Erde
ihre Großväter gewesen waren, ehe die Hügel von Drähten und Rohrleitungen und Straßen für Holztransport überzogen waren.
Jetzt waren die Lessé weg. Fort waren auch die Gärten, Straßen, Karabiner und Armeen. An deren Stelle war Regen und noch mehr Regen gekommen… und Dschungel, wie ihn selbst Kaus Urgroßvater nie gesehen hatte. Jetzt suchte Kau sich zu erinnern und seinen Enkeln Fertigkeiten beizubringen, die er selbst früher für drollig gehalten hatte.
Es war alles sehr seltsam. Ohne die alte Distriktklinik starben jetzt viele Kinder. Und dennoch stieg die Zahl der Efé an. Kau konnte das nicht verstehen. Aber man bemühte sich sowieso nicht mehr ernsthaft, die Dinge zu begreifen.
Jetzt sah man einen neuen Eindringling durch die Bäume klettern. Schimpansen, die sich von dem ausbreiteten, was man für ihre letzten Rückzugsgebiete gehalten hatte, vermehrten sich auch. Sie kamen zurück, um ihren alten Bereich zu beanspruchen.
»Sind die gut zu essen, Großvater?« fragte sein ältester Enkel eines Tages, als ihr Weg unter einer kleinen Affenschar vorbeiführte, die sich in dem Baldachin über ihren Köpfen gütlich taten. Kau dachte zurück und erinnerte sich an Fleisch, das er in seiner Jugend gekostet hatte. Das war gar nicht so übel gewesen.
Aber dann entsann er sich auch daran, wie die Efé hinter der Lichtung eines Lessé-Dorfes zu hocken pflegten, wenn auf einem zerfetzten Schirm Filme gezeigt wurden. Der eine hatte eine verwirrende Handlung gehabt, worin Affen gesprochen hatten und man sie doch mißverstanden und mißhandelt hatte in einer jener verrückten Städte der Großen Leute. Er erinnerte sich, betrübt gewesen zu sein und an sie als seine Brüder gedacht zu haben.
»Nein«, sagte Kau seinem Enkel und improvisierte beim Weitergehen. »Sie haben fastmenschliche Geister. Wir werden sie nur essen, wenn wir verhungern. Niemals vorher.«
Eines Tages, nicht lange danach, fand er beim Erwachen einen Haufen Obst neben seiner Hütte. Kau dachte an einen Zusammenhang zwischen den beiden Vorfällen. Das wäre nicht notwendig gewesen.
• EXOSPHÄRE •
Teresa kam wieder zu Bewußtsein und hatte für, einen weltentrückten Augenblick das Gefühl, sie befände sich an zwei Orten zugleich.
Mit der trügerischen Gewißheit von Träumen lag sie entspannt da, zufrieden neben Jasons Wärme. Sie hörte den Atem ihres Gatten und fühlte seinen großen männlichen Körper in der Nähe – sein Gewicht und seine Stärke –, den sie noch vor kurzem auf sich bewillkommnet hatte, als er aus sich selbst, ihr und der Welt ein Kontinuum geschaffen hatte.
Gleichzeitig wußte ein anderer Teil von ihr, daß Jasons Nähe ein Surrogat war, basierend auf einer nahen, aber doch so andersartigen Realität.
Es gibt nichts Dringendes, betonte eine dritte Stimme und drängte auf Nachgeben. Keine dienstlichen Anrufe. Halt die Illusion noch etwas länger fest!
Also versuchte sie weiterhin so zu tun, als ob. Können Träume nicht doch manchmal Wirklichkeit werden, wenn man an sie glaubt?
Nein, das geht nicht. Außerdem bist du jetzt wach.
Und ohnehin, fuhr sie fort, nur um bissig zu sein, ist Jason auf einer Reise ohne Wiederkehr zu irgendeinem fernen Stern.
Ohne die Augen zu öffnen, erinnerte sie sich jetzt daran, wo sie war. Das Eis sagte es ihr. Selbst kilometerweit entfernt ließ der Gletscher ihre Sinne eintauchen, zerrte an ihrem Gleichgewicht und machte sie unsicher. Genau so, wie die Schlafmatratze sie zu dem Gewicht neben ihr zu ziehen schien.
Er zappelt nicht viel, dachte sie von dem Mann, der nur einen Fuß entfernt schlief und mit seiner Masse eine Kuhle in das Schaumgummipolster drückte. Jason pflegte solche jähen kleinen Stöße zu machen… wie ein Hund, der träumt, Kaninchen zu jagen.
Eine Frau muß sich, wenn sie heiratet, an eine Menge gewöhnen; und so hatten Jasons Bewegungen im Schlaf damals zu Anfang manche Schlaflosigkeit bewirkt. Aber das war nicht halb so schlimm, wie wenn er plötzlich ohne erkennbaren Grund aufhörte zu atmen! Der Rhythmus seines leisen Schnarchens setzte aus, und sie fuhr alarmiert hoch.
Der Arzt des Stützpunktes und ein Dutzend gelehrter Referenzen waren nötig, um sie zu überzeugen, daß dieser milde intermittierende Atemstillstand bei erwachsenen Männern an sich kein Grund war, sich Sorgen zu machen. Allmählich gewöhnte sie sich an das alles. An die Zuckungen, das Schnarchen, die plötzlichen Unterbrechungen. Was beunruhigend gewesen war, wurde
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