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Erben der Macht

Erben der Macht

Titel: Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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uneingeschränkte Macht wollte, die ihr der Status als Königin aller kayápu in dieser Welt verlieh. Aber es war einen Versuch wert.
    Er konzentrierte sich auf das, was die – seine Seele ihm über Liebe und Verführung sagte und pflückte eine rote Blume, die neben ihm wuchs. Er hielt die Nase darüber und sog die Luft ein, wie er es manches Mal bei den Menschen, besonders den Frauen, beobachtet hatte. Die Blüte strömte einen süßen Duft aus, den er als angenehm empfand. Bisher hatte er solche Gerüche scheußlich gefunden. Er hielt Marlandra die Blume hin.
    Sie sah ihn erstaunt an. „Was soll das?“
    „Ich versuche herauszufinden, warum Menschen so etwas tun. Warum sie einander dieses farbige Kraut geben. Ich erkenne keinen Sinn darin. Die Pflanze stirbt in einem Tag oder in ein paar Tagen und verliert ihre Schönheit. Was also bedeutet das?“ Seine Seele gab ihm zwar die Antwort, aber das durfte er Marlandra nicht offenbaren. Sonst fragte sie sich, woher er diese Dinge wusste, die er als kayápu gar nicht wissen konnte. Sie durfte nicht misstrauisch werden.
    Sie nahm die Blume und roch ebenfalls daran. „Das ist ein Symbol, glaube ich. Für Zuneigung.“ Sie lächelte. „Aber ich fürchte, das verstehst du nicht, Gressyl.“
    „Vielleicht doch. Ich beobachte die Menschen schon länger als du lebst.“ Er streckte die Hand aus und strich über ihre Wange. Die Berührung verstärkte seine Lust. Die Sanftheit, zu der er plötzlich fähig war, überraschte und erschreckte ihn.
    Marlandra lächelte verblüfft, drückte seine Hand aber zur Seite. „Ich weiß es zwar zu schätzen, dass du offenbar auch nett sein kannst, Gressyl, aber lass das bitte.“
    „Warum?“
    „Weil ich nicht daran interessiert bin, dein Versuchsobjekt zu sein. Such dir eine Menschenfrau und sei zu ihr nett. Sie wird dir viel besser erklären können als ich, was es mit solchen Gesten auf sich hat. Sie ist nämlich ein ganzer Mensch, ich bin nur ein halber.“
    Sie stand auf, ließ die Blume fallen und verschwand. Nun gut. Er würde nicht aufgeben.
     
    *
     
    Einen Monat später
     
    Gressyl beobachtete aus sicherer Entfernung, wie Marlandra und Maru am Ufer des Baches, der in den großen See neben der Residenz floss, hinter einem blühenden Busch verborgen im Gras lagen und miteinander Sex hatten. Innerhalb der magischen Grenzen der Residenz war es immer Sommer und entsprechend warm – wenn auch nicht unbedingt sommerlich hell –, während außerhalb der Residenz Schnee lag und der See mit Eis bedeckt war.
    Sein Plan, Marlandra in sich verliebt zu machen, hatte nicht geklappt. Vielleicht lag es daran, dass er trotz des Wissens, das ihm seine Seele über Verführung vermittelte, darin nicht geübt genug war; nämlich gar nicht. Wahrscheinlicher war aber, dass es an dem Band lag, das Marlandra und Maru aneinander fesselte. Gressyls magische Sinne sagten ihm, dass sie von dem Moment an, da sie zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten – das war Jahre her –, durch die in ihnen bei ihrer Geburt verankerte Magie aufeinander fixiert waren. Kein Mann, keine Frau, konnte sich zwischen sie drängen. Sein neues Wissen über diese Dinge verriet ihm, dass Liebe der Seele entsprang. Da Marlandra und Maru auch in ihren Seelen durch ein selbst für Gressyl spürbares Band vereinigt waren, war sie wohl auch deshalb immun gegen die Verführung jedes anderen Mannes.
    Also blieb ihm nur noch als Alternative, Maru zu töten. Er hatte sich vergewissert, dass die Bodéwadmi seinem Rat gefolgt waren und die Gegend verlassen hatten. Bis auf jene, die sich dem Zorn der kayápu opfern würden. Er hoffte, dass ihr Vorsprung groß genug sein würde. Wenn nicht, wäre es egal. Das Einzige, was zählte, war, dass das Eine Tor nicht geöffnet wurde. Dass er dafür seinen Bruder töten musste, war ein notwendiges Übel, wie seine Seele ihm sagte. Maru oder Marlandra. Aber Gressyl liebte Marlandra. Sie war die letzte Person in dieser Welt, die er jemals töten könnte.
    Er beobachtete, wie die beiden sich endlich voneinander lösten und ins Wasser des Baches sprangen, um sich zu waschen. Sie lachten, bespritzten sich gegenseitig und spielten eine Weile, ehe sie das Wasser verließen, sich mit einem Zauber abtrockneten, anzogen und auf das Gebäude der Residenz zukamen, Arm in Arm und sichtbar glücklich. Ahnungslos, dass zumindest Maru dem Tod entgegenging. Gressyl würde Maru töten und verschwinden, bevor jemand auf Marus Tod reagieren konnte. Wenn

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