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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Ahnherr aller Gräser mit einem Male einen Weg, den Boden wie einen Teppich zu bedecken mit zähen, fasrigen Blättern, die jeden Sonnenstrahl aufsaugen. Andere Pflanzen wurden durch einen Ansturm von Gräsern zurückgedrängt, teilweise bis zur Ausrottung. Aber für gewisse Tiere – diejenigen, welche die richtigen Gegenanpassungen machten – eröffnete das Auftauchen von Gräsern Möglichkeiten. Huftiere, mit mehrfachen Mägen und der Fähigkeit zum Wiederkauen, konnten von den zähen Stengeln fressen und sich so auf hügligen und ebenen Gebieten verbreiten, die zuvor kaum animalisches Leben gekannt hatten.
    So mußten sich auch manche Farne zurückziehen, als Blütenpflanzen auftauchten; aber die Sieger teilten ihren neuen Wohlstand mit all den krabbelnden, fliegenden und kriechenden Wesen, die kamen, um sich von Nektar zu nähren und sie mit Pollen zu befruchten. In Newtonschen Nischen verbreitete sich eine Menge neuer Formen… Insekten, Vögel, Säugetiere…
    Natürlich kam die Erfindung einer Species manchmal nur dieser selbst zu Nutze. Ziegen entwickelten eine Fähigkeit, fast alles zu fressen, bis hinab zu den Wurzeln. Ziegen vermehrten sich. Hinter ihnen breiteten sich Wüsten aus.
    Dann erschien eine andere Kreatur, deren Originalität ohne Vorbild war. Und in deren Gefolge gediehen einige andere Arten. Die gewöhnlichen Katzen und Hunde. Die Ratten. Stare und Tauben. Und die Kellerassel. Inzwischen minderten sich die Chancen für jene, die weniger imstande waren, die umfangreichen neuen Nischen zu teilen – riesige Flächen von gepflügten Feldern und gemähten Wiesen, Straßen und Parkplätzen.
    Das Aufkommen der Gräser hatte der Geschichte der Welt unauslöschlich seinen Stempel aufgeprägt.
    Dasselbe sollte das Zeitalter von Asphalt und Beton tun.

 
• HOLOSPHÄRE •
     
    Jen Wolling fand die Ndebele-Riten von Gaia entzückend. Das Wissenschaftskollektiv des Kantons Kuwenezi hatte alle Sperren aufgehoben und nichts gespart, um eine Demonstration ihrer Ergebenheit aufzuziehen. Wer die üppige Feier bei Fackelschein unter einem mitternächtlichen Mond sah, hätte sich vorstellen können, daß man den Tag der Erde selbst feierte, und nicht nur eine Abschiedsparty für eine alte Frau, die sie erst vor knapp vierzehn Tagen kennengelernt hatten.
    Tänzer in traditionellen Kostümen hüpften und wirbelten vor der Tribüne der Würdenträger und stampften mit bloßen Füßen auf dem festgetretenen Boden zum Takt dröhnender Trommeln. Gefiederte Armbänder flatterten wie erregte gefangene Vögel. Speere prallten auf Schilde, als Männer in hellen Lendentüchern Sprünge machten, die der Schwerkraft zu spotten schienen. Frauen in bunten dashikis wedelten mit Weizenähren, die für diese Zeremonie außerhalb der Saison eigens gezüchtet waren.
    Jen bewunderte die geschmeidige Schönheit der Tänzer, straff und kräftig wie die eines Hengstes. Schweiß floß in Bächen und bedeckte ihre dunklen braunen Leiber mit athletischem Glanz. Ihr Rhythmus und ihre Stärke waren gewaltig, triumphierend und wunderbar sexuell, was Jen zu einem Lächeln veranlaßte. Obwohl der Zweck dieses Abends die Verehrung einer sanften metaphorischen Göttin war, war die Choreographie an viel älteren Riten orientiert, die von Fruchtbarkeit und Gewalttätigkeit handelten.
    »Es ist weit, weit besser als in den Tagen des Neokolonialismus«, sagte ihr der hochgewachsene Direktor. Mit gekreuzten Beinen zu ihrer Linken sitzend, mußte er sich weit hinüberbeugen, um über der Trommelkadenz gehört zu werden. »Damals früher unterhielten die Ndebele und andere Stämme Truppen professioneller Tänzer, um Touristen anzulocken. Aber diese jungen Männer und Frauen praktizieren in ihrer Freizeit ausschließlich aus Liebe dafür. Jetzt bekommen nur noch wenige Außenseiter dies zu sehen.«
    Jen bewunderte, wie der Fackelschein auf der Stirn und dem dichtgelockten Haar von Direktor Mugabe schimmerte. »Ich fühle mich geehrt«, sagte sie, kreuzte die Arme über dem Herzen und machte eine leichte Verbeugung. Er lächelte und erwiderte die Geste. Seite an Seite sahen sie zu, wie Reihen junger ›Krieger‹ schreckliche Risiken eingingen und zum Entzücken klatschender Frauen und Kinder wirbelnde Speere gegeneinander warfen.
    Dieser Tanz mochte ehrwürdig und alt sein; aber es gab keine Beziehung zu Primitivität. Jen hatte gerade etwa zwei Wochen als Beraterin mit Kuwenezis Experten verbracht und alles erfahren über die Pläne des

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