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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Donnybrook und ging in einen abartigen Klamottenladen. Du weiß schon – kleine Boutique für stinkreiche alte Schreckschrauben. Mit »exotischen« Namen wie »Monique« oder »Lucrezia« und einer Auswahl von sechzehn Teilen und abartig alten Verkäuferinnen, die sagen: »Diese Luxusklamotten sind gerade aus Italien eingetroffen – wunder-wunderhübsch, nicht wahr?« Und: »Dieser Gelbton steht Ihnen ausgezeichnet, Annette, er bringt Ihre Zähne zum Leuchten.«
    Bin nicht reingegangen, habe draußen rumgelungert wie eine Obdachlose, weil 1. Laden zu klein, Detta hätte mich bemerkt, und 2. wenn man so einen Laden betritt und wieder geht, ohne zu kaufen, wird man rücklings erschossen.

VIERUNDZWANZIG
    Freitag, 9. Juli, mein Geburtstag. Ich war dreiunddreißig. Und um eine schlimme Sache schlimmer zu machen, durfte ich mir keinen Abend zu Hause gönnen und mir die Augen ausweinen, sondern ich wurde gezwungen auszugehen und »einen tollen Abend« zu haben.
    Rachel hatte sich vorgenommen, dass mein erster Geburtstag ohne Aidan ein wunderbares Ereignis sein sollte: ein wunderbares Restaurant und wunderbare Geschenke und wunderbare Menschen, die mich lieb hatten. Ein absoluter Alptraum.
    Ich bat sie, von dem Plan Abstand zu nehmen. Ich wies sie darauf hin, wie problematisch alle gesellschaftlichen Ereignisse für mich waren, und eins, bei dem ich im Zentrum der Aufmerksamkeit stand, wäre nahezu unerträglich, aber sie ließ sich nicht erweichen.

    Ich kam spät von der Arbeit nach Hause. Es blieben mir nur zehn Minuten, bis Jacqui mich abholen würde, und ich war nicht im Entferntesten fertig. Außerdem wusste ich nicht, womit ich anfangen sollte. Zähne, dachte ich, ich würde mir die Zähne putzen. Doch als ich die Zahnbürste nahm, schoss mir ein schrecklicher Schmerz wie ein Stromschlag den Arm hoch, durch den Brustkorb und in die Beine. Ich hatte immer noch diese Schmerzen, die Arthritis oder Rheumatismus ähnelten, aber in den letzten Tagen hatten sich diese heftigen elektrischen Schläge hinzugesellt. Auch dazu sagte der Arzt, es sei alles »normal« und Teil des Trauerprozesses.
    Es klingelte an der Tür. Sie kam früher als verabredet. »Verdammter Mist!« Ich schmiss die Zahnbürste wütend ins Waschbecken.
    Jacqui musterte mich von Kopf bis Fuß und sagte: »Gut, du bist schon fertig.«
    Dabei war ich immer noch in meinen Arbeitsklamotten (rosa Ballerina-Rock, rosa Top, fußlose Netzstrümpfe und mit einem Blumenmuster bestickte Ballettschuhe), aber da meine Arbeitskleider mehr nach Partykleidern aussahen als die Partykleider der meisten anderen, fand ich auch, dass ich so gehen konnte.
    Als das Taxi sich durch den Freitagabendverkehr schlängelte, dachte ich: Ich bin auf dem Weg zu dir. Heute Abend werde ich dich sehen, du kommst direkt vom Büro ins Restaurant. Du trägst deinen blauen Anzug und hast dir die Krawatte abgenommen, und wenn Jacqui und ich reinkommen, zwinkerst du mir zu, um mir zu zeigen, dass du weißt, ich muss mich ordentlich benehmen und erst alle anderen begrüßen, und wir können uns nicht gleich abküssen, und das alles drückst du mit dem Zwinkern aus, das bedeutet: Warte nur, bis wir zu Hause sind … »Was?«
    Jacqui hatte mich was gefragt.
    »Eine gute Sonnencreme«, wiederholte sie. »Mindestens Schutzfaktor zwanzig. Kannst du mir eine stehlen?«
    »Sicher, klar, was immer du möchtest.«
    Ich versuchte wieder an meine Fantasie anzuknüpfen. Wir werden mit allen Gästen freundlich sprechen, aber du machst etwas, eine kleine intime Geste, die nur ich erkenne – vielleicht gehst du an mir vorbei und fährst mit dem Daumen über meine Handfläche oder …
    Jacqui hatte wieder etwas gesagt, und ich begann mich zu ärgern. Ich flüchtete so gerne in meine Traumwelt, dass es immer schwieriger wurde, mit anderen Menschen zusammen zu sein. Immer wenn ich mir gerade schöne, glückliche Gedanken gemacht hatte, zerrten sie mich in ihre Version der Realität zurück, die, in der Aidan tot war.
    »Entschuldigung. Was ist?«
    »Wir sind da«, wiederholte sie.
    »Tatsächlich«, sagte ich überrascht.

    Als wäre ich ein Gefangener auf Tagesurlaub, betrat ich an Jacquis Seite das La Vie en Seine, wo die Gäste schon warteten: Rachel, Luke, Joey, Gaz, Shake, Teenie, Leon, Dana, Danas Schwester Natalie, Aidans ehemaliger Mitbewohner Marty, Nell, aber – zum Glück – nicht Nells seltsame Freundin. Sie standen an der Bar und tranken Champagner aus Sektflöten, und als sie mich sahen, taten

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