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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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verweilen.
    Es ist fast ein Jahrhundert her, seit man davon gesprochen hat, Maschinen ›Intelligenz‹ zu verleihen. Und sie rennen immer noch gegen diese Barriere des Selbstbewußtseins an. Sie sagen immer noch: »Es wird in den nächsten zwanzig Jahren oder so sicher kommen!« Als ob sie das wirklich wüßten.
    Sterne glitzerten über dem staubigen Weg, als sie von Kuwenezis kompakter, geduckter und sturmsicherer Arche Vier, vorbei an Feldern neu gekeimten Winterweizens, auf den klaffenden Eingang des alten Goldbergwerks zuging. Das Dilemma verließ sie nicht, als sie mit dem Aufzug tief in die Erde fuhr.
    Simulationsprogramme werden ständig besser. Jetzt imitieren sie Gesichter, führen Gespräche, bestehen Turing-Tests. Manche können einen bis zu einer Stunde zum Narren halten, wenn man nicht aufpaßt.
    Und dennoch kann man es immer merken, wenn man acht gibt. Es sind doch immer nur Simulationen.
    Eine merkwürdige Sache. Laut Theoretikern sollten große Computer schon vor mindestens zwei Jahrzehnten fähig gewesen sein, Denkprozesse auf menschlichem Niveau auszuführen. Aber es fehlte etwas; und als ihr Gespräch mit Nelson sie zur Basis zurückbrachte, glaubte Jen zu wissen, was es war.
    Keine einzige Entität kann für sich allein je ganz sein.
    Das war das Paradoxon. Es war irgendwie vergnüglich wie die alte Vexierfrage: »Dieser Satz ist eine Lüge.« Und hatte nicht Kurt Gödel mathematisch bewiesen, daß kein geschlossenes logisches System jemals alle seine implizierten Sätze ›beweisen‹ kann? Da fehlte etwas. Hatte Donne nicht gesagt: »Kein Mensch ist eine Insel?«
    Wir brauchen Rückwirkung von außerhalb unser selbst. Das Leben besteht aus wechselwirkenden Stücken, frei, herumzuhüpfen und sich umzuordnen. Das ist es, wie ein funktionierendes System entsteht – wie ein Organismus, eine Kultur oder eine Biosphäre.
    Oder ein Intellekt.
    Jen betrat die gut erhellte Kammer, wo das Tangoparu-Team seinen Resonator hatte. Sie blieb beim Hauptdisplay stehen, um zu sehen, wo Beta sich gegenwärtig befand. Eine purpurne Ellipse markierte seine derzeitige Umlaufbahn – die jetzt in ihrem höchsten Punkt die ganze Strecke bis hin zum unteren Mantel aufstieg, wo Quecksilberblitze bei jedem Apogäum aufzuleuchten schienen. Beta verlor jetzt bei jedem Apex an Masse – ein wahrer Meilenstein! –, obwohl es noch eine Weile dauern würde, bis seine Bilanz während der ganzen Zeit ins Debit geraten würde und sie alle einen Seufzer der Erleichterung ausstoßen könnten.
    Jen beobachtete das Flackern des Mantels infolge supraleitender Elektrizität, jener eingepferchten Energievorräte, die die Leute von Kenda anzapften, um den Gazer-Effekt zu betreiben. Ein kurzer titanischer Ausbruch hatte stattgefunden, während sie Nelson besuchte – in Tandem ausgelöst durch die Resonatoren in Grönland und Neuguinea. Der nächste Lauf war in zehn Minuten geplant und würde diese afrikanische Einrichtung mit Neuguinea vereinen in einer Anstrengung, die Apsidenlinie von Betas Orbit etwas zu verschieben.
    Zunächst waren sie und die anderen in Angst versetzt worden durch die Nachricht vom Hauptquartier, wonach die Allianzen von NATO, ANSAC und ASEAN zwei der vier Resonatoren in Besitz genommen hatten. Kenda befürchtete, daß alle ihre Arbeit vergeblich sein würde. Dann kam eine Mitteilung von George Hutton. Alles würde so weitergehen wie zuvor. Der einzige Unterschied war offenbar, daß neue Hilfsmittel und Techniker zur Unterstützung hereinströmen würden. Jen war zynisch gewesen. Das klang zu schön, um wahr zu sein.
    George ließ weiter wissen, daß die Zusammenarbeit mit Oberst Spivey natürlich Grenzen haben würde. Die Osterinsel und Südafrika sollten unabhängig bleiben. In dieser Hinsicht war er eisern. Auf diesen beiden Plätzen würden keine Neulinge zugelassen werden. Kendas Team reagierte mit einer Mischung aus müder Resignation und Erleichterung. Die Hilfe wäre ihnen willkommen gewesen, aber sie verstanden Huttons Gründe.
    »George ist sich hinsichtlich dieser Verbindung nicht so sicher«, hatte Kenda ihnen allen bei einer Zusammenkunft vor einigen Tagen gesagt. »Und das genügt mir.«
    Jen wunderte sich, daß keine Nachricht von Alex kam. Jetzt, da sie auf sicheren militärischen Frequenzen kommunizierten, völlig unabhängig vom Weltdatennetz, sollte der Junge doch ungehindert offen sprechen können. Da stimmte etwas nicht. Sie hatte ein Gefühl, daß mehr im Gange war, als jeder sagte.
    Sie

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