Erdbeermond: Roman (German Edition)
Genüsslich begann sie mit ihrer grässlichen Beschreibung, bis der Fahrer – ein dicker Mann mit gelben Raucherfingern – sagte: »Können Sie bitte aufhören? Mir ist gar nicht gut.«
Es war schon nach neun, als wir beim Harbor Inn ankamen. Als Erstes mussten wir überprüfen, ob die Suite von Candace und George prächtig genug war, ob Champagner, ein Obstkorb, exotische Blumen und handgemachte Pralinen für ihre Ankunft bereitstanden. Wir schüttelten die Kissen auf und zupften die Bettdecke gerade – wir wollten nichts dem Zufall überlassen –, aßen dann noch zu Abend und zogen uns in unsere Zimmer zurück, um noch ein paar Stunden zu schlafen.
Am nächsten Morgen waren wir um sieben in den Ausstellungsräumen. Um neun war Einlass, und bis dahin mussten wir einen Mini-Candy-Grrrl-Laden aufgebaut haben.
Kurz nach halb acht kam Brooke; sie war seit Mittwoch in der Nachbarschaft, auf dem Landsitz ihrer Eltern.
»Hey, ihr beiden!«, sagte sie. »Kann ich helfen?«
Zu unserer Überraschung meinte sie es ehrlich. Im Nu war sie auf die Trittleiter geklettert und hängte die zwei Meter hohen Rückwände an der Decke auf. Dann kriegte sie raus, wie man den zerlegten Auslagetisch aus schwarz lackierter Pappe zusammenbaute. Man kann über die Reichen und ihr Anspruchsdenken sagen, was man will, aber Brooke war außerordentlich praktisch und hilfsbereit.
Unterdessen packten Teenie und ich einen Karton nach dem anderen aus. Wir machten eine Promotion von Protection Racket, unseren diversen Sonnencremes. Sie waren in Flaschen (nicht aus Glas) mit Stöpseln (nicht aus Glas) abgefüllt, die aussahen wie altmodische Parfumflaschen, und die Cremes waren in verschiedenen Rot- bis Rosatönen gestaffelt: Die mit dem höchsten Schutzfaktor, Faktor dreißig, war weinrot, und die mit Faktor vier am Schluss der Palette war hellrosa. Sie waren wunderhübsch.
Wir hatten außerdem Hunderte von Candy-Grrrl-T-Shirts und Strandtaschen, die wir verschenken würden, zahllose Beutel mit Proben, und jedes einzelne Produkt, das Candace zum Schminken am Stand brauchte.
Wir hatten gerade das letzte Lipgloss auf dem Auslagetisch in das Display drapiert, als Lauryn eintraf.
»Hey«, sagte sie, und ihre hervorquellenden Augen suchten ruhelos alles ab, um etwas zu finden, was sie kritisieren konnte. Als sie nichts entdeckte, wandte sie sich enttäuscht ab und ließ ihren Blick über die Menge gleiten wie ein hungriger Jäger.
»Ich gehe mal eben …«
»Ja«, murmelte Teenie, als sie weg war. »Such dir einen Arsch, den du küssen kannst.«
Darauf brach Brooke in helles Lachen aus. »Ihr seid so komisch, ihr zwei!«
Um zehn Uhr war die Halle gut gefüllt. Viele interessierten sich für die Protection-Racket-Cremes, aber jeder fragte: »Wird meine Haut davon rosa?«
»Nein, nein«, sagten wir immer wieder, »die Farbe verreibt sich auf der Haut.«
»Die Farbe verreibt sich auf der Haut.«
»Die Farbe verreibt sich auf der Haut.«
»Die Farbe verreibt sich auf der Haut.«
Zwischendurch hörten wir reich klingende Stimmen, die sagten: »Oh, hallo, Brooke! Du arbeitest hier? Wie bewundernswert! Wie geht es deiner Mutter?«
Die Strandtaschen fanden reißenden Absatz (die T-Shirts weniger, aber egal), und wir alle drei führten Dutzende von Mini-Beratungen durch – Hauttyp, Lieblingsfarben etc. –, bevor wir den Frauen die entsprechenden Proben in die Hand drückten.
Wir lächelten, lächelten, lächelten, und langsam hatte ich das Gefühl, dass sich mein Mund und mein Kiefer schrecklich verkrampften.
»Weil sich die Milchsäure aufstaut«, erklärte Teenie. »Das passiert, wenn die Muskeln überanstrengt sind.«
Mir war gar nicht aufgefallen, wie die Zeit verging, als Teenie sagte: »Mist! Schon fast zwölf. Wo sind die Scharen von Frauen, die es kaum erwarten können, Candace zu sehen?«
Candace sollte um zwölf kommen. Wir hatten das in der Lokalpresse angekündigt, und alle Viertelstunde wurde es über Lautsprecher durchgesagt, doch bisher war noch niemand erschienen.
»Wir müssen die Leute animieren«, sagte Teenie. Sie liebte das Wort »animieren«. »Wenn wir keine Schlange vorweisen können, kriegen wir eins aufs Dach.«
»Gut, animieren wir also die L…« Das Wort blieb mir im Mund stecken, denn über dem Stimmengewirr war ein lautes Kreischen zu hören. Es klang, als käme es von einem Kind.
Wir drei sahen uns an. Was war das?
»Ich glaube, Doktor De Groot ist gerade angekommen«, sagte
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