Erben des Mondes - Grimoire lunaris
kann man das bei den Unsrigen sehr schlecht schätzen. Vielleicht war er tatsächlich schon um die sechzig?
Wir folgten dem Mann gefühlte zehn Kilometer weit durch das gesamte Gebäude. Und es war auch innenso riesig, wie es von außen gewirkt hatte. Nach einer halben Unendlichkeit hielten wir vor einem Zimmer. Der Mann schloss uns die Tür auf und brachte unsere Koffer hinein. Darian und ich schauten uns ungläubig an. Hatten wir zusammen nur ein Zimmer? Nicht dass ich was dagegen gehabt hätte. Aber was wäre, wenn ich nicht mit Darian sondern mit Selena oder jemand anderem hierher gefahren wäre? Nicht daran zu denken! Aber so betraten wir Hand in Hand unser Zuhause für die nächsten Tage. Die Zimmer waren wunderschön eingerichtet und die gesamte Einrichtung zielte beinahe auf das riesige Himmelbett, das in der Mitte des Raumes stand. Zwei Türen gingen von dem Raum ab. Badezimmer und Kleiderschrank vermutlich. Meine Neugierde war nicht zu bremsen und ich lag mit meiner Vermutung richtig. Das Badezimmer war herrlich. Eine riesige quadratische Badewanne belegte beinahe die Hälfte des Raumes. Die Wände auf der Wannenseite waren von schwarzem Schiefer bedeckt. Die anderen im Kontrast dazu mit weißem Granit. Die Wanne selber war ebenfalls aus Granit, die Waschbecken und Sanitäranlagen vor den weißen Wänden waren schwarz. Dieser Kontrast gefiel mir immer wieder. Darian schien auch sehr vom Badezimmer angetan zu sein. Zu mir waberten trotz Sperre Gedankenfetzen durch. Er genoss gerade die Vorstellung, sich mit mir in der riesigen Badewanne zu entspannen. Die gemeinsame Zeit zu genießen und – ups. Was hat er denn vor? Er grinste mich schelmisch an, deutete auf die Badewanne und fragte, wann wir denn offiziell zu erscheinen hätten. Ich verstand den Wink, wurde im ersten Moment rotim ganzen Gesicht und ließ mich dann vollkommen auf seine Fantasien ein. Ich glitt in seine Gedanken und ließ mich mit treiben. Wir dachten nicht mehr getrennt voneinander, wir dachten zusammen, als Einheit. Es war einfach unvorstellbar wundervoll. Diese gemeinsame mentale Zeit war einfach der pure Wahnsinn. Ich hatte mich noch nie mit jemandem derart verbunden gefühlt. Was würde erst passieren, sollten wir eines Tages weiter gehen und diese Fantasien auch körperlich erleben?
Es schienen Jahre vergangen zu sein, seit wir in dem Zimmer ankamen. Tatsächlich war es nicht einmal vor einer Stunde gewesen. Darian hatte immer noch ein freches Grinsen im Gesicht, als wir uns auf den Weg in die Empfangshalle machten, wo nun der offizielle Empfang und die Begrüßung stattfinden sollten.
Dort wuselte es von Jugendlichen und ihren größtenteils erwachsenen Begleitern. Mittlerweile schienen so ziemlich alle eingetroffen zu sein. Und tatsächlich: Kaum hatten Darian und ich die Schwelle zur Empfangshalle überschritten, begrüßte uns eine Frau mit unnatürlich lauter Stimme, als hätte sie ein Mikrofon verschluckt. Sie war klein und zierlich, hatte dunkelblondes, lockiges Haar, das einen ganz leichten Rotschimmer hatte. Oder waren es rote Strähnchen? Sie sah richtig niedlich aus. Bis sie mit dieser Megastimme sprach. Bei
The Voice
hätte sich bestimmt jedes der Jurymitglieder sofort nach ihr umgedreht. Zu aller erst stellte sie sich vor:
„Mein Name ist Aurelia. Ich bin die Anführerin des Hauses in London.“ Wieso nicht Selena? Hießen die nicht alle so? „Ihr fragt euch sicherlich alle, warumich mich für Aurelia entschieden habe. Die Kurzversion: Ich bin die jüngste Anführerin weltweit und ich wollte nicht eine von zig anderen Selenas sein. Was nicht heißen soll, dass ich unsere Ordnung nicht anerkenne. Ich stehe vollkommen hinter unserem Herrn. Nur bin ich im Gegensatz zu anderen Ratsmitgliedern der Meinung, dass der Wandel der Zeit auch eine Umstrukturierung bei uns erfordert.“ Ob das allen so gefiel? „Nun aber genug von mir. Ich möchte die Abgesandten bitten, sich hier einzutragen, damit das Wahlritual heute Abend ohne Verzögerung abgehalten werden kann.“
„Wie wird die Wahl denn ablaufen?“, fragte eine große Blonde aus der Menge. „Uns hat bisher keiner etwas davon erzählt.“
Aurelia strahlte die Blonde an. „Leider darf auch ich euch vor dem Ritual nichts erzählen. Ich kann nur so viel sagen: Ihr werden begeistert sein. Nun habt ihr noch ein paar Stunden Zeit, unser Haus oder unsere wunderschöne Stadt zu erkunden. Sämtliche Gemeinschaftsmitglieder aus London tragen ein weißes Halstuch. Ihr alle
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