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Erben der Macht

Erben der Macht

Titel: Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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von einem zum anderen. „Was ist mit ihr?“
    Aus seiner Stimme und vor allem seinem Blick sprach immense Sorge – Angst um Bronwyn, wie Gressyl deutlich fühlte.
    „Ihr – eure Seelen wurden in den Spiegel gezogen und in die Körper eurer ersten Inkarnation geschleudert“, erklärte Nalin. „Unglücklicherweise hängen sie durch die Magie des Spiegels in der damaligen Zeit fest und können nicht von selbst in eure Körper zurückkehren. Erst im Moment des Todes eurer früheren Existenz ist es möglich.“ Er winkte ab. „Doch das ist im Moment unwichtig.“ Er deutete auf den Spiegel. „Offenbar müsst ihr noch mehr erfahren über das, was damals geschehen ist, andernfalls der Spiegel nichts mehr zeigen würde. Also schaut hin.“ Er blickte Gressyl und Warren an. „Könnt ihr Marlandra auf dieselbe Weise retten, wenn es so weit ist?“
    „Ja“, bestätigte Warren.
    „Ich versuche es“, versicherte Gressyl. Denn die Kraft, die erforderlich war, um die Zeit in der Vergangenheit für nur wenige Sekunden anzuhalten, war enorm. Er war sich nicht sicher, ob er die ein zweites Mal aufbringen würde. Aber er würde nichts unversucht lassen. Selbst wenn er sein Leben dafür geben müsste.
    Devlin setzte sich wieder auf den Diwan und hielt Bronwyn in den Armen, drückte sie an sich und wiegte ihren Körper hin und her. Er strich ihr über das Haar und hielt sie, als wollte er sie nie wieder loslassen. Trotzdem konzentrierte er sich ebenso wie die anderen auf das, was der Spiegel ihnen offenbarte.
     
    *
     
    Py’ashk’hu-Residenz, 985 v. Chr.
     
    Marlandra fühlte einen wahnsinnigen Schmerz, als Maru starb, der sie innerlich zu verbrennen schien und sich anfühlte, als würde nicht nur ihr Herz zersplittern, sondern alles, was sie ausmachte: ihr Körper, ihr Geist und vor allem ihre Seele. Sie brach in die Knie und hörte ein unmenschliches Gebrüll, das ihr noch mehr wehtat. Undeutlich merkte sie, dass sie selbst es ausstieß. Sie war nicht mehr in der Lage zu sehen, etwas anderes wahrzunehmen oder zu fühlen als den entsetzlichen Schmerz.
    Etwas zerrte an diesem Schmerz von allen Seiten, saugte ihn gierig aus ihr hinaus. Sie brauchte einige Zeit, bis sie merkte, dass etliche kayápu um sie herumstanden und sich von ihrem Leid ernährten. Sogar ihr Vater, den Reya wohl gerufen hatte.
    Marlandra wehrte sich nicht dagegen. Je mehr die kayápu ihren Schmerz in sich einsogen, desto weniger spürte sie ihn. Wohltuende Gefühllosigkeit breitete sich in ihr aus, bis sie nichts mehr fühlte. Gar nichts mehr. Die kayápu hatten alle Emotionen aus ihr herausgesogen. Herrlich! Doch leider würde dieser Zustand nicht anhalten. Sobald er aufhörte, würde sie die entsetzliche Qual aufs Neue durchleiden. Aber im Moment – willkommene Taubheit, die sie noch eine Weile am Leben erhalten würde. Ein Leben, das sie nicht mehr wollte, nicht mehr ertragen konnte, weil Maru ihr entrissen worden war.
    Die kayápu wandten sich von ihr ab, nachdem sie ihnen keine Nahrung mehr geben konnte.
    „Was tun wir mit ihr, Mokaryon?“, hörte sie Reya fragen.
    „Ohne Maruyandru ist sie für uns nicht von Nutzen“, antwortete ihr Vater. „Durch ihr menschliches Blut wird sie kaum lange genug leben, um in 333 Jahren noch zur Verfügung zu stehen. Und selbst wenn und falls sie dann immer noch einigermaßen ansehnlich sein sollte, so wissen wir nicht, ob das Ritual mit einer alten Halbdämonin funktioniert. Wir müssen zur rechten Zeit sicherheitshalber neue Hybriden zeugen. Ihre Verzweiflung und dieser leckere Schmerz werden zurückkehren. Sie kann uns noch als Nahrungsquelle dienen, bis sie aufgebraucht ist. Kümmern wir uns erst mal um den Verräter. Es interessiert mich sehr zu erfahren, wieso ausgerechnet ein Sohn von dir diese Katastrophe herbeigeführt hat.“
    „Willst du damit andeuten, dass ich dafür verantwortlich bin?“, fauchte Reya ihn an.
    Marlandra hörte sie streiten, aber sie begriff den Inhalt des Gesagten nicht. Sie verharrte in dem Kokon ihrer Betäubung, bis Reyas Wutschrei sie herausriss.
    „Eine Seele? Wie, bei Kallas Blut, wurde Gressyl mit der Seele eines Menschen infiziert?“
    Marlandra hörte Gressyl lachen. „Weil die Schamanen der Menschen gewitzter und wagemutiger sind, als du dachtest, Reya. Sie wussten, dass keiner von ihnen in die Residenz gelangen konnte, sondern nur einer von uns. Es ist ihnen gelungen, mich gefangen zu nehmen. Und dass sie mir die Seele eines der Ihren verpasst haben, war eine

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