Erdbeermond: Roman (German Edition)
anrufen. Es war unglaublich – sie und Joey? Aber ihr Anrufbeantworter war dran. Wie frustrierend!
»Wo bist du? Im Bett, mit Joey? Ich hoffe nicht. Ruf mich an!«
Ich sprach die gleiche Nachricht auf die Mailbox ihres Handys, wanderte in der Wohnung umher, kaute an den Nägeln und hoffte, dass die Zeit verging. Da machte ich eine Entdeckung: Ich hatte zehn Nägel, auf denen ich rumbeißen konnte. Irgendwie waren die zwei fehlenden nachgewachsen, während ich nicht aufgepasst hatte.
Um fünf nach fünf am Nachmittag war Jacqui endlich wieder da.
»Wo bist du?«, fragte ich.
»Im Bett.« Sie klang verschlafen und sexy.
»Wessen Bett?«
»In meinem.«
»Bist du allein?«
Sie lachte und sagte dann: »Ja.«
»Wirklich?«
»Wirklich.«
»Warst du die ganze Nacht allein?«
»Ja.«
»Und den Tag über auch?«
»Ja.«
Dann sagte ich betont lässig: »Hast du dich vergnügt, gestern Abend?«
»Ja.«
Dann, extra-lässig: »Ist dir mal aufgefallen, dass Joey ein bisschen wie Jon Bon Jovi aussieht?« Worauf sie in lautes Lachen ausbrach.
Aber nichts hinzufügte, interessanterweise.
»Ich komme mal bei dir vorbei«, sagte sie.
Sie kam in einer weißen Dreiviertelhose (Donna Karan), einem winzigen weißen T-Shirt (Armani), was ihre langen, gebräunten Beine und Arme zur Geltung brachte, und trug eine aquamarin-blaue Balenciaga-Handtasche, die ungefähr so viel kostet wie eine Monatsmiete und die ihr ein dankbarer Kunde geschenkt hatte. Ihr Haar war zerzaust vom Bett, und das Make-up schien noch vom Abend zuvor zu sein, sah aber nicht schlecht aus: Mit dem zerlaufenen Mascara wirkten ihre Augen dunkel und verführerisch. Sie sah, wenn das möglich ist, wie ein echt sexy (zusammengeklapptes) Bügelbrett aus.
Das sagte ich ihr. Ja, auch das mit dem Bügelbrett. Denn wenn ich es nicht aussprach, dann würde sie es tun. Sie nahm mein Lob achselzuckend zur Kenntnis. »In Klamotten sehe ich okay aus, aber wer mich zum ersten Mal in BH und Slip sieht, kriegt vielleicht einen kleinen Schock.«
»Wer sieht dich denn zum ersten Mal in BH und Slip?«
»Niemand.«
»Wirklich niemand?«
»Nein.«
»Okay. Komm, wir holen uns eine Pizza.«
»Tolle Idee.« Kleines Zögern. »Aber erst mal muss ich bei Rachel und Luke vorbeigehen. Ich habe gestern Abend dort was liegen lassen.«
Ich sah sie unverwandt an. »Was denn? Deinen Verstand?«
»Nein.« Sie klang ein bisschen verärgert. »Mein Handy.«
Ich murmelte eine Entschuldigung.
Aber als wir bei Rachels und Lukes Wohnung ankamen, wer sollte da auf dem Sofa lümmeln und gelangweilt mit dem Fuß die Backsteinwand bearbeiten, wenn nicht Joey.
»Wusstest du, dass er hier sein würde?«, fragte ich Jacqui.
»Nein.«
Bei Jacquis Anblick strich Joey sich erregt die Haare aus dem Gesicht und gab sich Mühe, anständig auszusehen. »Hey! Jacqui! Du hast gestern Abend dein Handy hier vergessen. Ich habe dich angerufen. Hast du meine Nachricht gehört? Ich habe gesagt, ich würde bei dir vorbeikommen, wenn du das wolltest.«
Ich sah Jacqui an. Sie hatte also doch gewusst, dass er hier war. Aber sie mied meinen Blick.
»Hier ist es.« Joey sprang auf und holte das Telefon vom Regal.
Es war recht unterhaltsam, zu beobachten, wie er versuchte, nett zu sein.
»Danke.« Jacqui nahm das Handy und sah Joey kaum an. »Anna und ich gehen Pizza essen. Möchte jemand mitkommen? Alle sind herzlich eingeladen.«
»Und nach der Pizza?«, fragte ich. »Spielen wir dann Scrabble?«
Bei dem Wort »Scrabble« passierte etwas Seltsames, es war, als würde eine Ladung Energie durch das Zimmer fließen. Zwischen Jacqui und Joey gab es eindeutig eine Spannung. Ganz eindeutig.
»Heute gibt’s kein Scrabble«, sagte Rachel ernüchternd. »Ich muss früh ins Bett.«
Jacqui und ich nahmen zusammen ein Taxi. Wir saßen schweigend nebeneinander. Dann fing sie an: »Mach schon. Ich weiß, dass du was sagen willst.«
»Darf ich dir eine Frage stellen? Mum hat mir erzählt, dass du deine Hand in Joeys Unterhose gesteckt hast, um deinen Buchstaben wiederzubekommen …«
»Herr im Himmel!« Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen. »Wieso weiß Mammy Walsh das?«
»Luke hat es ihr erzählt, glaube ich. Aber das ist doch egal, sie scheint sowieso alles zu wissen. Ich würde nur gern wissen: War es schön?«
Sie dachte einen Moment lang nach. »Recht schön.«
»Recht schön? Einfach nur recht schön?«
»Einfach nur recht schön.«
»Und war er weich oder … ehm … du weißt
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