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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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Tontaubenschießen veranstaltet. Zwischen den Ziegeln liegen Plastikkanister, Reifen und leere Tonnen im Sand. Kabel hängen ungekürzt aus den Wänden, und eine Treppe in den ersten Stock wirkt nicht wie neu gebaut, sondern wie frisch entkernt.
    »Wie weit ist es noch?«, frage ich.
    Khaled schaut auf seine Nusstüte, als wisse sie die Antwort. »Zwanzig Minuten«, schätzt er, doch kaum hat er es ausgesprochen, hält er schon wieder an, weil ihn jemand am Straßenrand erkannt hat.
    »Khaled!!!«
    »Ammar!«
    Der Mann nähert sich auf dem Bürgersteig rechts von uns, so dass Khaled sich über mich beugt, um ihm ein paar Wangenküsse zuzuhauchen. Der kantige, arabische Singsang beginnt erneut, sie lachen und zünden im Hirn des anderen Kopfkino-Raketen mit den Anekdoten aus zwei Jahren. Ich stelle fest, dass mich diese Tradition aufregt, und das nicht nur, weil wir uns gerade auf einer Rettungsmission befinden. Ich selbst habe in meinem Manifest für die Unvollkommenheit darüber geschrieben, dass man gepflegt Zeit vergeuden soll. Jetzt bin ich einem Land, wo die Leute es tatsächlich tun, und möchte die ganze Zeit auf meine Armbanduhr tippen und zur Eile mahnen. »Khaled«, merke ich zaghaft an und zupfe ihn am T-Shirt. »Caterina. Rahime. Rettung.«
    Er bemerkt es, lässt aber noch sieben Sätze sprudeln, bevor er sich von seinem Bekannten verabschiedet und sich wieder gerade in den Fahrersitz setzt. Er sieht mich an, der Motor brubbelt im Stand.
    »Geduld ist Schlüssel der Freude. Arabisches Sprichwort.«
    »Aber wir sind doch nicht zum Vergnügen hier!« Jetzt keife ich, kneife die Augen zusammen und werde an den Schläfen rot, wo einst meine Koteletten saßen.
    Khaled berührt meine Schulter, legt den Gang ein und fährt weiter.

    Die Hotelanlage Giktis, in der Caterina und Rahime sich verstecken, liegt zwanzig, dreißig Meter tiefer als die Küstenstraße. Auf der Fahrt durch Zarzis war am Horizont rechts von uns die ganze Zeit das Mittelmeer zu sehen. Da ich nervös bin, fummele ich an Khaleds iPod herum, scrolle durch die Titel und finde unter Deutschland, eingequetscht zwischen Dänemark und Djibouti, lediglich »Wind of Change« von den Scorpions, »Roboter« von Kraftwerk und »Wer wirft den ersten Stein« von Peter Maffay.
    »Du hast nur drei deutsche Titel hier drauf, und einer davon ist ›Wer wirft den ersten Stein‹ von Peter Maffay?«
    Khaled nimmt die Hände vom Steuer: »Habe ich gefragt Freunde nach typisch deutsche Rockstar. Sie sagen: Maffay. Obwohl, ist Rumäne.«
    »Ja, aber das Lied war nicht mal eine Single. Wir haben das früher bei einem Freund auf dem Balkon gehört, während unten auf der Straße Demonstrationen tobten. Volksaufstand.«
    »Aufstand? In Deutschland? War nicht zuletzt 1989?« Khaled stellt sich dümmer, als er ist, und scheint froh zu sein, dass nun das Tor des Hotels vor uns erscheint. Ich hebe den Finger, um weiterzudiskutieren, doch Khaled ignoriert es und grüßt durch mein Beifahrerfenster hindurch den Mann, der im kleinen Wachhaus sitzt.
    »Khaled!!!«, ruft er die international anerkannte Begrüßung. Es würde mich auch nicht mehr wundern, wenn ihn im Vatikan der Papst so begrüßt. Wir rollen einen steilen Weg hinab. Rechts von uns sind die Rabatten bunt bepflanzt, links führen Stufen aus hellem Bruchstein hindurch, die lange niemand mehr betreten hat. In einer prangt ein hundegroßes Loch. Der Eingang des Gebäudes sieht mondän aus. Heller Marmor und breite Säulen, ein Angestellter wischt, was eigentlich schon sauber ist. Im Foyer plätschert Wasser neben einer breiten Wendeltreppe ins Untergeschoss. Uralter Dixieland-Jazz aus unsichtbaren Boxen versetzt den Raum unter orientalischen Leuchtern in die Zwanziger. Links hinten schaut man auf einen Schmuckladen. Am Ende rechts beheimatet das Foyer ein Kiosk mit Postkartenständern, Limonadenkühlschrank und einem Karton voller gebrauchter Taschenbücher. Der Rezeptionstresen ist so lang, dass Terence Hill eine halbe Stunde bräuchte, um einen Gegner komplett darüberzuschleifen. In kleinen, gleichmäßigen Holzfächern lehnen die Schlüssel für 335 Zimmer mit ihren schweren, goldfarbenen Anhängern. Das freudige »Khaled!!!« ertönt im Kanon, als der kleine Rezeptionist aufspringt und gleichzeitig junge Männer aus dem Schmuckladen, dem Kiosk und der Tür zum Poolbereich herangestürmt kommen. »Khaled! Khaled!« Sie umschwärmen und umarmen ihn. Der junge Mann, der von draußen kommt, ist dünn und groß,

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