Erde
auch Stunden später mit verheerender Wirkung hochzugehen. Eines Tages trafen sie dieselbe Gruppe von Ra-Boys im Park. Als sie sie verließen, kratzten die sich in Verwirrung den Kopf und dachten kaum daran, sich sobald wieder mit Siedlern anzulegen.
Roland sprach davon, vielleicht in eine der friedenbewahrenden Einheiten einzutreten.
Remi holte sich historische Texte aus dem Netz.
Sogar Crat schien nachdenklicher zu werden, indem er jedesmal, wenn er die Beherrschung zu verlieren drohte, innehielt und dachte, was Joseph sagen würde.
Niemand machte sich große Sorgen, als Joseph eines Samstag nicht erschien. Aber beim zweiten ungeklärten Fehlen wurden Remi und die anderen besorgt. Zu Hause schrieb Remi mit seinem Heimcomputer ein schnelles Spürprogramm und gab es ins Netz.
Nach zwei Sekunden kam die Meldung vom Tod des alten Mannes.
Die Abschiedszeremonie war friedlich. Es erschienen einige desinteressiert dreinblickende Enkelkinder, die lieber anderswo zu weilen schienen. Remi, Roland und Crat wären die einzigen gewesen, die Tränen vergossen hätten, wenn das ihrer Art entsprochen hätte.
Immerhin war er alt gewesen. »Wenn je ein Mann ein erfülltes Leben gelebt hat, dann war ich es«, hatte Joseph einmal gesagt. Und Remi glaubte ihm das aufs Wort.
Er dachte: Ich hoffe nur, daß ich es halb so gut machen werde.
So kam es wie ein Schuß aus heiterem Himmel, als Remi eines Abends auf das Nachrichtensignal seines Heimcomputers antwortete und eine knappe Mitteilung von Roland fand.
(E)UNSERE NAMEN AUFGEFÜHRT IM PROGRAMM FÜR EINE NETZSHOW…
»Richtig!« lachte Remi. Das Gesetz besagte, immer wenn jemand irgendwo im Netz wiedergegeben war, müßte er in die Verzeichnisse aufgenommen werden. Dadurch wurde jedes wöchentliche Verzeichnis dicker als alle Bibliotheken der Welt vor 1910.
»Wahrscheinlich macht irgendein Senior von Quayle High eine Version des Jahrbuchs für das Netz…«
Aber sein Gelächter verklang, als er den Rest las.
(E)ES IST AUF EINER DATENBASIS ZUM GEDENKEN AN KRIEGSVETERANEN. UND RATE MAL, WER ALS AUTOR GENANNT IST…
Remi las den Namen. Ihm wurde kalt.
Jetzt keine voreiligen Schlußfolgerungen, sagte er sich. Er könnte uns bloß erwähnt haben… eine nette Bemerkung, wie er drei junge Burschen kennengelernt hatte, ehe er starb.
Aber sein Herz raste, als er die korrekte Netzadresse suchte. Er siebte Schicht um Schicht durch, vom allgemein zu speziell und superspezifiziert, bis er zuletzt bei der noch keinen Monat alten Akte ankam.
(E)DIE ERINNERUNGEN VON JOSEPH MOYERS: EPILOG: MEINE LETZTEN WOCHEN – BEGEGNUNGEN MIT DREI KONFUSEN JUNGEN MÄNNERN.
Was danach folgte mit vollem Bild und Ton plus Erzählung, begann mit jenem Nachmittag, als sie sich kennengelernt hatten und einer improvisierten Gerichtsverhandlung, wo eine Ulme sie vor dem gleißenden Himmel beschattet hatte.
Ein Neutraler hätte den Bericht vielleicht mitfühlend und friedlich genannt. Manch einer hätte sogar Josephs Kommentar warm und liebevoll genannt.
Aber Remi war nicht neutral. Er sah entsetzt, wie sein, Rolands und Crats Bild der Reihe nach dargestellt wurden, wie sie über private Dinge redeten, die wie zu einem Beichtvater gesprochen wurden, aber irgendwie durch eine verborgene High-Fidelity-Kamera aufgenommen waren.
Er hörte betroffen, wie die Stimme Josephs als Herausgeber die Jugendlichen beschrieb, die mit ihm seine letzten Wochen geteilt hatten.
»… hatte ich das Herz, ihnen zu sagen, daß sie niemals nach Patagonien oder Antarctica gehen würden? Daß die Neuen Länder reserviert sind für Flüchtlinge von Katastrophenregionen? Und daß es auch nicht genügend aufgetaute Tundra gibt, um sich zu bewegen?
Diese armen Jungen träumen davon, in irgendein verheißenes Land auszuwandern; aber Indiana ist ihr Schicksal, jetzt und morgen…«
Das habe ich gewußt, dachte Remi bitter. Aber mußtest du der Welt erzählen, daß ich so blöd war, einen Traum zu haben? Verdammt, Joseph! Mußte du all das jedermann offenbaren?
Eine neutrale Gesellschaft hätte Remi trösten können. Der alte Mann hatte nicht zu sehr vielen Leuten gesprochen. Es lag in der Natur des Netzes, daß die meisten publizierten Einsendungen nur von einer oder zwei Personen gelesen wurden außer dem Autor selbst. Vielleicht ein Prozent fand Zugang zu hundert oder mehr. Und weniger als ein Stück unter zehntausend hatte weltweit je genug Zuschauer, um einen größeren Versammlungssaal zu
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