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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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Zwiebeln. Ungewöhnlich für eine Frucht, aber davon falle ich jetzt nicht um. So schlimm ist das doch wirklich nicht. Die Menschen fotografieren mich. Ich lächle. Wieso stellen die sich so an?
    Der alte Thai nimmt das große Fleischermesser in die eine Hand und die Durian in die andere. Einhändig dreht er die Frucht geschickt, bis etwas erscheint, das wie ein sehr pickeliger Hintern aussieht. Auch nicht besonders erschreckend. Jeder Pfirsich und jede Pflaume hat so was. Genau hier schneidet er ein.
    Der Geruch wird intensiver. Der Schwefel schlägt stärker durch. Die Menschen um mich herum werden bleich. Sie unterdrücken ihren Ekel, weil sie meine Reaktion sehen wollen.
    »Was? Riecht wie ein Schwefelbad in Bad Orb. Halb so wild.« Es ist mir bewusst, dass mich nur Maarten verstanden hat. Trotzdem sind die anderen beeindruckt.
    Den Thais dagegen läuft das Wasser im Mund zusammen. Sie werden ganz nervös. Ihr Frühstück ist nur wenige Minuten her, und trotzdem wirken sie wie ein Gehege voller Wölfe, die sich seit drei Wochen nur ein Eichhörnchen teilen konnten. Der Alte bricht den Rest der Frucht auseinander und holt mit dem Messer lange dicke vanillegelbe Fruchtstücke aus den Kammern. Die Schale ist sehr dick und die Ausbeute nicht besonders groß. Ein lautes Palaver geht los, und plötzlich landet Geld auf dem Tisch.
    »Sie wetten, wie viele Kerne in einem Segment stecken«, erklärt mir Maarten, der sich sehr zusammenreißen muss, um Worte und nicht sein Frühstück aus dem Mund fallen zu lassen.
    Der alte Thai schneidet in die weiche Masse und quetscht zwei dunkelbraune kastaniengroße Kerne heraus. Der jüngste Thai macht Luftsprünge und Freudenlaute, als er das Geld einsteckt. Die anderen murren, sabbern aber kurz darauf schon wieder.
    Die Handys und der Fotoapparat klicken.
    Der Alte schneidet ein Stück von dem Fruchtfleisch auf einer Serviette ab und gibt es mir. Es ist totenstill. Nicht mal vom Wald auf dem Berg oder von der Straße kommen Geräusche. Neuseeland hält die Luft an, bis ich in eine Durian beiße.
    Der Geruch ist wirklich sehr schwefelig. Gepaart mit rohen Zwiebeln, die schon mindestens einen Tag geschnitten rumliegen und einem recht alten Limburger Käse. Die Masse ist weich. So schlimm kann es nicht werden. Im Zweifel ist es eine herzhafte Frucht.
    Ich beiße rein und nehme ein ordentliches Stück in den Mund. Die Menge jubelt. Ich bin überrascht. Die Durian schmeckt gut. Etwas süßlich. Die Farbe schlägt im Geschmack durch: Ich schmecke eindeutig Vanille. Oh, jetzt kommt die leicht angefaulte Zwiebel dazu. Schärfe auch. Merkwürdig, aber gut. Sie schmeckt eindeutig besser, als sie riecht. Ich weiß gar nicht, was alle haben.
    »Du darfst heute keinen Alkohol mehr trinken! Eigentlich müsstest du Mangostan dazu essen, damit du die Durian besser verdauen kannst, aber wichtiger ist das mit dem Alkohol!«, warnt mich Maarten.
    »Wiescho?«, frage ich mit vollem Mund.
    »Derbe Magenkrämpfe.«
    »Okay. Kriege ich noch ein Stück?«
    Die Leute um mich herum unterliegen der Faszination zwischen Ekel und Bewunderung, wie man sie einem Schwertschlucker entgegenbringt. Die Thais essen nun auch schon und geben begeisterte Geräusche von sich. Sie bieten den Umstehenden etwas von ihrer Durian an, aber niemand sonst hat den Mut.
    »Hast du schon mal probiert? Ist wirklich lecker!«
    »Ja, sicher, habe ich schon. Ist mir nicht so gut bekommen.«
    Ich beiße noch mal herzhaft hinein. Das Zwiebelaroma nimmt zu, auch die Intensität der Schärfe. Das Vanillearoma nimmt ab. Es kommt mehr überreifer Limburger dazu. Die Frucht ist mächtig. Sie ist eigentlich viel zu groß. Und diese riesigen Kerne. Die sollten doch sicherlich im Magen eines Tieres zum nächsten Keimort transportiert werden.
    »Fressen Elefanten Durians?«
    Maarten übersetzt. Die Thais schütteln den Kopf oder zucken die Schultern. Jetzt ist nicht die Zeit, um zu reden.
    Mir reicht es. Das dritte Stück lehne ich ab. Ich habe genug. Die Frucht ist wirklich sehr sättigend.
    Ich werde mit Applaus entlassen, muss aber meine Hände mit Toilettenreiniger unter Maartens Gartenschlauch waschen.
    »Geh vorne wieder rein und lass die Fenster zu, bis die hier fertig sind. Und wie gesagt: bitte kein Alkohol heute!«
    Ich nicke fröhlich. War doch alles gar nicht so wild.

    Ich putze mir zum vierten Mal die Zähne und die Zunge. Mein Gaumen fühlt sich an, als würde er in Fetzen hängen. Die zerfleddernde Schärfe der Durian, die nach

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