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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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sehen. Dann würde sich alles aufklären.
    Als Nächstes schaute Jacqui vorbei. Sie hatte Joey von ihrer Schwangerschaft erzählt. Dass sie zu mir kam, verhieß nichts Gutes.
    Sie schüttelte den Kopf. »Alles Dopamin weg.«
    »Oh nein!«
    »Doch, er will nichts davon wissen.«
    »Herr im Himmel! Als hätte er nichts damit zu tun! War er widerwärtig?«
    »Nicht widerwärtig. Einfach so wie früher, ohne Dopamin.«
    »Also doch widerwärtig.«
    »Ja, du hast Recht. Ich meine, ich wusste, dass er nicht begeistert reagieren würde, aber ich hatte gehofft, also …«
    Ich nickte. Ich wusste, was sie meinte. Sie ließ sich aufs Sofa fallen und weinte nach Herzenslust, während ich immer wieder murmelte, was für ein Scheißkerl er sei. Nach einer Weile fing sie an zu lachen, obwohl sie noch weinte. »Ich meine, Grummel-Joey«, sagte sie und wischte sich die Tränen mit dem Handballen weg. »Was hatte ich mir nur dabei gedacht, als ich mich in ihn verliebt habe? Das konnte doch nur Ärger bedeuten. Und weißt du was, Anna, du musst mir jetzt beistehen. Wir müssen zusammen zu den Geburtsvorbereitungskursen gehen, und die anderen Paare werden denken, dass wir zwei Jolly Girls sind.« Sie bemühte sich sogar um einen indischen Akzent bei »Jolly Girls«.
    »Du lässt dich nicht kleinkriegen«, sagte ich.
    »Ich bin ein Trauerkloß, und ich kann meinen Kummer nicht einmal in Alkohol ertränken. Bleibt nur Dirty Dancing . Das wird mein einziger Trost sein in den kommenden Monaten. Ich kann nicht trinken, nicht rauchen, darf nicht zu viel Zucker essen, keine schönen Klamotten kaufen oder mit Männern schlafen. Die einzigen Männer, die mit mir schlafen werden wollen, sind solche, die auf schwangere Frauen stehen. Sentimentale Filme, das ist das Einzige, was mir bleibt. Von wem ist die Nachricht?«
    Ich saß auf dem Fußboden und suchte nach der DVD. »Was?«
    »Dein Telefon blinkt.«
    »Ach, das ist Kevin, er kommt morgen her.« Es war erstaunlich, wie normal ich klang. Ich konnte Jacqui nicht erzählen, was da los war; sie hatte so schon genug Kummer.
    Nachdem sie gegangen war, ging ich ins Bett und schlief – mehr schlecht als recht –, und als ich aufstand, sehr früh, hatte ich das Gefühl, auf meine Hinrichtung zu warten.

VIERUNDFÜNFZIG
    Ich duschte und zog mich an, wie immer. Mein Mund war völlig ausgetrocknet, und ich trank ein Glas Wasser, das gleich wieder hochkam, und als ich mir die Zähne putzen wollte, musste ich bei der Berührung der Zahnbürste auf meiner Zunge würgen.
    Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Bis Kevin kam, war alles in der Schwebe. Ich traf eine Abmachung: Wenn es im Fernsehen eine Folge von Starsky & Hutch gab, würde ich sie gucken. Und wenn nicht? Gut, dann würde ich in die Agentur gehen.
    So seltsam es auch klingt, es gab nicht eine einzige Folge von Starsky & Hutch . Alles Mögliche andere – Die Straßen von San Francisco, Hill Street Blues, Cagney & Lacey –, aber abgemacht war abgemacht. Ich würde ins Büro gehen und gucken, ob da irgendwas passiert war. Vielleicht hatten sie es sich überlegt und wollten mich jetzt doch entlassen. Das würde mich jedenfalls ablenken.
    Ich zwang mich, die Wohnung zu verlassen, und ging langsam die Treppe runter. Im Flur sah ich den Postboten, der gerade ging. Es war der erste Tag im Jahr, an dem es sich nach Herbst anfühlte : Blätter wehten auf dem Gehweg entlang, es war kühl, und in der Luft lag ein schwacher Geruch von Holzfeuer.
    Ich würde nicht im Briefkasten nachsehen. Was kümmerte es mich, ob ich Post hatte? Aber eine innere Stimme sagte mir, ich solle den Kasten aufschließen. Dann sagte mir eine andere, ich solle lieber gehen.
    Zu spät. Ich schloss den Briefkasten auf, und da lag ein einzelner Brief, an mich adressiert. Wie eine kleine Bombe.
    Auf dem Umschlag war kein Absender – ein bisschen seltsam, fand ich. Ich war sofort leicht beunruhigt. Und dann noch mehr, als ich meinen Namen und meine Adresse sah …
    Eine vernünftige Frau würde so einen Brief nicht aufmachen. Eine vernünftige Frau würde ihn in den Papierkorb werfen und keinen weiteren Gedanken daran verschwenden. Aber wann war ich, abgesehen von einer kurzen Zeit zwischen neunundzwanzig und dreißig, jemals vernünftig gewesen? Also machte ich ihn auf.
    Es war eine Karte zum Aufklappen, ein Aquarell mit einer Vase welk wirkender Blumen. Und so dünn, dass ich spürte, dass etwas darin lag. Geld, dachte ich. Aber das war reiner Sarkasmus, ohnehin war niemand da,

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