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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Schalter umzulegen. »Oh, verdammt!« rief sie, als sie den unheilvollen Krach vernahm, mit dem Metallbolzen unter Belastung wegsprangen. Das angeknackste Rückgrat der alten Raumfähre beklagte sich mit einem furchtbaren Kreischen, als Teresa ein plötzliches Anschwellen von Schwere spürte – das Gefühl im Hosenboden, wenn man sich im Flug befindet.
    Das kann nicht sein! Dies Schiff kann nicht fliegen… dies Schiff kann nicht fliegen… dies Schiff kann nicht fliegen…
    Die Flügel konnten keine Startbelastung aushalten. Sie hatte Röntgenbilder des gebrochenen Schiffsrückens gesehen – der Hauptgrund dafür, daß die Atlantis nach ihrer Notlandung auf dieser verlassenen Insel aufgegeben wurde.
    Einer Insel, die es nicht mehr gab, soweit sie es mit verrenktem Kopf erkennen konnte. Die Atlantis stieg auf einer Feuersäule auf, aber es gab keine Rakete.
    Statt dessen sauste sie auf einer sich aufbäumenden vulkanischen Flamme empor, die wiedererwacht war und brüllte, wo ganz kurz zuvor noch eine kleine polynesische Insel friedlich den Wellen getrotzt hatte.
    Mit einem durch die Beschleunigungskräfte verzerrten Gesicht packte Teresa die Steuerknüppel des Cockpits und empfand eine seltsame Freude. Vielleicht hatte sie in irgendeinem Winkel ihres Geistes schon die ganze Zeit vermutet, daß es einmal dazu kommen würde. Plötzlich fürchtete sie nichts mehr. War es nicht die beste aller möglichen Arten, sich zu verabschieden? Im Fluge? Am Steuer eines lieben alten Vogels, den man nie auf einem Sockel hätte verrosten, sondern nur im Weltraum sterben lassen sollen?
    Selbst die Gefühle in den Eingeweiden waren großartig. Ihr war so, wie ihr Vater sie als kleines Mädchen in die Luft zu werfen pflegte, wobei sie ganz sicher gewußt hatte, daß er da sein würde, um sie aufzufangen. Um sie immer vor Unheil zu bewahren.
    Vor Unheil…
    Diese Worte schienen in ihr widerzuhallen. Und als sie zwinkerte, wuschen Tränen des Glücks diese Farbkleckse fort, die verblaßten, verschmolzen und schließlich zur Seite rückten, um einen schwarzen Kosmos freizugeben, überlagert von einer weichen Decke nicht flimmernder Sterne.
    Teresa seufzte bei der plötzlichen Erkenntnis. Es fühlte sich genau so an, als ob sanfte Arme die Atlantis wieder heimbrächten. Die von ihr sorgfältig wiederhergestellten Instrumente brummten und summten um sie herum, in grünen und braunen Farben leuchtend. Sie blickte durch eine Frontscheibe, die durch Feuer gesäubert war, und sah den Mond über dem weichen, gebogenen Rand der Erde aufsteigen.
    ¤
    Um die Hauptstütze ihres Feindes loszuwerden, hatte Daisy zeitweilig ihre selektive ›Antikörper‹-Methode vergessen und eine gröbere, endgültige Kraft eingesetzt. Binnen Sekunden gibt es die Insel nicht mehr.
    Na schön! Damit war kein größeres Ökosystem verlorengegangen. Ein geringes Opfer.
    Aber noch wichtiger war, daß die Hexe Wolling jetzt keinen Anker mehr hatte. Ihre überraschend starken Programme – so eindrucksvoll durch die Tiger-Ikone dargestellt – könnten einen Gegner für das bedeuten, was Daisy in der Tiefe hatte. Aber sie können nichts ausrichten ohne eine Verbindung zur Oberflächenwelt, zum Netz. Und die ist jetzt zerschnitten!
    »Sehr eindrucksvoll, Wolling«, murmelt Daisy befriedigt. »Du hast mich überrascht. Aber jetzt heißt es, Abschied nehmen.«
    Ganz deutlich zeigt das Holo jetzt den Drachen im Vorrücken, wie er eine erschöpfte, zerzauste Katze zurückdrängt, welche trotzig schreit.
    •
    Jimm Suarez wußte, daß er auf dem Boden der alten Kuwenezi-Goldmine ein privilegierter Beobachter war. Er konnte nicht nur den Kampf zweier Metaphern beobachten, die jeden bedeutenden Holo-Kanal beherrschten, sondern er konnte auch die Instrumente seines verlassenen Betriebes benutzen, um etwas von dem wirklichen Kampf tief unten zu verfolgen.
    Zum Beispiel sah er den Moment, da vier Resonatoren gleichzeitig feuerten, um Rapa Nui gänzlich aus dem Südpazifik zu pusten. Eine andere Kraft schien dem antreibenden Gazerstrahl um bloße Momente vorauszueilen, aber es könnte auch nur ein Schatten gewesen sein, der vor den entscheidenden Bolzen geworfen worden war.
    Seit diesem Moment schien die Flut tatsächlich umzukehren. Mehr und mehr Filamente und fein vernetzte Kanäle schienen unter die Kontrolle der Macht zu kommen, die er jetzt als den Feind erkannte. Es war erschreckend, die Wende der Ereignisse zu beobachten.
    Wahrscheinlich wäre es klüger, das nicht zu tun.

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