Erdbeermond: Roman (German Edition)
beharrte darauf. Der Hund wollte immer wieder aufstehen und weitergehen, aber die Frau sagte »Nein, hier!« Das konnte ich nicht hören, aber ich sah es. Seltsam.
Dann kam Mum, und ich nahm ein ausgiebiges Frühstück zu mir – eine halbe Scheibe Toast, elf Weintrauben, acht Pillen und die rekordverdächtige Menge von sechzig Rice Krispies – weil ich sie doch überzeugen musste, wie viel besser es mir ging. Als sie mich wusch – eine schreckliche Prozedur mit Handtüchern und einer Schüssel mit seifigem, lauwarmem Wasser –, machte ich einen Vorstoß.
»Mum, ich habe beschlossen, wieder nach New York zu gehen.«
»Das ist eine komplett hirnrissige Idee.« Und wusch einfach weiter.
»Mein Wunden heilen, mein Knie ist wieder belastbar, die Prellungen sind alle verschwunden.«
Es war sehr merkwürdig: Ich hatte eine Vielzahl von Verletzungen, aber keine war richtig ernst. Obwohl mein Gesicht schwarz und blau unterlaufen war, waren keine Knochen gebrochen. Ich hätte wie eine Eierschale zerdrückt werden und den Rest meines Lebens als kubistisches Bild (wie Helen es ausdrückte) verbringen können. Ich wusste, dass ich Glück gehabt hatte.
»Und sieh mal, wie schnell die Nägel wieder nachwachsen.« Ich wedelte mit meiner Hand vor ihrer Nase. Ich hatte zwei Fingernägel verloren, und der Schmerz war – das ist kein Witz – unbeschreiblich gewesen, viel schlimmer als mein gebrochener Arm. Selbst die Schmerzmittel auf Morphiumbasis konnten ihn nicht abtöten, der Schmerz war immer da, nur etwas weiter weg, und manchmal wachte ich nachts mit pochenden Fingern auf, die sich anfühlten, als wären sie auf die Größe von Kürbissen angeschwollen. Inzwischen taten sie kaum noch weh.
»Dein Arm ist gebrochen, Fräulein. Ein dreifacher Bruch.«
»Aber es waren alles glatte Brüche, und sie tun nicht mehr weh. Ich würde sagen, es ist schon fast wieder gut.«
»Ach, du bist Knochenspezialistin?«
»Nein, ich bin eine Beauty-PR-Frau, und mein Job wird nicht auf ewig für mich freigehalten.« Ich ließ diese Nachricht wirken, dann flüsterte ich düster: »Kein Make-up mehr gratis. «
Doch selbst das beeindruckte sie nicht. »Du gehst nirgendwo hin, Fräulein.«
Aber ich hatte den Zeitpunkt klug gewählt, denn an dem Nachmittag hatte ich meinen Termin im Krankenhaus, und wenn die Ärzte sagten, es ginge mir besser, dann konnte Mum gar nichts mehr ausrichten.
Nachdem wir lange gewartet hatten, wurde mein Arm geröntgt. Wie ich schon vermutet hatte – er heilte gut und schnell. Die Schlinge konnte ich sofort ablegen, und der Gips könnte auch in zwei Wochen runter.
Dann kam der Hautspezialist, der sagte, die Wunden verheilten so gut, dass die Fäden aus der Narbe auf der Wange gezogen werden könnten, und selbst ich hatte das nicht erwartet. Die Schmerzen waren schlimmer, als ich angenommen hatte, und eine grellrote Linie verlief vom Augenwinkel zum Mundwinkel, aber da mein Gesicht jetzt nicht mehr von einem dunkelblauen Faden zusammengehalten wurde, sah es viel, viel normaler aus.
»Was ist mit plastischer Chirurgie?«, fragte Mum.
»Später«, sagte er. »Jetzt noch nicht. Man kann nicht vorhersagen, wie diese Dinge heilen werden.«
Dann ging’s zu Dr. Chowdhury, der meine inneren Organe betasten und befühlen würde. Er meinte, die inneren Schwellungen und Prellungen seien alle abgeklungen, und sagte wie schon bei den anderen Untersuchungen, ich hätte Glück gehabt, dass nichts gerissen sei.
»Sie redet davon, dass sie nach New York zurückwill«, platzte Mum heraus. »Erklären Sie ihr, dass sie noch nicht gesund genug ist, um zu reisen.«
»Aber sie war gesund genug, um hierher zu fliegen«, entgegnete Dr. Chowdhury, und die Wahrheit seiner Aussage war nicht von der Hand zu weisen.
Mum starrte ihn an, und obwohl sie nichts sagte, auch nichts murmelte, konnte ich ihr »Sie armseliger Armleuchter« in der Luft schwingen hören.
Mum und ich fuhren in grimmigem Schweigen nach Hause. Oder wenigstens war Mums Schweigen grimmig, meins war glücklich und – ich konnte nichts dafür – ein bisschen selbstgefällig.
»Was ist mit dem kaputten Knie?«, sagte Mum, plötzlich lebhaft: Noch hatte sie nicht aufgegeben. »Wie kannst du nach New York zurück, wenn du keine Treppen steigen kannst?«
»Wir machen einen Deal«, sagte ich. »Wenn ich mit dem Knie bei uns die Treppe raufkomme, bin ich so weit, dass ich zurück kann.«
Sie stimmte zu, weil sie glaubte, das würde ich niemals schaffen. Aber sie
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