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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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(Vielleicht war es auch nur eine hyperaktive Schilddrüse.) Wenn ich Beauty-Redakteurin bei einer Zeitschrift wäre und mitbekäme, dass Lauryn mir ein Candy-Grrrl-Produkt andrehen wollte, würde ich mich unter dem Tisch verstecken, bis sie weg war. Trotz alledem hatte Lauryn riesige Erfolge: Trotz ihrer glupschigen Augen und ihrer knochigen Figur wurde sie oft von gut aussehenden Menschen übers Wochenende in die Hamptons eingeladen. Wie soll man das verstehen?
    Ich verstehe das deshalb nicht, weil es in New York keineswegs leicht ist, einen Mann zu finden, selbst für die ohne Glupschaugen nicht. Es ist ein bisschen so, als würde eine zerlumpte Bande von Frauen durch die qualmende, zerstörte, post-apokalyptische Landschaft streunen und nach Überbleibseln noch brauchbarer Sachen fahnden wie die Leute in Mad Max . Außerdem war Lauryn menschlich nicht so toll. Ihr war ihr Job unglaublich wichtig, und wenn jemand anders Erfolg hatte, war es so, als hätte sie versagt. Als der Superlash-Mascara von Lancôme in Lucky Coverage hatte und den Flutter-by von Candy Grrrl ausstach, warf Lauryn eine leere Snapple-Flasche an die Wand.
    Plötzlich stieg schreckliche Angst in mir auf, dass ich mit der Arbeit nicht zurechtkommen würde, aber ich sagte: »Ich bin bereit, Lauryn!«
    »Gut! Es ist nämlich jede Menge los zurzeit.«
    »Bring mich auf den neuesten Stand.«
    »Sicher. Und du sagst mir einfach, wie viel du schaffst.« Das meinte sie nicht freundlich. Sie meinte, ich sollte ihr Bescheid geben, wann der Zeitpunkt gekommen war, dass sie mich feuern konnte. »Und wann … glaubst du … ist das … da auf deinem Gesicht … wieder gut?« Körperliche Versehrtheit ist nicht erwünscht. »Und dein Arm? Wann kommt der Gips ab?«
    Dann bemerkte sie meine bandagierte Hand. »Und was ist das da?«
    »Die Nägel sind ab.«
    »Gott im Himmel«, sagte sie, »mir wird schlecht.«
    Sie setzte sich und atmete tief durch, aber sie übergab sich nicht. Dazu hätte ja etwas in ihrem Magen sein müssen, die Chance, dass sie gegessen hatte, war gering.
    »Da musst du unbedingt was tun. Geh zu jemandem. Lass dir was machen. Heute noch.«
    »Ja, aber … okay.«
    Ein silberner Blitz flitzte vorbei – es war Teenie! In einem silberfarbenen Overall, dessen Hosenbeine in orangefarbene kniehohe Lackstiefel gesteckt waren. Ihr Haar war blau. Passend zu den glitzernd blauen Lippen. Teenie war Koreanerin und durch und durch ausgeflippt. Trotzdem war sie meine Lieblingskollegin bei McArthur, ich betrachtete sie sogar als Freundin. Sie hatte mich sogar in Irland angerufen.
    »Anna!«, sagte sie. »Du bist wieder da! Ooh, dein Haar sieht hübsch aus, es ist so lang geworden.« Zusammen entfernten wir uns von Lauryn, und Teenie sagte leise: »Schätzchen, wie geht es dir?«
    »Okay.«
    »Wirklich?« Sie zog fragend eine blaue, glitzernde Augenbraue hoch.
    Ich warf schnell einen Blick zu Lauryn hinüber; sie war so weit weg, dass sie uns nicht hören konnte. »Okay, vielleicht nicht, aber Teenie, ich schaffe das hier nur, wenn wir so tun, als wäre alles so wie immer.«
    Ich wollte kein Mitleid. Mitleid hieß, es war wirklich geschehen.
    »Treffen wir uns zum Lunch?«
    »Geht nicht. Lauryn sagt, ich muss mir die Nägel machen lassen.«
    »Was ist mit denen?«
    »Sie fehlen, aber sie wachsen, so schnell sie können, nach.«
    »Ihh!«
    »Na ja«, sagte ich und ging zu meinem Schreibtisch.
    Ich war nie so lange von der Arbeit ferngeblieben, und alles fühlte sich vertraut und doch ganz anders an. Die Zeitarbeiterinnen hatten die Sachen auf meinem Schreibtisch umgestellt, und jemand hatte das Foto von Aidan in die Schublade gelegt, was mich einen Moment lang richtig aggressiv machte. Ich nahm es heraus und stellte es mit einem Knall dahin, wo es immer gestanden hatte. Und sie sagen, ich würde die Dinge leugnen!
    »Ach du liebe Zeit, Anna, du bist wieder da!« Das war Brooke Edison. Brooke war zweiundzwanzig und stinkreich und wohnte mit Mommy und Daddy in einem Triplex (einer dreistöckigen Wohnung) in der Upper East Side. Jeden Morgen kam sie mit einer Miet-Limousine zur Arbeit – nicht mit der Subway, auch nicht mit dem Taxi, nein, ein klimatisierter Lincoln mit einem höflichen Chauffeur und einer kleinen Bar. Brooke hatte es nicht nötig, zu arbeiten, sie vertrieb sich nur die Zeit, bis ein Mann ihr einen riesigen Diamantring an den Finger steckte, sie in ein Haus in Connecticut versetzte, ihr einen Geländewagen kaufte und drei perfekte,

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