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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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vertraut, tröstlich und normal.
    Aber gerade dann, wenn man sich an jemanden gewöhnt hat. Gerade wenn man den Punkt erreicht hat, daß man sich sonst nirgendwo in der Welt sicherer fühlt. Wenn man fühlt, daß alles gut ist. Dann wird einem alles wieder entrissen. Verfluchte Welt!
    Tränen hatten ein Gutes. Sie wuschen das juckende Gefühl >nach rostigen Schubladen< weg, wenn man nach dem Schlaf die Augen aufmachte. Die flüssige Undeutlichkeit wurde weggeblinzelt, und die Kabine erschien wieder scharf – ein isoliertes vorfabriziertes Zelt mit Rippen aus rohem, gebeiztem Kiefernholz. Die Möblierung war knapp und zweckmäßig – ein kleiner Schreibtisch, Stühle und ein Tisch mit zwei benutzten Kerzen, zwei Gläsern und einer leeren Weinflasche. Ein offener Schrank enthielt genau sechs Kleidungsstücke zum Wechseln, einschließlich eines eindrucksvollen arktischen Anzugs, den man ohne große Veränderungen auch auf dem Mars hätte benutzen können.
    Falls jemals einer zum Mars gehen würde.
    Der Raum war durchdrungen von Gerüchen von den Kerzen, von Maschinen… und anderen Dingen, die Teresa zugegebenermaßen gleichgültig waren. Eine starke Gleichgültigkeit.
    Zum Beispiel ihr eigener Geruch. Ihr Schweiß. Ihr Shampoo. Alles gemischt mit dem überwältigenden Aroma eines Mannes.
    »Guten Morgen, Emma!«
    Sie drehte den Kopf auf dem Kissen und sah, wie seine blaßblauen Augen in die ihren blickten. Er hat mich beobachtet, merkte sie. Er war so still. Ich dachte, er schliefe.
    »Mmmmp«, sagte sie und rieb sich die Augen, um jede Spur von Tränen wegzuwischen. »Gu’n Morgen! Wie spät ist es?«
    Lars blickte über ihren Kopf hinweg. »Recht früh, o ja. Hast du gut geschlafen?«
    »Fein, fein.« Sie stieß ihr Kissen gegen die Kopfwand zurück und richtete sich auf, das Laken über die Brüste haltend. Diese pulsierten noch angenehm von seiner aufmerksamen Untersuchung vor einigen Stunden. Er war so beflissen und interessiert gewesen, daß man hätte meinen können, er wollte sie und jede andere Kontur ihres Körpers auswendig lernen.
    Das war ein gutes Gefühl gewesen. War gut gewesen. Eine Frau braucht von Zeit zu Zeit Wertschätzung und Verehrung. Es hatte ein gutes Dutzend Gründe gegeben, hier ja zu sagen. Er war ein hübscher Mann. Ihre schnellen Bluttests hatten sich als unbedenklich ergeben. Es hatte viel zu lange gedauert. Und Teresa wußte, daß sie nicht im Schlaf sprach.
    Teresa lebte nach Checklisten. Die waren moderne Mantras für Seelenfrieden. Nach jeder logischen Checkliste konnte sie deswegen beruhigt sein. Aber es blieb ein irrationaler Teil von ihr, der eisern nach Entschuldigungen für ein Schuldgefühl suchte.
    »Ich… muß packen«, sagte sie.
    »Es ist erst sechs. Ich wünsche, du könntest noch eine Weile bleiben. Ich werde das Frühstück machen. Ich habe Gletschereis für Kaffee geschmolzen.« In Japan zahlte man fünfzigtausend Yen für ein Kilo des besten zehntausend Jahre alten blauen Eises. Hier brauchte man natürlich weder für Fracht noch für Kühlung oder auch nur eine Steuer für Entnahme von Rohstoffen zu zahlen. Uraltes Eis lag in Gigatonnen draußen vor der Tür.
    »Ich muß heute morgen noch bei einer Sondierung helfen… und der Zep holt mich um fünfzehn Uhr ab…«
    »Emma, ich habe beinahe das Gefühl, du willst von mir loskommen.«
    Sie hatte seine Augen vermieden. Jetzt schaute sie wieder rasch auf. Ah! dachte sie. So nett hat man mir noch nie zugelächelt!
    Lars war alles, wofür der Teenager in ihr hoffen konnte, in Ohnmacht zu fallen. Kräftig und ausdauernd gebaut, war er dennoch sanft und zärtlich mit seinen schwieligen Händen. Sein Gesicht war ein reines Entzücken. Derb, aber doch mit einem unschuldigen Zug um die Augen. Es gefiel Teresa, daß ein so hübscher junger Bursche von ihr derart begeistert war. Das war gut für die Moral. Gut für ihre Selbstachtung.
    Zum Teufel, die letzte Nacht war noch viel besser als gut. Wenn man den einsamen Genuß einer einzigen Nacht überhaupt ›gut‹ nennen kann. Und sicher würde es bei nur einer Nacht bleiben müssen.
    Sie langte hoch und streichelte seine Wange. Die morgendlichen Stoppeln erregten sie. Für den Augenblick war die Realität schön genug. Als seine Hand sanft an ihrer Flanke emporglitt und schließlich über einer Brust zur Ruhe kam, stieß sie einen Seufzer aus, der zu fünfundneunzig Prozent Vergnügen war. Der Rest konnte zur Hölle fahren.
    »Nein, Lars. Ich habe nicht das Gefühl, mich von

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