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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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protestierte sie schnaufend. Aber sie wich nicht zurück, bis sie beide Augen an seiner Schulter abgewischt hatte. Als er schließlich eine Gelegenheit fand, sie anzuschauen, waren diese rot, aber trocken.
    Es waren Monate vergangen, seit er zuletzt chez McClennon besucht hatte. Damals sorgte die feuchte, aromatische Luft des Sommers für lange, träge Abende im Licht von Glühwürmchen. Jetzt lag eine winterliche Schärfe in dem steifen Zephyr des Golfs, der die Zweige der Zypressen peitschte. Bei Claire spürte er eine zitternde überreizte Spannung.
    Er wandte sich um, um den Fahrer zu bezahlen, aber der Mann ignorierte Logans angebotene Kreditkarte. Er beugte sich vor, hielt sich ein Ohr zu und lauschte angespannt auf eine neue Kurzmeldung, die über seinen Hörknopf im Ohr hereinkam. Dann schrie er plötzlich bestürzt auf, startete den Motor und haute ab! Fast instinktiv langte Logans Hand in die Tasche nach seinem eigenen Empfänger.
    Aber nein, er hatte sich von den Händeln der Welt verabschiedet. Während seine Familie ihn brauchte, mochte das Universum sich selbst verteidigen.
    »Was soll das alles heißen, daß deine Mutter sich in ihrem Zimmer einschließt?« fragte Logan seine Tochter.
    Der Wind zauste Claires rötlichbraunes Haar. »Papa, es ist noch schlimmer. Sie hat den ganzen Flügel ihres Hauses unter Strom gesetzt.«
    »Was?«
    »Sie will nicht einmal auf das Interkom antworten, obwohl ich sicher bin, daß sie da drinnen emsig arbeitet…« Claire brach ab, als ein Schmerzensschrei um die Hausecke kam.
    »Das ist Tony«, erklärte sie und nahm Logans Arm. »Er wollte versuchen, ein Fenster aufzustemmen.«
    »Scheint großartig geklappt zu haben«, bemerkte Logan, als er mitgezogen wurde. »Sei nett!« mahnte sie ihn. »Tony ist gut. Er hat es nur noch nie mit Daisy zu tun gehabt.«
    Logan kam um die Ecke und sah einen schlaksigen schwarzhaarigen Teenager, der sich einen Arm hielt und an versengten Fingern lutschte. Auf dem Boden rauchte ein Schraubenzieher mit Extraisolierung, die die Haut des Jungen vor noch schlimmeren Verbrennungen bewahrt haben mußte. »Hallo, Mister Eng!« sagte Tony.
    »Selber hallo!« antwortete Logan. Er dachte: Also hat er noch nicht mit Daisy zu tun gehabt? Ich habe Nachrichten für diese beiden Kinder. Oder auch nicht. Jedenfalls nicht wirklich.
    Wenn man der Sache auf den Grund geht, so bin ich sicher, daß niemand je welche hat.
    ¤
    Draußen in der realen Welt versuchen sie, gegen sie vorzugehen. Militärpersonen zerschlagen mit dem Hammer Siegel auf Marschflugkörpern und umgehen verzweifelt alle Notsicherungen. Sie programmieren die Roboter um für die Suche von Plätzen, die nie auf Listen für mögliche Ereignisse genannt wurden – um über weitere Flächen von Niemandsland zu fliegen und andere Maschinen zu vernichten… Maschinen, die jetzt auf große Distanzen Todesstürme auslösen.
    Natürlich machen die Menschen beim Versuch, so vieles, was es noch nie gegeben hat, auszuführen, auch Fehler. Sie suchen Information durch das Netz anzupeilen und verraten damit ihre Absichten. Vorgewarnt läßt Daisy ihre tödlichen Strahlen durch militärische Vorposten schneiden und entblößt diese von lebenden Mannschaften, so daß die Roboter unbesetzt und nicht einsatzfähig sind.
    Natürlich hat eine solche Verzögerungstaktik ihre Grenzen. Letztlich werden überlebende Soldaten es schaffen, die Resonatoren einen nach dem anderen auszumerzen. Trotz des Chaos im Netz wird ein intelligenter Hacker schließlich den gewundenen Weg ihrer Befehle entziffern und all dies zu ihr zurückverfolgen. Wenn genug Zeit ist.
    Aber die Zeit ist jetzt auf ihrer Seite. Mit jeder Minute, die verstreicht, wird Daisy stärker. Bald werden ihre Geschöpfe autark sein, angetrieben durch Ströme im eigenen Dynamo der Erde. Sie werden Todesstürme wirbeln lassen, so andauernd wie das Wetter – Sensen des Unheils, verzahnt und gestimmt, eine beschränkte spezielle Ernte einzubringen – die Menschheit.
    »Antikörper«, sagt sie und gibt ihren Geschöpfen biologische Metaphern. »Ich stelle Antikörper her gegen einen Parasiten.«
    Wie die Nemesis der Sage einst unerbittlich Mörder gejagt hat, so sieht sie sich selbst, indem sie Rache nimmt für die erschlagene Seekuh, Vergeltung für den längst toten Moa und Buße für verschwundene Kondore. »Jede Species bedarf natürlicher Kontrollen, und den Menschen hat eine solche viel zu lange gefehlt.«
    Sie glaubt an eine rechte Ordnung der Dinge.

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