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Erdbeerkönigin

Erdbeerkönigin

Titel: Erdbeerkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Schütze
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eher vorsichtiger Typ bin, lasse ich mich heute von einem spontanen Gefühl mitreißen und lächle.
    »Das stimmt. Ich bin Eva.«
    Er kommt zurück und streckt seine Hand noch einmal aus. »Ich bin Hubertus.« Wir schütteln einander die Hände, dann küssen wir uns freundschaftlich auf die Wange, und es fühlt sich überhaupt nicht peinlich an.
    »Bis morgen, Eva!« Hubertus winkt noch einmal. Dann fällt die Tür hinter ihm ins Schloss.
    Einen Moment lang bleibe ich im Flur stehen und atme tief ein und aus. Ich fühle mich, als hätte ich die letzten Minuten in der Gondel eines Riesenrads gesessen, die mich schnell und wirbelig von unten nach oben bewegt hat. Jetzt hat das Riesenrad angehalten, und ich sitze in meiner Gondel und kann mich in Ruhe umsehen. Ich bin in Daniels Wohnung!
    Aber bevor ich mich auf Erkundungstour begebe, hole ich mein Aufladegerät aus der Tasche. In dem Zimmer, in dem ein großes, rotes Sofa steht, finde ich eine leere Steckdose.
    Kaum habe ich mein Handy an den Strom gehängt und wieder eingeschaltet, ruft Nick an. »Was machst du in Hamburg?«, bellt er, bevor ich ihn überhaupt begrüßen kann.
    »Woher weißt du, wo ich bin?«
    Es stellt sich heraus, dass Nick in der Mittagspause nach Hause gekommen ist, um sich bei mir zu entschuldigen. »Schön blöd von mir«, sagt er aufgebracht. »Ich dachte, dass ich dich heute Morgen … also, dass das nicht okay von mir war … Ich hatte das Gefühl, ich hätte dich mit Benny hängengelassen. Ich wollte dich trösten! Aber nein, du bist gar nicht traurig zu Hause. Du bist in Hamburg! Und das erfahre ich ausgerechnet von Antje, die hier reinplatzt, mich mit ihrem Wortschwall fast erschlägt und etwas von einem Buch faselt und von einer Beisetzung.«
    »Nick …«
    Aber Nick hört mich nicht. »Was machst du in Hamburg? Und um welche Beisetzung geht es?«
    »Ich kannte mal einen Daniel. Daniel Eisenthuer. Der ist an Krebs gestorben und hat sich gewünscht, dass ich seine Grabrede halte«, kläre ich ihn knapp auf.
    Nick schweigt. Dann sagt er langsam: »Du kanntest mal einen Daniel? Was heißt das? Hattest du etwas mit dem?«
    »Nein. Ja. Ein bisschen.«
    »Ja. Nein. Ein bisschen?« Im Hintergrund sind Geräusche zu hören. Dann wieder Nicks Stimme: »Nein! Deine Mutter ist nicht da. Und nein, es gibt nichts zu essen. Nein, ich weiß nicht, wann sie wiederkommt. Von mir aus kann sie bleiben, wo der Pfeffer wächst!«
    Das ist der Moment, in dem ich das Handy sanft zuklappe.
    Ich lasse mich auf das große Sofa fallen und schließe die Augen. Daniel steht in der Tür. Er legt den Kopf auf die Seite, seine Haare fallen in sein schmales Gesicht. Das junge Mädchen steht neben ihm, umgeben von einer Aureole glitzernder Tropfen. Das Mädchen bin ich.

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    3 . Kapitel
    Was glaubst Du – ist der Mensch von Natur aus gut oder schlecht?
(Gesprächsstoff: Original)
    Donnerstag, Tag 2
    A ls ich aufwache, weiß ich nicht, wo ich bin. Zu Hause in unserem Schlafzimmer steht kein Fernseher – aber direkt vor meiner aktuellen Liegestatt flimmert ein Bildschirm. Forscher bewegen sich durch einen dichten Dschungel, die Kamera fängt ein grünes Reptil ein, das mit gelben Augen aus starren Sehschlitzen glotzt. Das Fernsehbild ist die einzige Lichtquelle. Ich nehme die Umrisse eines mir fremden Zimmers wahr. Während ich langsam wach werde, fällt mir ein: Ich bin in Hamburg. In Daniels Wohnung.
    Neben mir knistert Papier, und als ich die Beine vom Sofa schwinge, stoße ich fast eine Weinflasche um. Kekse und Wein habe ich in der Speisekammer gefunden, wie Hubertus gesagt hatte. Ich war zwar hungrig, aber auch müde – ich konnte mich zu nichts mehr aufraffen. Weder dazu, meine Tasche auszupacken, noch die nähere Umgebung zu erkunden und einen Supermarkt zu suchen. Stattdessen schleppte ich wie ein Teenager die Beute aus der Speisekammer vor den Fernseher. Die Fernbedienung lag auf dem Sofatisch, und schon zappte ich mich durch das Programm. Viel habe ich nicht mitbekommen, die Tatsache, dass ich in Daniels Wohnung war, beschäftigte mich unablässig unterbewusst. Dabei hatte ich mich noch gar nicht ausgiebig umgesehen. Es war mir irgendwie unheimlich, in dieser Geisterwohnung zu sein. Also klebte ich wie gelähmt auf dem Sofa und starrte auf den Bildschirm.
    Ich hätte durch die Nachbarschaft laufen oder ins Zentrum zum Sightseeing fahren können. Ich hätte auch den nächsten Regionalexpress nach Hause nehmen können. Dort hätte ich zweifellos als

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