende List. Sie hatte Erfolg. Das Eine Tor wird verschlossen bleiben.“
    Marlandra begriff schlagartig die Zusammenhänge. Weil kein Mensch in die Residenzen gelangen konnte, der den Py’ashk’hu oder Ke’tarr’ha nicht zutiefst ergeben und deshalb darauf konditioniert war, deren magische Schilde zu durchschreiten, hatten die Menschen einen Weg gefunden, eine menschliche Seele mit Gressyls Geist zu verbinden. Der Mensch, von dem sie stammte, hatte Gressyl gelenkt und ihn veranlasst, Maru zu töten; weil die Menschen unter allen Umständen verhindern wollten – für das Überleben ihrer Rasse verhindern mussten –, dass das Eine Tor geöffnet wurde. Weder er noch die Bodéwadmi hatten wissen können, dass Marlandra und Maru vorgehabt hatten, das Tor für immer zu versiegeln.
    Wenn sie beide einen Verbündeten innerhalb der Dynastien gehabt hätten, wäre das nicht passiert. Er hätte sie unterstützt und vor allem beschützt, gerade auch vor ihren eigenen kayápu, halb-kayápuri und menschlichen Anhängern. Ihr wurde bewusst, dass jedes zukünftige Halb-Kayápu-Paar, das sich vielleicht entschließen würde, das Tor zu versiegeln, statt es zu öffnen, vor demselben Problem stehen würde. Es sei denn  …
    Sie stand auf, als sie fühlte, dass Reya ihre magische Macht zusammenballte. „Halt!“
    Zu spät. Reya hatte Gressyl mit einem machtvollen Zauber, von dem Marlandra nicht geahnt hatte, dass sie dazu fähig sein könnte, die Seele entrissen. Sie schwebte als für magische Sinne sichtbare, hell schimmernde, nichtstoffliche Kugel in Reyas Hand, und die Dämonin begann, sie mit einem Zauber zu quälen. Wahrscheinlich wollte sie sie endlos foltern, ehe sie sie vernichtete, sobald sie merkte, dass die Seele nicht mehr reagierte.
    Marlandra riss ihr die Seele aus der Hand und sperrte sie in einen Kristallflakon, den sie mit einem Bringzauber holte und mit einem magischen Schild umgab, der verhinderte, dass die Seele daraus entweichen konnte.
    „Das gehört mir! Und er“, sie deutete auf Gressyl, der zusammengesackt war und blicklos ins Leere starrte mit Augen, in denen der Verstand erloschen war, „gehört auch mir! Ich allein habe das Recht, ihn dafür zu richten, dass er Maru getötet hat. Und glaubt mir, ihr könntet ihm nichts Schlimmeres antun , als ich mit ihm tun werde. Verschwindet! Alle.“
    Bis auf Mokaryon und Reya gehorchten alle sofort.
    „Was hast du vor?“, wollte ihr Vater wissen.
    Marlandra lächelte so bösartig, wie sie es fertigbrachte. Sie wedelte mit dem Flakon, in dem sie die Seele eingesperrt hatte. „Er und Gressyl werden in Ewigkeit leiden. Aber das will ich allein genießen. Geht!“
    Mokaryon und Reya zögerten noch einen Moment, ehe sie endlich verschwanden. Marlandra ließ sich neben Gressyl zu Boden fallen und brauchte eine Weile, ehe sie nach dieser Anstrengung genug Kraft gesammelt hatte, um ihren Plan zu durchdenken. Ihr blieb nicht viel Zeit. Die kayápu hatten zwar für den Moment alle Emotionen aus ihr herausgesogen und dadurch verhindert, dass sie über den Verlust von Marus Seelenteil ebenso den Verstand verlor , wie Gressyl, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich so weit erholt hatte, dass sie zurückkehrten. Und was dann mit ihr geschah, hatte sie nicht nur schon ansatzweise gefühlt, sondern sah sie an Gressyl.
    Er richtete sich auf, presste die Hände gegen den Kopf, schüttelte ihn und starrte Marlandra an, als sähe er sie zum ersten Mal. In seinen Augen glomm zwar noch ein Funken Verstand, aber viel schien es nicht mehr zu sein. Sie hätte ihn hassen sollen. Aber dazu war sie momentan nicht in der Lage.
    „Weißt du, wer ich bin?“, fragte sie ihn.
    Er runzelte die Stirn und versuchte, sich zu erinnern. Nach einer Weile schüttelte er den Kopf.
    „Ich bin Marlandra.“
    Er sah sie mit leerem Blick an, in dem sich kein Funken des Erkennens zeigte.
    „Weißt du wenigstens noch, wer du bist?“
    Wieder schüttelte er nach sichtbar angestrengtem Nachdenken den Kopf.
    „Was weißt du noch von dem, was sich in der letzten Stunde hier ereignet hat? Oder in den letzten Tagen?“
    Er starrte. Schwieg. Lange. Schüttelte schließlich den Kopf. „Nichts.“
    „Weißt du wenigstens noch, dass du ein kayápu bist und magische Kräfte besitzt?“
    „Ja. Natürlich.“ Er blickte sich um. „Was tue ich hier?“
    Dass er sich an nichts erinnerte und offensichtlich seinen Verstand zwar nicht vollständig, aber doch teilweise verloren hatte, konnte

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