Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)
weiter, als wäre damit alles gesagt.
Natsuko diskutiert weiter. Sie ist sehr höflich, bleibt aber bei ihrer Meinung. Sie zeigt auf die anderen Gäste im Raum. Die Thais wirken jovial und sind nicht bereit, auf ihr Begehren zu verzichten. »There’s no prohibition sign against Durian.« Natsuko wirkt verzweifelt. Offenbar ist das ein gutes Argument. Maarten kommt mit einem großen Messer zurück. Ein Blutbad!
»Maarten, es gibt doch sicher eine andere Lösung«, rufe ich und halte seinen Arm fest.
»Was soll ich sonst tun?« Maartens niederländischer Akzent ist deutlich zu hören. »Ich kann nicht zulassen, dass unsere Gäste das hier machen. Aber auf der Straße geht es auch nicht.«
»Das kann doch nicht dein Ernst sein. Nur weil sie eine Duam haben … Was ist das überhaupt? Nun steck doch erst mal das Messer weg! Maarten!«
Natsuko und die Thais haben aufgehört zu diskutieren und warten ab, was zwischen Maarten und mir passiert. Das ist im Augenblick spannender. Ein Thai holt eine Kamera raus. Er knipst, steht auf, geht um uns herum und schießt weitere Fotos. Die Thais am Tisch stecken die Köpfe zusammen, so dass sie lächelnd mit aufs Bild kommen. Der Fotograf nimmt Maartens Messerhand und positioniert sie mitten ins Bild. Er freut sich, dass er so spektakuläre Aufnahmen machen kann.
Natsuko sagt etwas zu ihrem Mann, das ich nicht verstehe.
»Du weißt nicht, was eine Durian ist?«, fragt er mich daraufhin.
»Nein. Das sag ich doch.«
Maarten lässt das Messer sinken. Der Fotograf knipst weiter.
»Die Durian ist eine Frucht.«
»Ihr geht mit einem Messer aufeinander los wegen einer Frucht?!«
»Die Durian ist nicht irgendeine Frucht. Sie ist die Königin der Früchte. Sagen die einen. Die anderen sagen, sie sei die Königin des Gestanks.«
»Ihr geht mit einem Messer aufeinander los wegen Obst. Ich fasse es nicht.«
»Sie stinkt.«
»Ja, meine Güte, dann riecht sie nicht gut, was soll’s! Darüber muss man doch nicht so lange streiten und dann auch noch – Messer!!!«
»Du verstehst nicht. Das Messer ist für die Durian.«
»Dann dürfen sie sie essen?«
»Ja, aber nicht in diesem Raum. Es ist ein Kompromiss. Ich gebe ihnen ein altes Messer, und statt zum Strand zu laufen, dürfen sie sie hinten im Garten essen, auf unserer Terrasse, wenn sie alle Abfälle wieder einpacken und weit weg entsorgen. Natsuko traut ihnen nicht und denkt, sie könnten die Reste in den Wald schmeißen oder in eine Mülltonne irgendwo hier im Viertel.«
»Jetzt mach aber mal einen Punkt. Das sind doch nur Früchte!«
Der Thai fotografiert weiter.
»Eine Frucht.«
»Von mir aus, eine Frucht. Wenn sie sie essen wollen, kann sie ja wohl nicht so schlimm sein.«
Maarten übersetzt meine Worte. Alle im Raum lachen. Natsuko, die anderen Gäste, die Bedienung und sogar die Thailänder. Der Fotograf redet auf mich ein. Es ist klar, was er will. Ich soll mitkommen und etwas von der Frucht probieren. Maarten und Natsuko nicken. Ihre Körper beben vor lautlosem Lachen.
Wir gehen gesammelt auf die Terrasse. Alle wollen sehen, was gleich passiert. Langsam wird mir mulmig. Ein paar Gäste telefonieren und teilen ihren Liebsten mit, dass eine verrückte Deutsche gleich eine Durian essen wird. Andere halten ihre Handys griffbereit, um das Ereignis zu filmen oder zu fotografieren. Ich spüre, wie ich schwitze. In Australien gibt es kleine Beeren in Griffhöhe von Kleinkindern. Eine einzige davon hat genügend Gift, um mehrere Erwachsene zu töten. Neuseeland ist doch nicht ganz so gefährlich wie Australien, oder?
Natsuko verschließt Fenster und Türen, als sie rauskommt. Maarten holt einen Gartenschlauch und steht mit einem Toilettenreiniger in der Hand bereit.
Der Älteste der Thais öffnet die Kühltasche. Darin befindet sich ein weiterer Kühlbeutel und in Tüchern eingewickelte Kühlakkus. Der Mann holt die innere Kühltasche raus und schält sie von einem melonengroßen Teil ab, das in Papier eingewickelt ist. Vorsichtig drückt er das Papier an den Rändern hinunter. Zum Vorschein kommt eine völlig überdimensionierte Litschi in einem durchsichtigen Vakuumpack. Die großen dicken Stacheln sind leicht gebräunt und der Rest eher grünlich, aber ansonsten sieht sie lediglich wie eine melonengroße Litschi aus. Das kann doch so schlimm gar nicht werden. Ich mag frische Litschis.
Der Thai öffnet den Vakuumbeutel. Die Menschen um mich herum stöhnen auf. Ich rieche ein wenig Schwefel. Wie Eiersalat mit
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