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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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an der Tankstelle die Reifen mit der Zahnbürste säuberte.
    Jacqui sagte immer, dass er ein Mistkerl sei und dass sie genug von ihm habe und dass es diesmal wirklich vorbei sei, aber sie hat es immer wieder versucht. Und dann hat er Silvester mit ihr Schluss gemacht, und sie war am Boden zerstört.
    Jacqui kam nicht dazu, mir zu antworten. Als hätte ich nichts gesagt, sagte Rachel: »Auf deinem Anrufbeantworter sind haufenweise Nachrichten. Wir dachten, es wäre vielleicht besser, wenn jemand dabei ist, wenn du sie abhörst.«
    »Warum nicht?«, sagte ich. »Stell ihn an.«
    Es waren siebenunddreißig Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. Alle möglichen Leute waren aus ihren Ecken gekrochen.
    »Anna, Anna, Anna …«
    »Wer ist das denn?«
    »… hier ist Amber, ich habe gerade gehört …«
    »Amber Penrose? Die hat sich doch ewig nicht gemeldet. Löschen!«
    »Willst du nicht hören, was sie sagt?«, fragte Jacqui, die das Gerät bediente.
    »Brauche ich nicht, ich kenne den Text. Ich merke mir alle, die angerufen haben«, sagte ich. »Ich rufe sie später an. Löschen. Weiter.«
    »Anna«, flüsterte jemand. »Ich habe gerade gehört, was passiert ist, und …«
    »Ja, ja, ja. Löschen!«
    Rachel murmelte etwas. Ich hörte das Wort »leugnen«. »Schreib wenigstens die Namen auf.«
    »Ich habe nichts zu schreiben.«
    »Hier.« Sie gab mir einen Stift und einen Notizblock, den sie plötzlich hervorzauberte, und ich notierte gehorsam die Namen aller Anrufer. Im Gegenzug brauchte ich mir ihre Mitleidsbezeugungen nicht anzuhören.
    Dann verlangten Jacqui und Rachel, dass ich meinen Computer anschaltete und alle meine Mails abrief: insgesamt dreiundachtzig. Ich überflog die Absenderadressen; mich interessierte nur ein einziger Absender, und der war nicht dabei.
    »Lies sie.«
    »Brauche ich nicht. Ich mache das später. Und jetzt muss ich schlafen gehen, tut mir Leid, meine Lieben, aber morgen muss ich arbeiten.«
    »Was?«, kreischte Rachel. »Du bist verrückt. Es ist völlig ausgeschlossen, dass du das schaffst, weder körperlich noch emotional. Du leugnest komplett, was passiert ist. Du brauchst ernsthaft Hilfe. Ich meine, ernsthaft.«
    Sie redete und redete, und ich nickte und sagte ruhig: »Es tut mir Leid, dass es dir so geht.« Das habe ich bei ihr gehört, wenn Leute sich über sie geärgert haben. Nach einer Weile hörte sie einfach auf, sah mich aus schmalen, misstrauischen Augen an und sagte: »Was hast du vor?«
    »Rachel«, sagte ich. »Ich danke dir für all deine Freundlichkeit, aber dies hier funktioniert nur, wenn ich weitermache wie normal.«
    »Geh nicht zur Arbeit.«
    »Ich muss.«
    »Geh nicht.«
    »Ich habe schon angekündigt, dass ich kommen werde.«
    Es stand ihr Wille gegen meinen. Rachel hat eine enorme Durchsetzungskraft, aber in diesem Moment hatte ich die auch. Ich spürte, dass sie im Begriff war nachzugeben, und nutzte meinen Vorteil. »Luke wird sich schon Sorgen machen, wo du bleibst.«
    Ich fing an, sie in Richtung Ausgang zu drängen, aber ungelogen, lange Zeit dachte ich, sie würden nie gehen. An der Tür bestand Rachel darauf, eine Ansprache zu halten. Sie räusperte sich sogar vorher. »Anna, ich weiß nicht genau, wie die Hölle aussieht, durch die du zurzeit gehst, aber als ich damals zugab, dass ich süchtig war, dachte ich, mein Leben sei vorbei. Und um das zu überstehen, beschloss ich, nicht an die Zukunft zu denken, nicht einmal an die nächste Woche, sondern nur daran, diesen Tag zu überstehen. Wenn du es in kleine Stücke zerlegst, dann kannst du vielleicht an einem Tag etwas schaffen, das dich praktisch umgebracht hätte, wenn du gedacht hättest, dass du das von jetzt an jeden Tag machen musst.«
    »Danke, ja, sehr schön.« Jetzt geht.
    »Ich habe den Spielzeughund in dein Bett gelegt«, sagte Jacqui, »damit du nicht so allein bist.«
    »Dogly? Danke.«
    Sobald ich mich vergewissert hatte, dass sie wirklich gegangen waren und nicht im nächsten Moment wieder vor der Tür stehen würden, um nach mir zu sehen, tat ich das, was ich seit Stunden tun wollte – ich wählte die Nummer von Aidans Handy. Ich wurde sofort mit der Mailbox verbunden, aber trotzdem, es war einfach so gut, seine Stimme zu hören, dass ich dahinschmolz.
    »Aidan«, sagte ich. »Liebster, ich bin wieder in New York. In der Wohnung, du weißt also, wo du mich finden kannst. Ich hoffe, dir geht es gut. Ich liebe dich.«
    Dann schrieb ich ihm eine Mail.

    An: [email protected]
    Von:

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