Erbschuld: Psychothriller (German Edition)
sind.«
»Natürlich, verdammt noch mal«, jammerte sie. »Wo zum Teufel sollte denn mein Sohn sein? Du glaubst doch wohl nicht, dass ich ihn freiwillig aus den Augen lasse!«
Uris Gesicht verdüsterte sich. »Du bist eine raffinierte Frau«, erklärte er mit leiser Stimme. Er bewegte die Schultern, weil ihn offensichtlich etwas störte, und kratzte sich an der Brust. »Anton hat mir gesagt, was für eine Plage du bist. Ich wollte meinem Bruder beibringen, wie man eine Frau unter Kontrolle hält. Er war weich zu dir. Er hat dir alles erlaubt. Ich bin nicht so, was, Rachel?«
»Zwischen deinem verdammten Bruder und mir ist es schon lange aus. Seine einzige Bindung an mich war Sascha.«
»Du sagst ›war‹, Rachel, und nicht ›ist‹?«, bemerkte Uri scharfsinnig, während er sein Taschentuch suchte, um damit über seinen Schädel und Nacken zu fahren.
»Das ist hier kein Quiz, verdammt noch mal, Uri. Wenn du mir nicht sagen kannst, wo mein Sohn ist, dann verschwinde.«
Uri traf genau ihre linke Brust, so dass ihr die Luft wegblieb und ihr Herz mehrere Schläge aussetzte. Panisch rang sie nach Luft.
»Du blöde Schlampe«, herrschte er sie an, packte sie am Arm und riss sie auf die Füße. »Solange Anton weg ist, wohnst du bei mir. Ich muss auf die Frau meines Bruders aufpassen, damit sie nichts anstellt. Du willst deinen Sohn wiedersehen?« Er drehte ihr die rechte Brustwarze unter dem Morgenrock um und zischte ihr ins Ohr: »Vergiss nicht, Anton und ich sind Blutsbrüder. Was Anton gehört, gehört mir. Ich habe zu meinem Bruder gesagt, wenn du die schlitzäugige Schlampe leid bist, kaufe ich sie dir ab. Wir behalten sie in der Familie. Das war natürlich ein Scherz. Anton und ich haben gelacht.« Er ließ sie los und musterte sie. »Du bist noch immer nicht übel. Du gehst anschaffen, und ich mache Geld mit dir, wenn er wiederkommt. Anton wird die Idee gefallen. Großartig, was?«
Sie bekam kaum Luft, aber sie konnte ihn hören.
»Geh dich anziehen. Ruben und ich warten hier. Pack was ein.« Er zwinkerte ihr zu und zupfte dann mit einem abgekauten Fingernagel an seiner Wange. »Schickes Zeug, du verstehst schon, was ich meine.«
Sie hatte zu starke Schmerzen, um zu antworten. Ihre Brust tat weh, als hätte er sie ins Herz gestoßen.
Man ließ sie allein nach oben gehen. Wenigstens etwas. Ein Rest Würde bei aller Demütigung. Langsam stieg sie die Treppe hinauf, während die beiden Männer ihr vom Wohnzimmer aus zusahen. Sie schloss sich im Badezimmer ein. Es war ein gutes Schloss, ein richtiger Schlosser hatte es eingesetzt. Jedes Haus brauchte mindestens einen Raum, der eine sichere Zuflucht war, das hatte sie gelernt.
Das Badezimmer hatte ein Schiebefenster, das sie mit Silikon besprüht hatte, damit es sich leichter bewegen ließ. Sie schob es hoch. Sollte sie schreien oder springen? Springen war besser, denn dann wäre sie mit Sicherheit tot. Sie beugte sich aus dem Fenster. Drei Stockwerke und eine betonierte Auffahrt. Und wenn sie sich nur ein Bein oder den Rücken brach? Dann könnte Uri sie zum Auto schleppen und mitnehmen.
Durch ihr Zögern besiegelte sie ihr Schicksal. Es krachte laut. Jemand hatte die Badezimmertür eingetreten. Sie drehte sich nicht um, um zu sehen, wer es war, sondern warf blitzschnell ein Bein übers Fensterbrett. Erst dann bemerkte sie, dass der Kopf zuerst hindurch gemusst hätte. Sie hatte sich alles genau überlegt, nur das hatte sie nicht bedacht. Brutale Hände packten sie um die Taille und zogen sie vom Fenster fort. Der Mann mit dem Namen Rüben stieß es mit einem Knall nach unten. Uri hielt eine kleine Flasche an ihren Mund.
»Trink, Rachel. Dann bist du gleich ein liebes Mädchen. Du fühlst dich ganz prächtig und erzählst Uri alles. Alles.«
Rachel schrie, trat um sich und klammerte sich mit allen Kräften fest. Sie würde nicht zulassen, dass man sie mit Drogen abfüllte. Als ihr Morgenmantel riss, steigerte sich ihre Rage. Sie wusste, wie man sich wehrt, und immer wieder misslang es den beiden Männern, ihr die Flüssigkeit einzuflößen. Mitten in diesem verzweifelten Kampf fiel ihr wieder das Kernstück ihrer Strategie ein.
»Du vergisst die Briefe«, kreischte sie und trat wieder einmal nach Uri, während Rüben ihr die Arme auf dem Rücken hielt. »Wenn mir etwas passiert … wenn ich dieses Haus verlasse, lebend oder tot, gehen die Briefe in die Post.«
Uri blieb wie angewurzelt stehen. Sie schob gleich nach. »So loyal war dein Bruder gar
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