Erde
Niedergangs zum Mitteldeck zurückgelegt, ungeduldig, zu seiner mysteriösen Maschine zu gelangen.
»Mark wird helfen, sobald der Tunnel unter Druck steht, Colonel.«
Ein Astronaut im Raumanzug inspizierte den transparenten Durchgang zwischen der Luftschleuse der Plejaden und Nearpoint. Er winkte durch das Hinterfenster: »Alles sicher.«
»Ich werde mich um Spivey kümmern«, sagte Mark und fing an, sich loszuschnallen.
»Fein!« Aber Teresa beobachtete noch den Raumfahrer draußen. Er war in der Bucht geblieben, nachdem er fertig war; und sie wollte gern wissen, warum.
Der Mann von der Station kletterte auf einen der Tanks am hinteren Ende, sicherte seine Leine an der obersten einzelnen Kugel… und wurde dann völlig bewegungslos mit vor sich halb ausgestreckten Armen in der als ›Raumfahrerhocke‹ bekannten entspannten Position.
Teresa unterdrückte ihre momentane Besorgnis. Natürlich. Ich kriege es.
Da er dem Zeitplan ein wenig voraus war, ergriff der Bursche eine Gelegenheit, die viel zu selten kam. Er beobachtete, wie die Erde vorbeirollte.
Der Planet füllte den halben Himmel und dehnte sich bis zu fernen dunstigen Horizonten. Direkt unten lief ein weites helles Panorama ab, das sich niemals wiederholte – strahlende Topographien, die stets vertraut und doch immer wieder aufregend waren. Gegenwärtig näherte sich ihr Kurs über Grund von Westen her Spanien. Teresa wußte das, weil sie wie immer Standort und Kurs erst kurz zuvor kontrolliert hatte. Zur Bestätigung kam bald der bucklige Fels von Gibraltar in Sicht.
Große Druckwellen strömten gegen die Säulen des Hercules, wie sie es schon immer getan hatten seit jenem Tage vor Zehntausenden von Jahren, als der Atlantische Ozean die Landzunge durchbrochen hatte, welche Europa und Afrika verband, und in das von Gras bewachsene Becken geströmt war, das das Mittelmeer werden sollte. Schließlich war eine neue Balance zwischen Binnenmeer und Weltmeer entstanden; aber es war seither immer ein Spannungsgleichgewicht geblieben.
Wo sich einst der große Wasserfall ergoß, herrschte jetzt ein Wechselspiel täglicher Gezeiten in komplexen Mustern von Zurückweichen und Anschwellen, gebündelt und reflektiert durch den Trichter zwischen Iberien und Marokko. Aus großer Höhe betrachtet schienen stehende Wellen die Gewässer auf Hunderte von Kilometern zu durchziehen; aber diese Gipfel und Senken waren in Wirklichkeit ganz seicht und erst entdeckt worden, nachdem Kameras den Weltraum eroberten.
Teresa fand die Wassermuster wieder einmal sehr schön als Bestätigung der Liebe der Natur für Mathematik. Und nicht nur das Meer zeigte Wellenbewegungen. Teresa schaute auch gern auf hochgetürmte Stratocumuli und vom Wind zerfetzte Cirruswolken hinab. Aus dem Weltraum wirkte die Atmosphäre so dünn – ein Film, zu zart, um das Leben aller zu tragen. Und dennoch spürte man von hier auch die große Macht dieser Schicht.
Andere wußten das auch. Teresas scharfe Augen machten funkelnde Lichtflecke aus von Düsenflugzeugen und den stärker verbreiteten Zeppelinen mit ihrer an Wale erinnernden Form. Durch Wettermeldungen des Netzes gewarnt, machten sie kehrt, um einem Sturm zu entrinnen, der sich westlich Lissabon zusammenbraute.
Mark Randall rief aus dem Gang im Mitteldeck: »Der ungeduldige Soundso hat die innere Tür schon aufgemacht! Ich sollte besser übernehmen, ehe er eine Beschwerde der Union auslöst.«
»Tu das!« antwortete sie ruhig. Mark verstand es, mit den Passagieren umzugehen. Sie einigte sich mit dem Frachtkontrolleur draußen in der Bucht. Ausnahmsweise wurden keine Gebühren verlangt. Teresa genoß den herrlichen Moment, da sie ihren Atem, ihren Herzschlag und die Rotation der Erde empfand.
Mein Gott, ist das schön!
So kam es, daß sie direkt, nicht durch Myriaden Instrumente der Plejaden, sah, wie sich die Farbe der See veränderte – flüchtig und rasch. Als sie erstaunt blinzelte, wurden die Sturmwolken durch Pulsationen gepeitscht.
Dann schien die Erde sich plötzlich ihr entgegenzuneigen. Es war eine eigenartige Sensation. Teresa empfand keine Beschleunigung. Sie wußte aber irgendwie, daß sie sich schnell und trägheitslos bewegten, den Naturgesetzen zuwider.
Ihr kam der Gedanke, es könnte eine Form von Raumkrankheit sein. Oder vielleicht hatte sie einen Anfall. Aber keine dieser Erwägungen hemmte den Reflex, der sie veranlaßte, auf den Notalarmknopf zu drücken. Mit der gleichen fließenden Bewegung ergriff sie ihren
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