Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erdbeerkönigin

Erdbeerkönigin

Titel: Erdbeerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Schütze
Vom Netzwerk:
Züge. »Theo wollte ihm nämlich unbedingt seine Sonnenbrille mitgeben. Das war eine gute Idee.« Er sieht vor sich hin und sagt mehr zu sich selbst als zu mir: »Ich vergesse immer, wie sensibel Theo ist.« Dann strafft er sich, holt tief Luft und sieht sich noch einmal im Schrank um. »Schau mal, ein Hemd aus dieser Serie haben Alexandra und ich ihm angezogen, bevor sie ihn abgeholt haben.« Er zieht ein weiß-blau gestreiftes Hemd hervor, das mich an Segeltörns und frische Brisen, an einen Sommertag und einen Drink am Strand denken lässt.
    Es klingelt.
    Hubertus drückt mir die Hand. »Magst du öffnen, Eva? Ich muss Daniels Laptop anwerfen, weil Theo und ich in den vergangenen Tagen eine kleine Diashow zusammengestellt haben, die ich gern vorführen möchte.«
    Gemeinsam gehen wir durch den Flur. Bevor sich Hubertus in Daniels Arbeitszimmer zurückzieht, nimmt er mich überraschend in die Arme. »Vielleicht finde ich nachher oder morgen keine Zeit oder keine Kraft mehr, es dir zu sagen. Aber ich möchte mich bei dir bedanken, Eva.« Er streicht mir mit einer liebevollen Bewegung eine Strähne aus dem Gesicht. »Es war gut für mich, mit dir zu sprechen. Dir, einer Fremden, meinen besten Freund Daniel zu erklären. Und gleichzeitig zu spüren, dass du ihn wohl ebenso geliebt hast wie ich. Oder jedenfalls den Jungen, der Daniel einmal gewesen ist.«
    Es klingelt wieder.
    Wir lächeln einander an. Dann gehe ich zur Tür.
    Es sind Alexandra und Mia, hinter denen eine Menge mir unbekannter Menschen in die Wohnung drängt.
    »Die standen alle unten vor der Tür«, sagt Alexandra, als sie mich begrüßt. »Die beiden da hinten sind treue Kunden der Galerie, mit denen sich Daniel über die Jahre angefreundet hat. Und das da ist Maria, die die Wohnung sauber machen wird – nach der Beisetzung, wenn du nach Hause fährst.«
    Eine füllige dunkelhaarige Frau mit sanften Augen nickt mir zu. Mit einem ebenfalls dunkelhaarigen und braunhäutigen Mann schleppt sie eine Platte mit gerösteten Fleischspießen und Chiligemüse in die Küche.
    Die Türklingel geht unaufhörlich. Ich schüttle Hände, gieße Gläser voll, höre und vergesse unzählige Namen.
    Als Filou auftaucht, macht er so viel flirtiges Gewese um mich, als hätte es unseren Nachmittag an der Elbe und meine Zurückweisung nie gegeben. »Ma belle, meine Schöne«, gurrt er und wirbelt mich herum, als wäre ich die große Liebe seines Lebens.
    Ich mache mich irritiert los und frage ihn halblaut: »Hast du nichts kapiert?«
    Filou strahlt mich unbekümmert an. »Mais, oui. Du liebst deinen Mann. D’accord! Aber erstens ist jeder Tag eine neue Chance, die Liebe zu finden. Und zweitens: Sei nicht so deutsch und prinzipientreu. Ich werde dich heute Abend nicht abschleppen, das ist klar. Aber spiel doch mit! Das macht gute Laune. Und die können wir heute wohl alle gebrauchen, ma douce, oder?«
    Er lächelt so überzeugend, dass ich mich seinem Charme nicht entziehen kann. Also lasse ich mich von seinen tentakelnden Armen umschlingen und zu einer kleinen Gruppe von Malern zerren, die bei Daniel unter Vertrag standen.
    Billie ist mit ihrem Freund Jan da und stellt mir ihre Freundin Sonja und deren Mann Albert vor. »Daniel hat als Fachberater an einem Buch gearbeitet, das in dem Verlag herausgekommen ist, für den ich arbeite«, erzählt er mir.
    »Daniel hat geschrieben?«
    Der freundlich aussehende Mittvierziger mit graumelierten Locken schüttelt den Kopf. »Nein, nicht direkt. Wir geben eine Reihe mit dem Titel ›Kunst für Kinder‹ heraus – da hat er uns beraten.«
    Ich denke an »Das verschwundene Blau« und sehe mich unauffällig nach Mia um. Ob sie das Heft schon gefunden hat?
    Insgesamt sind es wohl an die vierzig Menschen, die etwas befangen durch die Wohnung schlendern. Doch bald ertönen Lachsalven aus dem Wohnzimmer, wo Hubertus den Laptop für die Diashow aufgestellt hat. Davor steht eine Handvoll Menschen, sie amüsieren sich über die Fotos. »Das war diese stinklangweilige Silvesterparty!«, ruft eine Frau in dunkler Kostümjacke. Ein Mann mit modisch verwuschelten Haaren ergänzt: »Daniel hat damals vorgeschlagen, wir sollten Twister spielen. Das hatte er nämlich im Auto dabei, weil am nächsten Tag seine Tochter zu Besuch kommen sollte.«
    »Ich?«
    Aller Augen richten sich auf Mia, die blass und aufgeregt neben Alexandra steht. Sie drückt »Das verschwundene Blau« fest an ihre Brust.
    »Wenn du Daniels Tochter bist?«
    Mia nickt und sagt

Weitere Kostenlose Bücher