Erdbeermond: Roman (German Edition)
Füße bis zu den Knöcheln in Seifenwasser, war ich darüber sehr froh. Zwei Frauen beugten sich über unsere Füße. Ich konnte nur ihre Köpfe sehen und war in ihrer unterwürfigen, stummen Gegenwart zu beschämt, um entspannt eine Unterhaltung zu führen. Harris hingegen schien sich ganz wohl zu fühlen, fragte mich nach meinem Job und erzählte von seinem. Dann zog er einen Cocktailshaker und zwei Gläser hervor, goss mir ein und erhob sein Glas. Gott im Himmel, ein Toast! »Auf die siegreichen Mets«, sagte ich schnell.
»Auf das Zehenlutschen«, sagte er.
Oh nein. Lieber Gott, bitte, nein.
Er hatte es also mit den Füßen. Das war in Ordnung. Völlig in Ordnung. Wer war ich schon. Nur nicht mit mir. Das hatte er auch nicht vor. Als wir fertig waren und bezahlt hatten, sagte er höflich zu mir: »Es hat nicht gefunkt. Ich wünsche Ihnen ein schönes Leben.« Dann schritt er forsch auf frisch polierten Füßen davon.
Gebrannt, aber nicht bezwungen, bereitete ich mich auf meine zweite Verabredung mit Greg, dem Bäcker aus Queens, am nächsten Abend vor. Obwohl es Oktober war und nicht besonders warm, schlug er ein Picknick im Park vor. Das musste ich ihnen lassen, diese Kerle in New York ließen sich wirklich was einfallen für ihre Verabredungen.
Wir wollten uns gleich nach der Arbeit treffen, denn Greg musste früh ins Bett, weil er mitten in der Nacht aufstehen und Brot backen musste. Außerdem würde es nach halb acht zu dunkel sein, sodass man weder den anderen noch das, was man aß, sehen könnte. Als ich mich auf den Weg zum Park machte, redete ich mir ein, dass ich mich freute. Das hier war zwar ein wenig ungewöhnlich, aber warum nicht? Was war mit meiner Lust auf Abenteuer?
Beim Eingang zum Park wartete Greg mit einer Decke über dem Arm und einem Picknickkorb in der Hand und – oh Schreck – einem albernen Panamahut auf dem Kopf.
Eigentlich ist es schlimm, wenn ich das sage, aber er war um einiges dicker, als ich mich vom Blitz-Date erinnerte. Damals hatten wir uns am Tisch gegenübergesessen, und ich hatte nur seinen Kopf und seine Brust gesehen, die zwar kompakt, aber nicht besonders dick zu sein schien. Doch als ich ihn in voller Größe sah, war er … also, er war rautenförmig. Seine Schultern waren normal, aber in der Mitte weitete er sich enorm aus. Er hatte einen riesigen Bauch und – obwohl ich es hässlich finde, es zu sagen, weil ich es hässlich finde, wenn Männer es von Frauen sagen – einen gigantischen Hintern. Einen Hintern wie ein Handballtor. Doch seltsamerweise waren seine Beine nicht übel und verjüngten sich zu hübschen schlanken Fesseln.
Er breitete die Decke auf dem Rasen aus, klopfte auf den Korb und sagte: »Anna, ich verspreche Ihnen ein Fest der Sinne.«
Schon hatte ich Angst.
Er beugte sich nach hinten und machte den Korb auf, dann nahm er ein Brot heraus und schloss den Korb wieder, doch ich hatte schon gesehen, dass nichts anderes als Brot drin war.
»Das ist mein Sauerteigbrot«, eröffnete er mir, »nach eigenem Rezept.«
Er riss nach Art des Bonvivants ein Stück Brot ab und näherte sich mir. Ich erkannte, welche Richtung dies nehmen würde: Er plante eine Verführung mittels des Brots. Wenn ich seine Kreationen probiert hatte, würde ich weiche Knie bekommen und mich in ihn verlieben. Das hier war offensichtlich ein Mann, der Chocolat zu oft gesehen hatte.
»Machen Sie die Augen zu und den Mund auf.« Oje, er wollte mich füttern! Gott, wie schrecklich. Wie 9½ Wochen .
Und dann durfte ich das Brot nicht essen. Er rieb es in meinem Mund hin und her und sagte: »Spüren Sie die krustige Kante mit Ihrer Zunge.« Er fuhr mit dem Stück Brot in meinem Mund umher, und ich nickte und sagte, ja, ich spürte die krustige Kante.
»Lassen Sie sich Zeit«, bat er mich. »Lassen Sie es sich auf der Zunge zergehen.«
Herr Gott, wir waren in der Öffentlichkeit, ich hoffte, dass niemand zuguckte. Ich machte die Augen auf und schnell wieder zu: Eine Frau, die ihren Hund spazieren führte, bog sich vor Lachen. Sie hatte die Hände auf die Knie gestützt, so sehr lachte sie.
Als Greg fand, dass meine Zunge genügend von der krustigen Kante zerschnitten worden war, rief er: »Jetzt der Geschmack! Schmecken Sie das Salz im Teig, die Säure der Hefe. Merken Sie es?« Ich nickte, ja, ja, es war salzig, es war sauer. Weiter im Text!
»Schmecken Sie noch etwas anderes?«, fragte Greg.
Eigentlich nicht.
»Etwas Süßes?«, half er mir weiter. Ich nickte gehorsam.
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