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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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verschwommenes Nuscheln, aber eindeutig der Klang einer Stimme. Ich meinte, ein Wort zu verstehen, vielleicht »Mann«, darauf ein unheimliches »ooooh«.
    Ich konnte es nicht glauben. Es passierte, es passierte wirklich, war ich darauf vorbereitet? Das Blut rauschte mir in den Ohren, meine Handflächen waren feucht, meine Kopfhaut zog sich zusammen. Aidan hatte mit mir Kontakt aufgenommen. Jetzt musste ich nur ganz genau hinhören, damit ich verstand, was er sagte. Danke, mein Liebster, danke, danke, danke. Die Stimme klang höher als Aidans. Man hatte mir gesagt, dass das möglich sei und dass ich den Kassettenrekorder langsamer laufen lassen sollte, um besser hören zu können. Allerdings wurde es dann schwieriger, ein sinnvolles Wort auszumachen, ich schaltete also wieder auf normal, alle meine Muskeln waren angespannt, weil ich unbedingt etwas hören wollte. Eine Weile schnappte ich nicht mehr als gelegentlich einen Ton oder ein Wort auf, als ich plötzlich einen ganzen Satz verstand. Es bestand kein Zweifel, was es war. Ich hörte jedes Wort klar und deutlich.
    Ich hörte: »Ab-so-lut-lee soooaaak-ing WET!«
    Es war Ornesto. Über mir. Er sang It’s Raining Men .
    Kaum wusste ich, was es war, ergaben die anderen undeutlichen Klänge und Geräusche einen Sinn.
    »Hall-ell-ooooooooo-ja! It’s raining men! La la la la la LA.«
    Einen Moment lang fühlte ich nichts. Absolut gar nichts. Ich war nie zuvor in einer solchen Situation gewesen, nichts hatte mich darauf vorbereitet.
    Ich saß in dem dunklen Zimmer, ich weiß nicht, wie lange ich so dasaß. Dann ging ich ins Wohnzimmer und schaltete automatisch den Fernseher an.

FÜNFUNDDREISSIG
    An: [email protected]
    Von: [email protected]
    Thema: Neris Hemming

    Ich hatte Ihnen am 6. Juli geschrieben, weil ich mit meinem verstorbenen Mann Aidan sprechen möchte. Sie bestätigten mir, dass ich innerhalb von zehn bis zwölf Wochen einen Termin bei Neris Hemming haben könnte. Inzwischen sind über fünf Wochen vergangen, und ich wüsste gern, ob mein Termin vorgezogen werden könnte. Oder ob Sie mir mitteilen könnten, wann mein Termin sein wird – das würde für mich die Dinge erheblich erleichtern.
    Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Hilfe.
    Anna Walsh

    Spontan fügte ich ein PS hinzu.

    Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie belästige, ich weiß, dass Neris sehr beschäftigt ist, aber ich leide Höllenqualen.

    Am Tag darauf erhielt ich diese Antwort.

    An: [email protected]
    Von: [email protected]
    Thema: Neris Hemming

    Es ist leider nicht möglich, Ihren Termin vorzuziehen. Zurzeit ist es auch nicht möglich, Ihren Termin zu bestätigen. Wir werden Ihnen Ihren Termin ungefähr zwei Wochen im Voraus mitteilen.
    Vielen Dank für Ihr Interesse an Neris Hemming.

    Ich war so frustriert, dass ich stumm den Bildschirm anstarrte. Ich hätte schreien mögen, aber das hätte auch nichts genützt.

    »Sollen wir am Samstagabend was unternehmen?«, fragte Jacqui mich.
    »Was? Kein traulicher Pokerabend zu zweit?«
    »Hör auf.« Sie kicherte.
    »Du hast gerade gekichert.«
    »Habe ich nicht.«
    »Jacqui, doch.«
    Sie dachte nach. »Mist. Egal, lass uns Samstag was unternehmen.«
    »Ich kann nicht. Ich bin beim Super Saturday in den Hamptons.«
    »Oh! Hast du es gut.«
    Das sagten alle, die hörten, dass ich da mitmachte.
    »Die nachgeworfenen Designerklamotten!«, sagte Jacqui. »Die Gratisproben! Die Partys am Schluss!«
    Aber ich arbeitete da. Ich arbeitete . Und wenn man arbeitete, war es etwas ganz anderes.

SECHSUNDDREISSIG
    Im Hitzedunst des Freitagnachmittags steckten Teenie und ich auf dem Long Island Expressway im Stau. Überall im Auto waren Kartons: im Kofferraum, auf dem Boden, auf unserem Schoß. Wir mussten alles selbst transportieren, denn wenn wir es einem Kurier anvertraut hätten, wäre es womöglich nicht pünktlich angekommen. (Oder wenn wir es einen Tag im Voraus geschickt hätten, war die Chance, dass es gestohlen worden wäre, sehr hoch.) Aber wir wollten uns nicht beschweren. Wenigstens mussten wir nicht mit dem Jitney fahren, dem Bus, der von Manhattan nach Long Island fuhr, wie letztes Jahr. Obwohl es nicht so angenehm war, die ganze Zeit die Autoabgase einzuatmen, denn eins der Fenster musste offen sein, weil die Candy-Grrrl-Gestelle sonst nicht reingepasst hätten.
    »Bis wir da sind, haben wir Lungenkrebs«, bemerkte Teenie. »Hast du mal eine Raucherlunge gesehen?«
    »Nein.«
    »Also, pass auf!«

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