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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Geschichte. Und wie sieht es bei dir aus? Gibt es bei dir auch merkwürdige Vorkommnisse?
    Deine dich liebende Mutter
    Mum

EINUNDFÜNFZIG
    Leon war schon da. Ich glitt ihm gegenüber in die mit braunem Vinyl ausgeschlagene Nische und sagte: »Leon, ich weiß, dass es schwer für dich ist, und wenn du weinen musst, tu dir bitte keinen Zwang an. Ich möchte dir ein paar Fragen stellen, und ich möchte, dass du sie mir ehrlich beantwortest. Auch wenn du glaubst, dass es mich verletzen könnte.«
    Er nickte besorgt. Aber das bedeutete noch nichts. Er tat alles irgendwie besorgt.
    »An dem Abend, als Aidan starb, wollte er mir etwas erzählen. Etwas Wichtiges.«
    »Was war es?«
    »Ich weiß es nicht. Er ist gestorben, du weißt.«
    »Entschuldigung, ich dachte, du meintest … Woher weißt du, dass er dir etwas echt Wichtiges sagen wollte?«
    »Er hatte uns einen Tisch im Tamarind reserviert.«
    »Was ist daran komisch? Das Tamarind ist ein ›hervorragender Treffpunkt für alten Geldadel und ihre Banker‹. Direktes Zitat aus Zagat .«
    »Leon, es ist deswegen komisch, weil Aidan und ich fast nie zum Essen ausgegangen sind, nur wir zwei. Entweder haben wir uns was nach Hause bringen lassen, oder wir sind mit dir und Dana oder Rachel und Luke ausgegangen. Und wir waren zwei Tage zuvor schon einmal groß essen gegangen, weil Valentinstag war, du erinnerst dich.«
    »Ja.«
    »Und wenn ich jetzt zurückdenke, dann war da was, das ihn verstört hat. Er hatte einen Anruf auf seinem Handy – er sagte, es sei irgendwas mit seiner Arbeit, aber ich glaube das nicht, denn er war danach sehr bedrückt, als hätte ihm jemand einen Schlag versetzt.«
    »Sachen mit der Arbeit können diese Wirkung haben.«
    »Ich weiß nicht, Leon, es schien wichtiger zu sein, und er war die ganze Zeit bedrückt und irgendwie … verschlossen. Ich meine, er hat sich Mühe gegeben, schließlich war es Valentinstag, aber diese Anlässe sind so künstlich … Und dann, zwei Tage später, hat er für uns einen Tisch im Tamarind gebucht, und ich habe ihn gefragt, warum schon wieder, nachdem wir erst vor zwei Tagen essen waren, aber er sagte Bitte, da habe ich eingewilligt.«
    »Mann, ich wünschte, Dana wäre auch so.«
    »Ich bin sonst gar nicht so. Aber ich erinnere mich, dass ich dachte, wenn es ihm wichtig ist, dass wir ausgehen, um miteinander zu reden – denn wir gingen eindeutig nicht nur zum Essen«, und ich schnitt Leon das Wort ab, bevor er etwas einwerfen konnte, »wie gut das Essen auch sein mag –, dann würde ich gehen.«
    »Aber ihr seid nie angekommen.«
    »Nein. Und dann habe ich es irgendwie vergessen. Also, nicht wirklich vergessen. Nicht die ganze Zeit … aber es war so viel passiert. Leon, du warst sein bester Freund. Hat Aidan mich geliebt?«
    »Er hätte sich für dich umbringen lassen.« Er verstummte entsetzt. »Entschuldigung, das war der falsche Ausdruck. Er war verrückt nach dir. Ich und Dana, wir kannten ihn mit Janie, aber du und er, das war anders. Das war die wahre Liebe.«
    »Gut, jetzt kommt die wirklich schwierige Frage. Kann ich?«
    Er nickte beklommen.
    »Als Aidan starb, hat er mich da betrogen?«
    Leon sah mich entsetzt an. »Nie im Leben.«
    »Woher willst du das wissen? Hätte er es dir erzählt?«
    »Hundert pro. Er war komisch, wenn es um Schuldgefühle ging. Er musste immer alles gestehen.«
    Das stimmte. Er hätte es wahrscheinlich sogar mir gestanden, ganz zu schweigen von Leon.
    »Außerdem hätte ich es erraten«, ergänzte Leon. »Wir waren uns sehr nah, weißt du. Er war mein bester Freund.« Die Stimme versagte ihm. »Der beste Freund, den ein Mensch haben konnte.«
    Ich griff automatisch in meine Handtasche und gab ihm ein Taschentuch.
    Leon breitete es über sein Gesicht und schluchzte hinein, während ich mich fragte, ob ich ihm glaubte. Doch, war mein Schluss, ich glaubte ihm. Was war es also dann?

    Als ich wieder im Büro war, hatte ich eine ganze Reihe aufgeregter Nachrichten von Kevin auf der Mailbox. Die letzte war: »Ich komme morgen Vormittag nach New York, um mit dir zu sprechen. Früher kann ich nicht. Anna, es geht um etwas Wichtiges. Wenn jemand dich anruft, eine Frau, sprich nicht mit ihr, Anna, bevor du nicht mit mir gesprochen hast.«
    Oh Gott. Meine Knie zitterten, und ich sank auf meinen Stuhl. Leon hatte sich geirrt, und ich hatte Recht. Das war es, worauf ich gewartet hatte.
    Mir war schlecht. Aber ich war ruhig. Es lag nicht mehr in meinen Händen.
    Ich hätte Kevin anrufen und

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