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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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ich auch hinmüsste. Um fünf Uhr geht das Tor auf und Racey kommt raus! Voller Saft und Kraft. Gebräunt, blaue Augen, federnder Schritt. Leider in abartigen pilzgrauen Schuhen, Hemd am Kragen offen, Goldkette. Sieht wie Fußballmanager aus, aber viel, viel besser als Mr. Big.
    Er hatte eine Tragetasche dabei. Ich war überzeugt, dass lauter Sägen, Zangen und andere Folterinstrumente drin waren, aber er war auf dem Weg zum Fitnessstudio. Folgte ihm (zu Fuß) zum Killiney Castle Sportcenter, aber sie haben mich nicht reingelassen, weil ich kein Mitglied bin, also habe ich gesagt, ich wollte vielleicht Mitglied werden, könnten sie mir die Anlage zeigen. Okay, sagten sie, und als sie mir den Geräteraum zeigten, sah ich Racey auf einem Stairmaster, wo er sich mit seinen blauen Krampfaderbeinen abstrampelte. Ein Bild der Unschuld. Sehr viel später ging er nach Hause, ich ihm hinterher, saß noch einmal eine Stunde im Auto, dachte dann: »Scheiß der Hund drauf, heute Abend fliegt er mit Sicherheit nicht nach Marbella, ich gehe nach Hause.«

DREIUNDDREISSIG
    Im Zug ruckelten Mitch und ich Schulter an Schulter dahin und schwiegen. Wir waren auf dem Rückweg von dem Vergnügungspark auf Coney Island, wo wir uns ein bisschen zu ernst vergnügt hatten. Aber das war in Ordnung. Wir wollten uns gar nicht amüsieren, wir wollten nur die Zeit totschlagen.
    Der Zug fuhr um eine besonders scharfe Kurve, und wir wären beinahe von den Sitzen gefallen. Als wir uns wieder aufgerichtet hatten, fragte ich plötzlich: »Wie warst du vorher?«
    »Du meinst, vor …?«
    »Ja, was für ein Mensch warst du?«
    »Wie bin ich denn jetzt?«
    »Sehr still. Du sprichst nicht viel.«
    »Wahrscheinlich habe ich mehr gesprochen.« Er dachte nach. »Ja, Gespräche, ich hatte Meinungen, ich habe gern geredet. Viel sogar.« Er klang überrascht. »Über das, was in der Welt geschah, über Filme, alles Mögliche.«
    »Hast du gelächelt?«
    »Lächle ich jetzt nicht? Okay. Ja, ich habe gelächelt. Auch gelacht. Und du, wie warst du?«
    »Ich weiß nicht. Glücklicher. Fröhlicher. Mit Hoffnung. Nicht so ängstlich. Ich war gern unter Menschen …«
    Wir seufzten und verfielen wieder in Schweigen.
    Dann sagte ich: »Glaubst du, wir werden jemals wieder so, wie wir vorher waren?«
    Er dachte nach. »Das will ich gar nicht. Dann wäre es, als hätte es Trish nie gegeben.«
    »Ich weiß, wovon du sprichst, aber, Mitch, werden wir immer so sein?«
    »Wie, so?«
    »Wie … Geister ? Als wären wir auch gestorben, aber jemand hat vergessen, es uns zu sagen.«
    »Es wird uns wieder besser gehen.« Nach einer Pause sagte er: »Es wird uns besser gehen, aber wir werden anders sein.«
    »Woher weißt du das?«
    Er lächelte. »Ich weiß es eben.«
    »Okay.«
    »Ist dir aufgefallen, dass ich gerade gelächelt habe?«
    »Wirklich? Mach es noch einmal.«
    Er verzog sein Gesicht zu einem extra strahlenden Lächeln. »So?«
    »Wie der Moderator einer Spieleshow. Glücksrad oder so.«
    »Übung. Ich brauche nur Übung.«

    An: [email protected]
    Von: [email protected]
    Thema: Neueste Informationen

    In der Messe heute Morgen erkannte niemand die alte Frau auf dem Foto. Ich nehme es jetzt mit zum Bridge und zum Golf, und wenn ich dann kein »Ergebnis« habe, rufe ich beim Irischen Rundfunk an und versuche, jemanden von Crimewatch zu bekommen. Helen nennt die Sendung Schnüffle deine Nachbarn aus . Mrs. Big ist aus Marbella zurück, und ab morgen früh sitzt Helen wieder im Gebüsch.
    Deine dich liebende Mutter
    Mum

VIERUNDDREISSIG
    »Hast du alles vorbereitet für heute Abend?«, fragte Nicholas. »Für den Vollmond?«
    »Ja«, sagte ich leise und hielt die Sprechmuschel ganz nah an meinen Mund. Ich war im Büro, und obwohl es unwahrscheinlich war, dass irgendjemand erraten würde, dass ich darüber sprach, die Stimme meines toten Ehemanns auf Kassette aufzunehmen, wollte ich kein Risiko eingehen.
    »Einen Kassettenrekorder hast du?«
    »Ja.« Extra dafür gekauft.
    »Und du weißt, dass du erst nach Sonnenuntergang anfangen darfst?«
    »Ja, ich weiß alles.« Nicholas hatte mir jede Menge Informationen über das Electronic Voice Phenomenon gemailt. Zu meiner Überraschung nahmen einige wissenschaftliche Untersuchungen das ernst.
    »Hier ist noch was Wichtiges!«
    »Was denn?«
    »Im Wetterbericht sagen sie, es bestünde eine achtzigprozentige Chance, dass es ein Gewitter gibt. Damit steigen deine Chancen, dass Aidan mit dir sprechen

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