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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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daß man sie anzapfte, sobald ihr Netzwerk vollständig war. Da unten gibt es eine ganze Welt, dachte Alex. Und wir haben gerade erst begonnen, sie zu erforschen.
    Jetzt, da die Grenze zwischen dem flüssigen Kern und dem Mantel in solchem Detail gezeigt wurde, wirkte sie wie die Oberfläche eines fremden Planeten. Es gab Wellenzüge, die Gebirgen erstaunlich ähnelten, und weite, geriffelte Flächen, die vage an Meere erinnerten. Schattenkontinente ahmten Tausende von Kilometern darunter die bekannten nach. Weit unter Afrika zum Beispiel ragte eine Intrusion von Nickel auf wie ein Echo der granitenen Fregatte, die weit oben schwamm.
    Es gab auch ›Wetter‹ – Wolken plastikristalliner Konvektion, die in langsamen Strömen zirkulierten. Gelegentlich flackerten unvorsehbar diese Flüsse in jenen überraschenden neuentdeckten Zustand auf, und Elektrizität ergoß sich in perfekten Blitzschlägen.
    Es ›regnete‹ sogar. Lange nachdem sich das Nickel und Eisen der Erde von den mineralischen Bestandteilen getrennt hatten und in den tiefen Kern abgesunken waren, kam es immer noch vor, daß metallische Tröpfchen sich zusammenballten und nach unten wanderten, wobei sie die Grenze mit geschmolzenen Nebeln, Nieselregen und sogar Platzregen angriffen.
    Ich sollte nicht überrascht sein. Konvektion und Zustandsänderung müßten auch da unten ablaufen. Indessen wirkte das alles gespenstisch und weckte bizarre Vorstellungen. Könnte es auf diesen Schattenmassen ›Leben‹ geben? Leben, für das die plastischen, gewundenen Perovskite des Mantels eine ›Atmosphäre‹ bildeten? Für das die Schlacke aus Granit und Basalt darüber so durchscheinend und kühl war wie für ihn hohe Cirruswolken?
    »Zehn Minuten.« June Morgan umklammerte nervös ihr Klemmbrett. Und Alex stellte fest, daß andere ihn mit ähnlichen Blicken anschauten. Aber im Herzen fühlte er nur eisige Ruhe. Eine grimmige, beherrschte Stille. Sie hatten das Monstrum studiert, und jetzt war Schluß mit der Teratologie. Es war Zeit, das Ding in seiner Höhle anzugehen.
    »Ich mache mich dann besser bereit. Danke, June!«
    Er langte nach seinem Subvokalgerät und paßte den Apparat mit seinen vielen Leitungen an Kopf und Hals an. Während er die Einstellungen vornahm, erinnerte er sich daran, was ihm Teresa Tikhana damals in den Waitomo-Höhlen gesagt hatte, kurz ehe sie sich trennten.
    »…Es ist ein weiter Weg zu der nächsten Oase, Dr. Lustig. Das wissen Sie doch? Eines Tages werden wir andere Welten finden und die vielleicht besser behandeln. Aber ohne die Erde hinter uns, in unserem Rücken, werden wir nie diese zweite Chance bekommen…«
    Alex fügte dem in Gedanken hinzu: Wenn wir diese Schlacht verlieren, werden wir keine zweite Chance verdienen.
    Er ließ aber nichts davon erkennen. Um deren willen, die ihm zusahen, grinste er statt dessen und sprach mit leichtem affektiertem Schnarren.
    »All right, lads, lassies! Sollen wir unseren kleinen Teufel zum Tanz auffordern?«
    Sie lachten nervös.
    Der Resonator schaukelte in seinen gelenkigen Halterungen und drehte sich mit einer Präzision, der kein menschliches Auge folgen konnte. Er richtete sich auf das Ziel aus.
    Und sie fingen an.

 
     
     
TEIL VII

PLANET

Es begann ein erbitterter Kampf zwischen Meer und Himmel und Land.
    Im Ozean war das Leben fleischfresserisch und einfach, eine auf den allereinfachsten Formen gegründete Pyramide, auf das Phytoplankton, das in großen farbigen Fluten gedieh, überall da, wo Sonnenlicht auf Rohmaterialien traf. Von den zum Wachsen und Florieren nötigen Elementen konnten Wasser und Sauerstoff aus dem Wasser entnommen werden und Kohlenstoff aus der Luft. Aber Calcium, Silicium, Phosphor und Nitrate… die mußte man sich anderswo besorgen.
    Manches davon bekam man, indem man seinen Nachbarn verzehrte. Aber früher oder später mußte alles, was im Meer schwebte, aus dem Zyklus ausscheiden und sich zu den ständig zunehmenden Sedimenten in der Tiefe gesellen. Kalte, nach oben gehende Strömungen ersetzten einen Teil des Verlustes und zogen Nährstoffe aus dem schlammigen Boden wieder in die Höhe. Aber das größte Defizit entstand an den Mündungen von Flüssen, die von Regen durchnäßte Kontinente entwässerten. Schlick und Mineralien, die rohen Düngemittel des Lebens, flossen ins Meer wie Glukose aus einem intravenösen Tropf. Auf Land brauchte das Leben lange Zeit, um Fuß zu fassen.
    Und überaus lange gab es nur zarte Filme aus Cyanobakterien und

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