meinen Körper nass machen konnte, geschweige denn meine Haare. Hat schon mal jemand versucht, zu duschen und dabei einen Arm nicht nass zu machen? In den letzten acht oder neun Wochen war alles für mich gemacht worden, sodass mir gar nicht aufgefallen war, wie behindert ich war. Und wieder hatte ich eine dieser besonders klaren Erkenntnisse: Ich war überfordert, in jeder Beziehung überfordert.
Ich griff nach dem Duschgel, No Rough Stuff, ganz neu von Candy Grrrl auf den Markt gebracht, und eine Erinnerung schoss in mir hoch. In den letzten Tagen vor all diesen Wochen hatte ich das Gel getestet. Ich hatte mich mit den Kügelchen, die nach Limone und Pfeffer rochen, eingerieben, und als ich aus der Dusche kam, fragte ich Aidan: »Rieche ich gut?« Er beschnüffelte mich gehorsam. »Fantastisch. Aber vor zehn Minuten hast du besser gerochen.«
»Aber vor zehn Minuten habe ich nur nach mir selbst gerochen.«
»Genau.«
Ich musste mich am Waschbecken festhalten, bis das Gefühl abgeflaut war, und ich klammerte mich an den Beckenrand, bis die Knöchel an meiner guten Hand so weiß wie das Porzellan waren.
Zeit zum Anziehen. Mein ohnehin schon schweres Herz wurde noch schwerer, und Dogly beobachtete mich mitleidig. Es waren lauter verrückte Sachen, ein Bügel nach dem anderen, dazu alle Schrankfächer voller bunter Schuhe und Taschen – aber am schlimmsten waren die Hüte. Ich stand kurz vor meinem dreiunddreißigsten Geburtstag, ich war zu alt für diese Geschichten. Ich brauchte offenbar eine Beförderung, denn je höher man auf der Leiter kletterte, desto eher wurde einem zugebilligt, im Kostüm zu kommen.
An:
[email protected] Von:
[email protected] Thema: Ausgeflipptes Mädel geht wieder zur Arbeit
Aufzug von heute: schwarze Wildlederstiefel, rosa Netzstrümpfe, schwarzes Fünfziger-Jahre-Kleid aus Crêpe de Chine mit weißen Tupfern, rosa Dreiviertel-Mantel (auch fünfziger Jahre) und Butterfly-Bag. Dummer Hut?, höre ich dich fragen – aber ja: schwarze Baskenmütze, schief aufgesetzt. Alles in allem ziemlich zurückhaltend, aber heute müsste ich damit durchkommen.
Ich möchte so gern von dir hören.
Dein Mädel Anna
Er fand meine Uniformen immer toll. Das Komische war ja, dass er immer versuchte, seine konservativen Anzüge mit gewagten Krawatten und Socken zu unterlaufen – Warhol-Drucke, rosa Rosen, Cartoon-Superhelden –, und ich wollte mich unbedingt ernster und konventioneller anziehen.
Als ich online war, hatte ich plötzlich die Idee, sein Horoskop zu lesen. Möglicherweise könnte ich daraus ersehen, wie es ihm ging. Bei Stars Online hieß es bei Skorpion:
»Normalerweise nehmen Sie Veränderungen gelassen hin, aber in letzter Zeit haben die Vorfälle auch Sie aus der Bahn geworfen. Viele dramatische Ereignisse des Monats erreichen um die Zeit des verfinsterten Vollmonds ihren Höhepunkt. Bis dahin sollten Sie alles eingehend überprüfen, sich aber zu nichts verpflichten.«
Ich stutzte bei dem »auch Sie aus der Bahn geworfen«. Erst fühlte ich mich hilflos, dann war ich wütend. Ich hätte gern etwas Tröstliches gelesen, deshalb blätterte ich ein paar Seiten zurück und klickte Today’s Stars an.
»Die Sonne scheint auf den Teil Ihrer Persönlichkeit, der ausschließlich der Selbstsucht frönt. Heute haben Sie Lust, Ihre hedonistische Seite zu zeigen. Solange es im Rahmen der Gesetze ist und niemandem wehtut, können Sie sich austoben.«
Das gefiel mir auch nicht. Ich wollte nicht, dass er seine hedonistische Seite anderen außer mir zeigte. Ich klickte weiter, zu Hot Scopes!
»Widerstehen Sie der Versuchung, alte Pläne, Beziehungen oder Leidenschaften wiederzubeleben. Sie beginnen einen neuen Zyklus, und in den nächsten Wochen werden Ihnen alle möglichen aufregenden Angebote gemacht.«
Also wirklich! Ich wollte nicht, dass er aufregende Angebote erhielt, wenn sie nicht von mir stammten. Ich zwang mich, den Computer auszuschalten – es bestand die Gefahr, dass ich den ganzen Tag davorsitzen würde, bis ich das Horoskop fand, das mich in bessere Stimmung versetzte –, sprach noch eine Nachricht auf seine Mailbox und ging. Als ich auf der Straße stand, zitterte ich. Ich war es nicht gewöhnt, allein zur Arbeit zu gehen, wir waren immer zusammen mit der Subway gefahren. Er war 34ste ausgestiegen, und ich war weitergefahren bis zur 59sten. Und war es in New York schon immer so laut gewesen? All die hupenden Autos, die laut rufenden Menschen, die