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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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frühen Zeiten im zwanzigsten Jahrhundert, als Planck und Schrödinger das Qantum entdeckten und der alte Albert selbst die Lichtgeschwindigkeit an das geschundene Bezugssystem nagelte… als die Grundlage für eine ganze Wissenschaft gelegt wurde.
    Was für eine Zeit muß das gewesen sein! Aus dem, was diese glücklichen Bastarde entdeckten, ergab sich die Ingenieurkunst eines ganzen Jahrhunderts. Aber zu meiner Zeit sah es in der Physik ziemlich langweilig aus.«
    »Na na, Stan!« protestierte George Hutton. »Die späten Neunziger langweilig? In der Physik? War das nicht die Zeit, in der Adler und Hurt die Große Vereinheitlichung schafften? Alle Naturkräfte in eine große Megillah – eine Schriftrolle – kombinierten? Du kannst mir nicht erzählen, daß sie damals nicht aufgeregt gewesen wären!«
    Stan führte eine fleckige Hand an seinen glatten Schädel, um mit einer Papierserviette Schweißtropfen wegzuwischen. »Oh, gewiß. Die Vereinheitlichungsgleichungen waren brillant und elegant. Man nannte sie eine ›Theorie für alles‹ – abgekürzt TFA.
    Aber damals war Feldtheorie größtenteils ein Sport für Zuschauer. Die Teilnahme erforderte die Brillanz eines Mutanten… so wie man acht Fuß groß sein muß, um heutzutage professionell Baseball zu spielen. Und noch mehr – man fing damals an, darüber zu reden, die Bücher der Physik abzuschließen. Es gab Professoren, die sagten, alle wichtigen Fragen wären beantwortet.«
    »Hast du deshalb daran gedacht, das Gebiet aufzugeben?« wollte George wissen.
    Stan schüttelte den Kopf. »Nee. Was mich wirklich deprimierte, war, daß wir keine Modalitäten mehr hatten.«
    Alex hatte sich in seine tauben Backen gekniffen, um irgendein Gefühl zu entdecken. Er drehte sich zu Stan um. »Modalitäten?«
    »Grundlegende Mittel und Wege. Ritzen in der Mauer der Natur. Der Hebel und der Drehpunkt. Das Rad und der Keil. Feuer und Kernspaltung.
    Das waren damals bloß intellektuelle Kuriositäten, Alex. Gewiß, sie begannen als nutzlose Abstraktionen. Aber erinnerst du dich noch, was Michael Faraday antwortete, als ein Parlamentsmitglied ihn fragte, welchen Nutzen jemals dies verrückte Ding ›Elektrizität‹ haben würde?«
    George Hutton nickte. »Ich habe davon gehört. Hat Faraday nicht zurückgefragt, welchen Nutzen ein neugeborenes Baby hätte?«
    »Das ist eine Version«, stimmte Alex zu und zwang seinen Kopf, die angenäherte Kurve eines Nickens auszuführen. »Nach einer anderen Story hat er geantwortet: ›Sir, ich weiß nicht, wette aber… hm… daß Sie eines Tages Steuern darauf erheben werden.‹« Alex lachte. »Die Geschichte hat mir immer gefallen.«
    »O ja«, pflichtete Stan bei. »Und Faraday hatte doch recht, nicht wahr? Seht, was für einen Unterschied die Elektrizität bewirkt hat! Physik wurde zur führenden Wissenschaft, nicht einfach, weil sie mit fundamentalen Dingen zu tun hatte, sondern auch, weil sie Türen öffnete – Modalitäten – und uns Möglichkeiten bot, die wir einst nur den Göttern zugeschrieben hatten!«
    Alex schloß die Augen. Momentan schien es ihm, er wäre wieder in der Versammlungshalle mit Tantchen Kapur, die listig über die Wege himmlischer Wesen berichtete.
    »Die Große Vereinheitlichung hat dich deprimiert, weil sie nicht praktikabel war?« fragte George ungläubig.
    »Genau!« Stan stieß mit einem Finger gegen den großen Geophysiker. »So hat etwa Hurt beschrieben, wie die elektroschwache Kraft sich mit Chromodynamik und Gravitation vereinigt. Na und? Um überhaupt mit dem Wissen etwas anzufangen, bräuchten wir die Temperaturen und Drücke des Urknalls!«
    Stan machte ein saures Gesicht. »Puh! Könnt ihr sehen, warum ich beinahe zur Quantenbiologie übergewechselt wäre? Das war es, wo neue Theorien einen Unterschied machen könnten, zu neuen Produkten führen und das Leben der Menschen verändern.«
    Hutton betrachtete seinen alten Freund mit klarer Enttäuschung. »Und ich habe immer gedacht, ihr Mathematikertypen wäret auf Schönheit aus. Es stellt sich heraus, daß du eben so sehr ein Apparatefex bist wie ich.« Er winkte einem vorbeigehenden Barmädchen und bestellte eine neue Runde.
    Goldman zuckte die Achseln. »Schönheit und Praktikabilität sind nicht immer unvereinbar. Schau auf Einsteins Formeln für Absorption und Emission von Strahlung! Welche Eleganz! Solche Einfachheit! Er hatte keine Ahnung, daß er die Laser vorhersagte. Aber das Potential steckt genau hier in den Gleichungen…«
    Alex

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