Erbin des Gluecks
sie.
„Natürlich, die Frauen. Sie dürften nicht zu zählen sein.“
„Eigentlich merkwürdig, wo mir nur an einer einzigen gelegen ist.“
Francesca nahm ihr Weinglas – zum Filet hatten sie Cabernet Sauvignon getrunken – und lehnte sich in ihrem Korbsessel zurück, dessen weiche Polster mit dunkelrotem Velours bezogen waren, der sich lebhaft von den Palmen und Riesenfarnen in den großen Tonkübeln abhob.
Nach dem heißen, ereignisreichen Nachmittag war der Abend angenehm mild und kühl. Es war Vollmond, und durch die offenen Glastüren strich der Nachtwind herein und brachte den Duft der wilden Boronia mit. Das erinnerte Francesca an den Garten, den sie seit Langem für „Daramba“ plante. Sie musste einen Landschaftsarchitekten engagieren, der die nötigen Kenntnisse besaß, um ein Stück Wüste in ein Paradies zu verwandeln. Jili hatte zwar ihren Gemüse- und Obstgarten, mit dessen Erträgen sie die Ranch versorgte, aber ein Ziergarten war nicht vorhanden. Sir Francis hatte keinen Sinn dafür gehabt. „Sein Charakter ist so dürr und trocken wie die Wüste“, hatten die Leute hinter seinem Rücken gesagt.
Für die Anlage eines Gartens im Outback musste man spezielle Kenntnisse haben. Er musste Gewächse enthalten, die auch bei anhaltender Trockenheit gut gediehen. Francesca träumte von Dattelpalmen – möglichst großen, die gerade noch mit Aussicht auf Erfolg verpflanzt werden konnten. Ferner wünschte sie sich einen großen Wassergarten. „Daramba“ besaß zahlreiche unterirdische Quellen. Warum sollte sich daraus nicht etwas machen lassen? Bryns Großmutter würde ihr sicherlich behilflich sein. Ihr eigener Garten war eine viel gerühmte Sehenswürdigkeit, die sie zu bestimmten Zeiten sogar der Öffentlichkeit zugänglich machte.
Bryn rollte den Teewagen herein. „Woran denkst du?“, fragte er.
„An meinen zukünftigen Garten“, antwortete Francesca verträumt.
„Ich wusste, dass dir das keine Ruhe lassen würde. Nichts fehlt dem Haus so sehr wie so etwas. Zu Hause in Perth ließe sich auch einiges ändern, aber Charles und Carrie scheinen mit dem jetzigen Zustand zufrieden zu sein. Dabei fällt mir ein … Du musst dir eine neue Wohnung suchen. Die Stadtvilla wurde dir nicht vererbt.“
„Gott sei Dank.“ Francesca seufzte aus tiefstem Herzen. „Wer wohnt schon gern in einem solchen Haus? Es gleicht eher einem öffentlichen Verwaltungsgebäude. Denk nur an die monumentalen Säulen am Eingangstor … mit den Löwen, die brüllend ihre Pranken erheben! Was faszinierte Grandpa so an diesen Tieren?“
„War Löwe nicht sein Sternzeichen?“ Bryn schenkte Kaffee ein und stellte Francesca eine Tasse hin. „Unsere Großväter haben in ihrer Jugend gemeinsam Südafrika besucht. Sie wohnten bei Freunden in Kapstadt und machten von da aus lange Safaris. Ein Wunder, dass dein Großvater keinen Löwen gefangen und mit nach Hause gebracht hat. Da wäre er frei herumgelaufen und hätte die Leute erschreckt.“
„Immer noch besser, als wenn Grandpa ihn erschossen hätte“, meinte Francesca. „Ich werde deine Großmutter bitten, mir einen guten Gartenarchitekten zu nennen“, fuhr sie nach einer Pause fort. „Ich würde gern Dattelpalmen anpflanzen … möglichst viele, dazu Wüsteneichen und verschiedene einheimische Büsche. Außerdem wünsche ich mir einen Wassergarten. An Platz fehlt es uns ja nicht.“
„Grandma wird dir bestimmt gern raten“, versicherte Bryn.
Beim Abwaschen und Wegräumen durfte Francesca helfen, und danach schlug Bryn einen kurzen Abendspaziergang vor. „Leider haben wir nur die Auffahrt“, meinte er. „Erinnerst du dich noch an den Brunnen, der vor dem alten Haus stand, als die Frazers hier wohnten? Manchmal frage ich mich, was mit ihm passiert ist. Die Frazers hatten ihn in Italien bestellt. Drei geflügelte Pferde trugen die mächtige Steinschale auf ihren erhobenen Vorderhufen. Mein Großvater wollte seinerzeit Nachforschungen anstellen, aber Sir Francis erwies sich nicht als sehr auskunftsfreudig. Es würde mich nicht wundern, wenn er den Brunnen zu Kies verarbeiten ließ.“
„O nein!“, rief Francesca entsetzt.
„Nimm es nicht persönlich.“
„Wie könnte ich anders? Sir Francis war mein Großvater …“
„… und deshalb noch lange kein Heiliger. Immerhin hat er dir den Großteil des forsythschen Vermögens vererbt. Das wollen wir nicht vergessen.“
Francesca betrachtete Bryns Gesicht, das von den Außenlampen beschienen wurde.
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