Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
Vom Netzwerk:
hohen Schwingen aus weißem Segeltuch bei Flut durch ein unermeßliches, verschilftes Delta fahren, um sie zu erreichen. Es erforderte einen guten Lotsen, mit den sich verschiebenden Kanälen fertig zu werden. Aber der neue Handelsposten war von piependen Seevögeln leicht zu erreichen. Matrosen vor Anker konnten hören, wie Brecher gegen Sandbänke polterten.
    Der Hafen war gedacht als Berührungspunkt zwischen drei Welten – Süßwasser, Salzwasser und dem kontinentalen Meer der Prärie, das sich jenseits der westlichen Berge erstrecken sollte. Das Dorf gedieh in dieser Rolle und wurde zur Stadt. Die Stadt zur Metropole. Die Zeit verging, so unerbittlich wie der Strom.
    Wenn eine Stadt erst einmal groß und ehrwürdig geworden ist, rechtfertigt sie sich selbst. Jahrhunderte verstrichen. Schließlich spielte die ursprüngliche Daseinsberechtigung für New Orleans kaum mehr eine Rolle. Es kämpfte als ein lebendes Wesen ums Überleben.
     
    Logan Eng schlenderte an einer Aufschüttung entlang und sah zu, wie Frachtschiffe an versunkenen aufgegebenen Docks vorbeiglitten. Dies war einmal der zweitbelebteste Hafen in Nordamerika gewesen; aber jetzt fuhren Frachter daran vorbei, etwa zu den großen Rohrumladestationen von Memphis. An diesem schwülen Abend roch es hauptsächlich nach Kiefernölen mit Pfefferminzaroma von Pflanzungen, die die Stadt angelegt hatte, um andere, weniger angenehme Gerüche zu überdecken. Barkassen der Umweltbehörde beschnupperten mißtrauisch jedes Schiff. Aber laut Logans Exfrau waren es nicht Bilgenverklappungen, die dem Fluß diese schmierige braune Schärfe gaben, sondern die brüchigen Abwasserleitungen der Stadt selbst.
    Natürlich war Daisy McClennon nie um Gründe verlegen. Als opponierende Studierende hatten sie vor langer Zeit gemeinsam die gleichen Schlachten geschlagen. Das waren große Tage gewesen, als man jung war und das Recht auf seiner Seite hatte.
    Aber die Zeit setzt Beziehungen zu, genau wie Städten. Und Daisy, die Puristin, fand es immer schwieriger, mit Logan auszukommen, in dessen Herzen etwas steckte, das Kompromiß hieß. Ihre erste große Auseinandersetzung ereignete sich früh, als Alaska, Idaho und andere Schlupfwinkel schließlich anfingen, Gifte im Haushalt wie Farben in Dosen und Pesticide zu besteuern, um korrekte Entsorgung anzuregen. Logan war begeistert gewesen, aber Daisy rümpfte die Nase und entdeckte einen Schwindel. »Du kennst die Drahtzieher und Geschäftemacher nicht so wie ich«, hatte sie erklärt. »Wenn die so leicht nachgegeben haben, so war es, um größeren Sanktionen später zuvorzukommen. Sie sind Experten darin, den Wind zu prüfen, wenn sie euch Gemäßigten gerade genug Leine freigeben…«
    Logan begann, andere Leute zu beneiden, deren Ehen verfallen oder gedeihen konnten wegen weltlicher Dinge wie Geld, Sex oder Kindern. Er und Daisy hatten ihrerseits immer mehr verdient, als sie brauchten, sogar in diesen knappen Zeiten. Und ihre Liebesspiele pflegten so gut zu sein, daß er sie selbst in mittleren Jahren immer noch für die attraktivste Frau hielt.
    Wie absurd, daß kleine Differenzen in der Politik zwischen sie treten sollten! Differenzen, die er persönlich rätselhaft fand.
    Er erinnerte sich noch immer lebhaft an jenen endgültigen, bitteren Abend, als er bioabbaufähige Geschirrseife von den Händen wischte und ihren Blick zu erhaschen suchte. Er hatte flehentlich gesagt: »He! Ich bin auf deiner Seite.«
    »Nein, das bist du nicht!« hatte sie zurückgekreischt. Ein handgefertigter Teller krachte gegen die Wand. »Du baust Dämme! Du hilfst, daß Bewässerungsanlagen fruchtbares Land ruinieren!«
    »Aber wir haben neue Wege…«
    »Und jeder eurer neuen Wege wird nur mehr Katastrophen mit sich bringen! Ich sage dir, ich kann nicht weiter mit einem Mann leben, der Bulldozer durchs Land schickt.«
    Er erinnerte sich an ihre Augen an jenem Abend vor zehn Jahren, so eisblau und dennoch voller Feuer. Er hatte sie festhalten wollen, ihren vertrauten Duft einatmen und sie bitten, es noch einmal zu überdenken. Aber am Ende ging er in die Nacht hinaus… eine feuchte Nacht wie diese… mit Koffern und stets danach einem Gefühl des Exils.
    Ironischerweise war Daisy ihrem Wort treu geblieben. Sie konnte ihn, wenn auch nicht seine Ansichten, ertragen, sofern er nicht im gleichen Haus wohnte. Die Betreuung von Claire wurde gemeinsam so leicht geregelt, daß Logan sich wundern mußte. War es, weil Daisy ihn als guten Vater kannte? Oder

Weitere Kostenlose Bücher