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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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die Leute sich streiten. Trotzdem bilde ich mir ein, dass mindestens eine der Stimmen noch gereizter klingt. Die Männer gehen an unserer Tür vorbei. Die Stimmen werden leiser. Als sie gar nicht mehr zu hören sind, hüllt uns die Dunkelheit noch ein bisschen mehr ein.
    »Das war er«, haucht Rahime.
    Mein Herz klopft, aber ich muss sie beruhigen. »Dachte ich mir schon«, sage ich, gelassener, als ich bin, »aber was sollen sie machen? Sie wissen nicht, ob wir überhaupt hier sind, und selbst wenn, wo sollen sie anfangen zu suchen? 335 Zimmer aufzubrechen dauert so seine Zeit und macht zudem viel Lärm.«
    »Er kann sich Schlüssel besorgen.«
    »Offensichtlich nicht, sonst hätte er sie bereits benutzt.«
    »Ist dein Handy komplett aus?«
    »Nein, ich habe auf Vibrationsalarm gestellt. Wenn Hartmut anruft, sollten wir das wissen.«
    »Dann solltest du jetzt drangehen.«
    »Ich höre nichts.«
    »Jetzt hat’s auch aufgehört.«
    Ich greife zu meiner Tasche. Mein Handy springt mir in die Hand und zieht mich unter die Bettdecke.
    Eine SMS.
    Caterina, mi vida, ich bin täglich unruhiger. Sag mir, dass bei Dir alles in Ordnung ist. Sonst komme ich nach Tunesien. Alejandro
    Meine Wangen erwärmen sich. Das muss an der Luft unter der Bettdecke liegen. Ich tippe:
    Lieber Alejandro,
    es ist verzwickt, aber ich bin in Sicherheit. In den nächsten Tagen komme ich nach Deutschland zurück. Ich freue mich darauf, Dir meine Bilder zu zeigen. Das Foto von meinem neuen Arbeitsplatz habe ich natürlich erhalten und mich direkt darin verliebt. Vielen Dank! Du hast Dir so viel Mühe gegeben. Es ist toll geworden!
    Ich rufe Dich an, wenn ich in Deutschland bin.
    Deine
    Caterina
    > Hartmut

< Hartmut
    Großer Pirat
    25. 03. 2011
    33° 8′ 17.33″ N, 11° 13′ 35.17″ E
    Eben noch St. Petersburg, jetzt Djerba. Die Stimmen der eifrigen Russen rattern noch in meiner Ohrmuschel. Sie haben »gute Geschäfte« mit Khaled gemacht, obwohl er die ganze Zeit nüchtern blieb. Ich hatte das erste große Etappenziel auf dem Weg zur Einsamkeit geschafft und dann? Anruf, Umkehr, ab in den Süden.
    Djerba.
    Wenn meine Mutter dieses Wort aussprach, dachte ich in meiner Kindheit grundsätzlich an weiße Strände, strahlende Menschen und die Spiegelung des Meers in den Sonnenbrillengläsern großer Frauen in Sommerkleid und weißem Strohhut.
    Djerba.
    Ein Synonym für Ferien in Hochglanzoptik, so wie Litauen ein Synonym war für finstere Landschaften apokalyptischer Kriegsspiele. Und jetzt das. Ich brause mit Khaled durch Straßen, deren kleine Häuser aussehen wie in El Mariachi oder Desperado . Weiße, abgeblätterte Fassaden und hellblaue Fensterläden. Uralte Ladenschilder aus verwittertem Holz, kleine Obststände vor Gitterfenstern und brüchige Bordsteine. Es ist nicht finster, im Gegenteil, es atmet Sonne, aber es wirkt auch so, als könne jeden Augenblick der Messerwerfer mit den Narben im Gesicht um die Ecke biegen und Antonio Banderas mit zwei Kanonen in der Hand auf die Motorhaube fallen.
    »Da fehlt der erste Stock«, sage ich und zeige auf ein Haus, in dessen Erdgeschoss die Kellnerin faltige Männer bewirtet, während die Etage über dem Café noch im Rohbau ist.
    »In Tunesien«, kommentiert Khaled und isst eine Nuss, »du baust, bis Geld alle. Kommt neues Geld, machst du weiter.«
    »Und in der Zwischenzeit darf man im Erdgeschoss ein Café betreiben?«
    »Sicher«, nickt er, als sei das südlich von München überall das Normalste auf der Welt. Junge Männer knöttern auf Mopeds an uns vorbei. In einer sandigen Gasse steht eine Ziege zwischen zwei Häusern, vor denen Autos parken. Ein Pick-up überholt uns. Seine Stoßstange hängt halb herunter, da sich das Panzertape, mit dem sie festgeklebt wurde, gelöst hat. Straßenschilder sehe ich kaum, Hausnummern überhaupt nicht. Ich bin in dem Land, das einen historischen Wandel durchmacht, weil sich ein Gemüsehändler verbrannt hat. Wenn ich die Leute so beobachte, kann ich mir kaum vorstellen, dass sie genug Zorn haben, eine Revolution durchzuziehen.
    Ich frage mich, was uns in Zarzis erwartet. Ob es Caterina gutgeht. Wer das Mädchen ist, das sie versteckt. Eben wollte ich noch in das ewige Eis, jetzt rumpele ich im März bei 24 Grad im Schatten durch das wuselige Leben einer Gegend, deren Unfertigkeit so locker und selbstverständlich daherkommt wie die Gastfreundschaft radikaler Hausbesetzer, die dich in ein schmuckloses, eiskaltes Zimmer führen, auf dünne Matratzen in

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