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Erben der Macht

Erben der Macht

Titel: Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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gut oder schlecht für ihren noch vagen Plan sein. Sie tastete ihn mit ihren magischen Sinnen ab und erkannte, dass er ohne die Seele, die Reya ihm entrissen hatte, nicht von Nutzen sein würde. Die fremde Seele hatte sich so fest mit ihm verbunden – ein magisches Meisterstück! –, dass er, nachdem sie ihm gewaltsam entrissen worden war, seinen Verstand ohne sie aus eigener Kraft niemals zurückerlangen würde. Aber ein Idiot, der nur noch bedingt zu abstraktem Denken in der Lage war, taugte nicht für ihren Plan.
    Sie betrachtete das Seelengefäß in ihrer Hand. Sie wusste von den magischen Experimenten, die Mokaryon mit in solchen Gefäßen gefangenen menschlichen Seelen durchgeführt hatte, dass deren Verstand nicht lange erhalten blieb, weil sie die Isolation in diesen Gefäßen nicht ertrugen, das Fehlen von äußeren Reizen und Sinneseindrücken, da ohne den Körper, in den sie gehört hatten, keine Sinneswahrnehmung mehr möglich war. Sie musste also einen Weg finden, dass diese Seele ihren Verstand über die kommenden Jahrhunderte, vielleicht sogar Jahrtausende behielt. Das war durchaus machbar.
    Gressyl stellte das größere Problem dar. Wenn sie ihn am Leben ließ, würde Reya ihn umbringen. Oder Mokaryon. Oder irgendein anderer kayápu. Aber sie brauchte ihn lebend. Das halbmenschliche Paar, das in 333 Jahren oder wann auch immer ebenso wie sie und Maru versuchen würde, das Eine Tor für immer zu schließen, brauchte ihn als loyalen Verbündeten, der sein Leben dafür geben würde, damit sie Erfolg hatten, wo sie heute durch Marus Tod gescheitert waren. Einerseits widerstrebte es ihr, dazu ausgerechnet Gressyl zu nehmen, der Maru getötet hatte. Andererseits betrachtete sie das als gerechten Ausgleich für seine Tat. Außerdem war er der einzige kayápu mit einer Seele – wenn es ihr gelänge, sie für ihn zu erhalten und zu bewerkstelligen, dass er sie zurückbekam, wenn die Zeit gekommen war.
    Sie wandte sich ihm zu. Er blickte sie abwartend an. „Dein Name ist Gressyl. Du bist mein treuer und loyaler Diener. Mein Beschützer. Ich bin deine Königin – Marlandra. Verstehst du das?“
    Er dachte darüber nach. „Königin Marlandra. Ja. Ich werde dich beschützen.“ Wieder überlegte er. „Ich werde jeden töten, der dir zu schaden versucht.“
    Offensichtlich war noch genug Verstand in ihm, dass er einfache Zusammenhänge bergreifen konnte. Sehr gut. Sie legte ihm die Hände gegen die Schläfen und begann, einen Zauber um ihn zu weben.
    „Gressyl, ich binde dich und verpflichte dich: Wenn es eines Tages ein anderes Halbdämonenpaar wie mich und Maru gibt, das das Eine Tor verschließen will, statt es zu öffnen, wirst du ihnen helfen. Du wirst als Einziger spüren können, wenn sie das planen. Dann wirst du sie beschützen und sie unterstützen und alles tun, was erforderlich ist, damit das Tor durch sie geschlossen werden kann. Auch wenn es dich und sie am Ende das Leben kostet.“
    Gressyl wiederholte ihre Worte, was ihr bewies, dass der Zauber wirkte.
    „Schwöre!“, verlangte sie.
    „Ich schwöre bei Thorluks Schädel und Kallas Blut, dass ich diese Pflicht erfüllen werde.“
    Marlandra war erleichtert, denn diesen Schwur – den einzigen, an den sich ein Dämon gebunden fühlte, weshalb es nahezu unmöglich war, einen dazu zu bringen, ihn zu leisten – konnte nicht einmal der Herr der Unterwelt brechen. Diesen einen verbindlichen Schwur einzuhalten, war im Blut aller Dämonen fest verankert. Egal, ob Gressyl seinen Verstand eines Tages wiedererlangte oder nicht, er würde sich an diesen Schwur erinnern und ihn halten, und sei es nur unbewusst.
    Damit er dann aber noch lebte, musste sie dafür sorgen, dass er nicht getötet werden konnte. Zuerst musste sie aber dafür sorgen, dass die Seele, die nun zu ihm gehörte, die Zeit unbeschadet überstand. Am liebsten hätte sie sie ihm zurückgegeben, aber das hätten die kayápu sofort gemerkt und ihn davongejagt, da sie ihn nicht mehr töten konnten, wenn Marlandra mit ihm fertig war. Das würden sie wahrscheinlich sowieso tun, wenn sie feststellten, dass sie ihn leben gelassen hatte. Also musste sie das im Vorfeld verhindern. Aber alles zu seiner Zeit.
    Sie nahm den Seelenflakon und wob einen neuen Zauber. Sie verband Gressyls Geist mit der Seele in einer Weise, dass die alles mitbekam, was er hörte, sah, erlebte und lernte. Auf diese Weise war sie nicht isoliert und konnte wie ein Beobachter Gressyls Leben miterleben. Ein weiterer

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