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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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fühlte, wie die Worte ihn überspülten. Sie waren wie schwärmende Lebewesen. Er hatte die seltsame Einbildung, daß die Dinge in seinem Innern Plätze suchten, um ihre Jungen dort abzulegen. Normalerweise hatte er wenig Verwendung für die populären mehrschichtigen Bewußtseinsmodelle. Aber eben jetzt schien die gewöhnliche trostreiche Illusion persönlicher Einheit durch Alkohol aufgelöst worden zu sein. Er fühlte sich nicht als eine Person, sondern vielfältig.
    Das eine Ich sah erheitert zu, wie vor ihm wieder ein dunkles Bier erschien; aber mehrere Ichs rangen um etwas, das noch untergetaucht war. Benommen durch Erschöpfung und Alkohol war die Logik aus der Fassung gebracht, und andere, mehr chaotische Kräfte schienen sich ungehindert auszutoben. Es stand neunundneunzig zu eins, daß die Ergebnisse genau von der Sorte sein würden, die während einer Party großartig klangen und am Morgen danach wie eitles Geschwätz.
    »… als aus dem Nichts das Cavitron erschien! Stellt euch mein Entzücken vor«, fuhr Stan fort und breitete seine knorrigen Hände aus. »Ganz plötzlich fanden wir, daß es schließlich doch einen Weg gab, Zugang zum Herzen der neuen Physik zu gewinnen.«
    Der gealterte Theoretiker machte eine Faust, als ob er eine lang gesuchte Beute festhalten wallte. »Ein Jahr erschien das Feld steril, ohne Sex, zu mathematischer Masturbation oder noch Schlimmerem verurteilt zu sein – anhaltender Glanz ehemaliger Theorien. Im nächsten Moment – bum! – hatten wir die Macht in unserer Hand, Singularitäten herzustellen! Zu bewegen und zu gestalten… den Raum selbst.«
    Stan schien die tragischen Konsequenzen dieser Entdeckung zeitweilig vergessen zu haben. Auch Alex schöpfte Kraft aus der Begeisterung seines Freundes. Er erinnerte sich an seine eigenen Gefühle beim Hören der Nachricht – daß das Team in Livermore soeben wirklich rohes Vacuum in konzentrierte Raum-Zeit verwandelt hätte. Die Möglichkeiten erschienen unbegrenzt. Was er selbst erwartet hatte, war billige, endlose Energie für eine klapprige, verarmte Welt.
    »Oh, es blieben noch Einschränkungen«, fuhr Stan fort. »Aber der Durchbruch war da. Der neue Hebel und Angelpunkt. Vielleicht ein neues Rad! Ich fühlte mich, wie es damals Charles Townes gegangen sein muß an dem Tage, da er Licht durch jenen hochgepumpten Rubinkristall hin und her prallen ließ und es veranlaßte…«
    Alexens Stuhl kippte zurück, als er jäh aufstand. Er stützte sich mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte. Dann stolperte er, starr nach vorn blickend, durch die Menge im Zickzack auf die Tür zu.
    »Alex?« rief ihm George nach. »Alex!«
     
    Eine Kieferngruppe zwanzig Meter von der Dorfkneipe entfernt zog ihn an wie Treibgut aus einem brausenden Strom. In diesem Strudel war die Luft frisch, und das lärmende Geschwätz suchte ihn nicht mehr zu überwältigen. Hier hatte Alex nur mit dem Rascheln der Zweige zu kämpfen, die leise dem Wind antworteten.
    »Was ist los?« fragte Hutton, als er eine Minute später hinterherkam. »Lustig, was gibt’s?«
    Alex wirbelte der Kopf. Er drehte sich unsicher um, gespalten zwischen dem Bemühen, alle Fäden zugleich zu verfolgen oder nur einige wenige zu packen, ehe sie alle davongeblasen wurden.
    Er platzte heraus: »Ein Laser. George, es ist ein Laser!«
    Hutton bückte sich, um Alex gerade anzusehen. Das war nicht einfach, weil beide Männer so schwankten.
    »Wovon redest du? Was ist ein Laser?«
    Alex machte eine weite Bewegung mit beiden Händen. »Stan hat Einsteins Ab… Absorptions- und Emissionsparameter erwähnt. Erinnere dich aber! Es gab zwei ›B‹-Parameter – einen für spontane Emission und einen für stimulierte Emission aus einem angeregten Zustand.«
    »Also geht es um einen angeregten Zustand«, kommentierte George. Aber Alex fuhr eilends fort.
    »George, George!« Er streckte die Arme aus, um Balance zu halten. »In einem Laser erzeugt man erst einen… einen Zustand umgekehrter Energie in einem angeregten Medium… läßt alle Elektronen in einem Kristall hüpfen, nicht wahr? Das andere, was man machen muß, ist dann, den Kristall in einen Resonator zu plazieren. Einen Resonator, der so abgestimmt ist, daß nur eine bestimmte Welle durch ihn hin und her laufen kann…«
    »Na ja, man benutzt zwei Spiegel, die einander an entgegensetzten Enden gegenüberstehen. Aber…«
    »Richtig! Man stellt die Spiegel so auf; und nur eine einzige Welle wird zum Stehen kommen, indem sie tausend-,

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