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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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ständig auf einer rostigen Plattform für gaffende Besucher und Vögel, die es in anderer Weise benutzten. Alex hatte seinem Versprechen gegenüber Kapitän Tikhana getreu dem ausgeschlachteten Wrack seine Aufwartung gemacht, das einst ein ehrgeiziges Objekt für viele Milliarden Dollar gewesen war, jetzt aber nur einen weiteren Obelisken der Osterinsel darstellte. Die darin verkörperten Sensationen waren verlorengegangen.
    Wie beim ersten Male, da er die einheimischen Statuen gesehen hatte, für die dieser Ort berühmt war. Damals hatte er das gleiche betrübte Gefühl gehabt.
    …als ob dies ein Ort wäre, wo Hoffnungen gestorben sind.
    Alex wandte sich nach Süden. Dort an der kleinen, zermahlenden Bucht von Vaihu stand eine Reihe aus sieben hoch aufragenden behauenen Steinen, genannt moai, die unter schweren Basaltbrauen die Lippen aufwerfen. Einige trugen zylindrische Knoten aus rötlicher Schlacke auf dem Kopf. Sie blickten landeinwärts, mit Zement verstrichen, wo Restauratoren in späterer Zeit sie aus Fragmenten zusammengefügt hatten. Die grollend schauenden Wächter schienen nicht dankbar zu sein. Vielmehr zeigten sie eine grimmige Miene hartnäckigen Unwillens.
    Ehe er in die Arktis aufbrach, hatte Stan Goldman Alex ein dünnes Buch über die Osterinsel gegeben mit altmodischen Papierseiten. »Sie gehen zu einem der traurigsten und faszinierendsten Plätze der Erde«, hatte ihm der alte Physiker gesagt. »Er hat tatsächlich vieles mit Grönland gemein, das mein Reiseziel ist.«
    Alex konnte sich nicht zwei Orte vorstellen, die einander so unähnlich waren – der eine ein eigener, von Eis bedeckter Kontinent, der andere ein Fliegendreck, gebraten und fast wasserlos inmitten des freien Ozeans. Aber Stan erklärte: »Beide waren Schulbeispiele dafür, wie es sein könnte, auf einer anderen Welt eine Siedlung zu gründen – winzige Niederlassungen, isoliert, ohne Handel oder jede Unterstützung von außen, gezwungen, mit eigener Intelligenz und den mageren lokalen Ressourcen eine Generation um die andere zu leben.«
    Stan schloß bitter: »Ich fürchte, daß es in beiden Fällen der Menschlichkeit nicht besonders gut ergangen ist.«
    Tatsächlich hatte Stan nach dem, was Alex später las, noch untertrieben. Die Hollywoodbilder polynesischer Paradiese ignorierten die Zyklen von Aufschwung und Niedergang durch Überbevölkerung, die jeden Archipel mit verzweifelter Regelmäßigkeit trafen – Zyklen, die hauptsächlich durch ein einziges Mittel geheilt wurden – das blutige Ausmerzen der männlichen Erwachsenen. Filme verwiesen auch nicht auf jenen anderen Holocaust – das Austilgen einheimischer Species –, nicht gerade durch Menschen, sondern durch die Schweine, Ratten und Hunde, die die Kolonisten mitgebracht hatten.
    Die Polynesier selbst verdienten keinen großen Tadel. Die Menschen hatten eine lange Geschichte, daß sie überall Unheil anrichteten, wohin sie kamen. Aber Alex erinnerte sich, daß seine Mutter einmal die Bedeutung des Maßstabs erklärt hatte. Je kleiner und isolierter das Ökosystem, desto schneller wurde jeder Schaden fatal. Und es gab auf der Erde nur wenige Plätze, die so klein, isoliert oder vom Schicksal geschlagen waren wie Rapa Nui.
    Binnen weniger Generationen nach der Ankunft der Menschheit, um 800 n. Chr., war nicht mehr ein Baum stehen geblieben. Ohne Holz für Boote mußten die Siedler dann die See aufgeben – mit jeder Möglichkeit für Flucht oder Handel. Was blieb, war Urgestein, aus dem sie primitive Hütten fertigten… und diese traurigen Ikonen.
    Überbevölkerung und Langeweile ließen nur eine Wahl – endlosen Krieg. Ein kurzes Jahrhundert, nachdem die großen Statuen errichtet waren, war fast ein jeder in Stammesfehden und Vergeltungsmaßnahmen umgekommen. Als dann die Europäer eintrafen – um den Platz arrogant nach einem christlichen Feiertag zu benennen –, hatten die Eingeborenen von Rapa Nui einander fast ausgerottet.
    Als ob wir Moderne es viel besser machten. Es erfordert nur etwas mehr Macht und größere Zahlen, um das auszuführen, was die Leute der Osterinsel nicht konnten… etwas so großes wie den Ozean selbst zu verderben.
    Früher war er an dem einen schmalen Strand der Insel entlanggeschlendert hinauf nach Anakea, wo Hotu Matua vor langer Zeit zuerst mit seiner Schar hoffnungsvoller Siedler landete. Und was Alex zunächst für weißen Sand hielt, erwies sich als eine Streu zerkleinerten Styropors, die aus Packmaterial stammten, das

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