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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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der unwirksamen Genübertragung durch Viren – kann keine Species jemals von den schwer errungenen Lehren einer anderen profitieren. Bis jetzt war jede darin für sich, schlug sich alleine durch und hortete das Gewonnene, ohne von jemand anderem zu lernen.
    Was ich vorschlage, ist, all das zu ändern, ein für allemal. Zum Teufel, wir tun das schon! Schaut auf die jahrhundertealte Bemühung, Merkmale bei Pflanzen zu mischen, etwa um Resistenz gegen Seuchen von einer Wildart in eine andere zu übertragen, die als Nahrungspflanze dient. Man nehme nur ein solches Produkt, nämlich Legukorn, das seinen Stickstoff selbst bindet. Wie viele produktive Ackerländer und Feuchtgebiete hat es gerettet durch Eliminierung des Bedürfnisses von künstlichem Dünger! Wie viele Menschen hat es vor dem Hungertod gerettet?
    Oder nehmen wir ein anderes Programm – jene Vogelarten zu retten, die kein übermäßiges Ultraviolett vertragen, durch Einfügung von Adlercondonen, damit die Augen ihrer Nachkommen so unempfindlich werden wie die von Bussarden oder Falken. Die glückliche Zufallsentdeckung einer Art kann jetzt mit anderen geteilt werden.
    Oder man nehme unsere Experimente in der London-Arche, wo wir eine verschwundene Species neu schaffen, indem wir langsam das Genom eines Wollmammuts in eine Elefantenmatrix einbauen. Eines Tages wird eine Art, die seit Jahrtausenden erloschen ist, wieder herumlaufen.«
    Eine Frau in der dritten Reihe hob die Hand. »Aber ist das nicht genau das, gegen das die radikalen Gaianer protestieren? Sie nennen es Bastardisierung von Arten…«
    Jen erinnerte sich, daß sie an dieser Stelle gelacht hatte. »Ich bin nicht für die Radikalen.«
    Eine ganze Anzahl im Publikum hatte da gelächelt. Die Ndebele teilten ihre Verachtung der Tadel und sogar Drohungen jener, die sich selbst zu Hütern moderner Moral ernannten.
    Ohne Zweifel war die Grundidee hinter der Einladung an sie, hierherzukommen, Prestige gewesen. Das südliche Afrika erlitt partielle Isolierung von dem immer enger werdenden Handels- und Kommunikationsnetz der Welt, großenteils deshalb, weil das Commonwealth immer noch eine rassistische und ökonomische Politik praktizierte, die anderswo längst aufgegeben worden war. Ohne Zweifel waren sie überrascht, als eine Nobelpreisträgerin wirklich zusagte. Dieser Besuch würde Jen in Schwierigkeiten bringen, wenn sie heimkehrte.
    Das war es aber wert. Sie hatte hier Verheißungsvolles gesehen. Abgeschnitten, wie sie waren, sahen diese archaischen Rassensozialisten familiäre Probleme auf ganz besondere Weise. Oft lächerlich, aber dennoch reizvoll. Sie hatten eine großen Vorteil, indem sie sich nicht darum kümmerten, was der Rest der Welt dachte. In dieser Art waren sie Jen recht ähnlich.
    Sie hatte entgegnet: »Worauf es mir ankommt, ist das Ganze. Und das Ganze erfordert Verschiedenheit. In dieser Hinsicht haben die Radikalen recht. Diversität ist der Schlüssel. Aber es muß nicht die gleiche Verschiedenheit sein, wie es sie vor der Menschheit gab. Sie kann gar nicht die gleiche sein. Wir befinden uns in einer Zeit der Veränderungen. Die einen Species werden verschwinden und andere ihren Platz einnehmen, wie es schon früher geschehen ist. Ein in Stein eingefrorenes Ökosystem kann nur zu einem Fossil werden.
    Wir müssen klug genug werden, den Schaden zu minimieren, und dann eine neue Diversität schaffen, die fähig ist, in einer fremden neuen Welt zu bestehen.«
    Von allen Anwesenden hatten einige verwirrt oder empört ausgesehen. Andere hatten beifällig genickt. Aber einer, der Junge in der ersten Reihe, hatte sie angeschaut wie betäubt. Sie hatte sich damals gefragt, was sie gesagt hätte, das ihn so betroffen machte.
    Jen wurde in die Gegenwart zurückgeworfen; als Direktor Mugabe ihren Namen über dem Rhythmus der tönenden Trommeln nannte. Sie blinzelte, kurz verwirrt, während Hände sie sanft bei den Ellbogen faßten und halfen aufzustehen. Lächelnde Frauen in hellen Kostümen drängten sie nach vorn. Ihre weißen, tadellosen Zähne blitzten im flackernden Licht der Fackeln.
    Jen seufzte. Sie begriff. Als älteste anwesende Frau und Ehrengast konnte sie sich nicht weigern, bei dem Opfer zu dienen… ohne ihre Gastgeber zu kränken. Also vollzog sie die Bewegungen – sie verbeugte sich vor dem Kreis der Mutter, nahm die Weizengarbe entgegen und goß das reine Wasser aus.
    So viele Leute hatten sich dieser Sekte angeschlossen – Bewegung, Zeitgeist… man nenne sie, wie man

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