Erde
dir trennen zu müssen.«
Als er sich bückte, um in ihr Ohr zu flüstern, fand Teresa eine andere Möglichkeit, das zu genießen. »Emma«, murmelte er, indem er den Namen auf ihrem Paß aussprach, den Namen der Frau, die sie bei diesem kurzen Zwischenspiel war.
Als Emma klammerte sie sich an ihn und seufzte wieder.
Stan Goldman begleitete sie zum Flughafen, als für sie Zeit war aufzubrechen. Der kleine Frachtzeppelin war schon vertäut, seine durchscheinenden Flanken zur Sonne gerichtet, um jedes erreichbare Watt auf die Photozellen in seinem Innern zu werfen.
Gemeinsam gingen sie den langen Weg über die offene Moräne. Er war in seine Gedanken versunken und sie in ihre. »Hier, werfen Sie einen Blick darauf!« sagte Stan an einer Stelle und führte sie ein paar Meter nach links. »Sehen Sie das?«
»Sehen was?« Er wies auf einen Haufen Steine.
»Gestern waren die aufgeschichtet. Ich habe sie dahin getan. Heute ist der Stapel umgeworfen.«
Teresa nickte. »Beben.« In ihrem Koffer trug sie Daten über die jüngste Zunahme an lokalen Erdbeben geringer Stärke, die mit den empfindlichsten Instrumenten gesammelt waren. »Warum dieser Seismograph für arme Leute, Stan?«
Der alte Physiker lächelte. »Setzen Sie nie Ihr ganzes Vertrauen auf raffinierte Geräte, meine Liebe! Das ist so schlimm, als wollte man nur dem Glauben vertrauen oder der Mathematik oder den eigenen Sinnen.«
Nun war Teresas Spitzname in der Raumtransportergewerkschaft ›Zeigmir‹- Tikhana. Sie nickte zustimmend. »Ich werde mich bemühen, daran zu denken.«
»Gut! Der Herr hat uns Augen und Phantasie gegeben, Glauben und Verstand, Begeisterung und Hartnäckigkeit. Alles hat seinen Platz.« Er trat gegen einen heruntergefallenen Stein. »Ich fürchte, es wird nicht lange dauern, bis noch viel mehr Leute argwöhnen, daß sich etwas abspielt.«
Bisher berichteten nur einige wenige obskure Quellen im Netz über die Feststellung weltweiter seismischer Aktivität. Aber Teresa wußte, welches Ereignis Stan besonders Sorge machte. »Haben sie das Flugzeug schon gefunden?« fragte sie. »Das in Antarktika?«
Er schüttelte den Kopf. »Sie nehmen an, es hat Bruch gemacht. Aber es gibt keinen Piepser von einem Flugtransponder. Und haben Sie die Meldung jenes Ozonforschers gehört, der behauptet, am Himmel etwas aufblitzen gesehen zu haben? Die Ortung entspricht der letzten bekannten Position des Flugzeugs… und dem Austrittspunkt eines unserer jüngsten Strahlen.
Ich fürchte, wir haben unsere ersten Todesfälle zu verzeichnen.«
Teresa verzieh Stan, daß er etwas übersehen hatte. Oder hatte er recht, wenn er die auf Erewhon Getöteten ausließ? Diese Katastrophe war doch immerhin ein echter Unglücksfall gewesen. Aber diesmal lag trotz allen Vorsichtsmaßnahmen die Schuld direkt bei ihnen. Jeder in ihrem Geheimbund wußte, daß dies Unternehmen noch mehr Menschenleben kosten würde, ehe es vorbei war.
Einige Minuten gingen sie schweigend dahin. Teresa dachte an Sprünge im Eis, Bruchspalten im Boden und Donnergetöse am Himmel.
Sie dachte auch, wie gut es tat, die frische Luft zu atmen. Die Brise des Gletschers auf der Haut zu spüren. Am Leben zu sein.
»Ich wünschte, ich könnte mit Ihnen gehen«, sagte Stan, als sie sich dem hüpfenden Zeppelin näherten. »Ich würde allerhand darum geben, mit Alex und George zu reden und herauszufinden, was in dem großen Bild vor sich geht. Unsere Darstellungen des Erdinnern mit diesem Tochter-Resonator sind dürftig. Der Hauptapparat müßte Alex ein solches Bild der Bestie liefern.«
Teresa erkannte, daß sie Lustig um die Chance beneiden sollte, die Anatomie ihres Feindes aufzuzeichnen, der zu klein war, um außer in atomaren Dimensionen gemessen zu werden, und doch dichter war als ein Neutronenstern. »Ich werde veranlassen, daß er Ihnen mit dem nächsten Kurier ein Porträt schickt. Sie können es sich neben das Bett stellen, zusammen mit Ellen und den Enkelkindern.«
Er grinste über ihr leichtes Necken. »Tun Sie das!«
An der Gangway stehend bot er ihr die Hand. Sie legte statt dessen die Arme um ihn. Ich werde Ellen auch sagen, daß sie ein glückliches altes Mädchen ist.
Als sie über seine Schulter blickte, sah sie am Rande des Feldes einen viel größeren Mann neben einem großen runden Flugkran stehen. Sie dachte: Seine Hände sind wahrscheinlich schon wieder mit Öl beschmiert, und erinnerte sich, wie selbst nachdem Lars sich gewaschen hatte, seine Haut den scharfen und
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