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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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mir vorzustellen, dass diese Bodenplatten erst 1999 gegossen wurden. Sie wirken eher, als wären hier schon in den Sechzigern Gäste drübergelaufen, Männer mit Hüten und Frauen, die gerade die Beatles entdeckt haben. Ich erwarte bei diesem Gedanken, dass der Professor hinter einer Agave hervorguckt und einen Vortrag gegen die Beatmusik als falschem Bewusstsein beginnt, aber zu meinem Erstaunen bleibt die Agave allein.
    Ich stelle mir vor, wir wären aus ganz normalen Gründen hierhergekommen. Unsere Familie, mit Lisa. Wir hätten den größten aller Banditen an der Rezeption nach Minigolfschlägern gefragt, und er hätte uns angesehen, als wollten wir Saurierskelette ausgraben. Gleich sehe ich Caterina wieder. Sie ist seine Freundin, nicht meine, aber ich bin so aufgeregt, dass meine Hände in der Hitze ganz kalt werden. Es ist das erste Mal seit so langer Zeit, dass ich jemanden aus unserer Familie wiedersehe. Ich bin nicht vorbereitet. Ich wollte allein in das ewige Eis.
    Houssen erklärt Khaled etwas auf Arabisch, und er übersetzt es für mich: »Die Männer waren hier. Verfolgermänner. Fragen herum, in allen Hotels. Laufen über Gelände wie Dingos. Houssen sagt, der Mann von dem Mädchen, er hat viele Kontakte. War, wie heißt es? Architekt? Nein, Bauunternehmer. Unter Ben Ali. Großes Netz.«
    Ich sage: »Komm schon, Khaled. Du hast viele Kontakte.«
    Er winkt ab und sieht dabei quer über die Beete und Agaven in die Ferne, als beginne er gerade, seinen Plan zu schmieden. »Mein Freund«, sagt er, »eines du musst wissen. Ich habe nur Kontakte zu freien Männern.« Er neigt den Kopf und fixiert mich mit seinem Rückspiegelblick. Er zählt sie auf, die freien Männer, den Zeigefinger am Daumen: »Große Banditen. Kleine Banditen. Mittlere Banditen. Nationalmannschaft. Und Familie.«
    Houssen schaut sich in alle Richtungen um, bevor er mit dem Zeigefinger am Hosenbund unauffällig auf eines der Häuschen zeigt. Die Fensterläden sind geschlossen. Da ist sie drin. Caterina. Houssen steht Schmiere. Pfeifend schlendert er in Schlappen, einfach nur ein Animateur, der Pause hat.
    »Du gehst«, sagt Khaled. »Kennt dich.«
    Die Tür öffnet sich. Licht fällt auf das breite Bett, das am Kopfende mit kleinen Mosaiksteinen verziert ist, deren Muster über den gemauerten Nachttischchen ausläuft. Aus der Wand ragt eine schmale Theke mit den gleichen Mosaikkacheln. Sie fungiert als Schreibtisch. Der Raum wirkt karg, vor allem, da keinerlei Bilder an der Wand hängen.
    »Hartmut!«, höre ich Caterinas Stimme im Dunkel, noch bevor ich ihr hübsches Gesicht sehe. Das flüchtige Mädchen sitzt auf dem Bettrand. Ihre langen schwarzen Haare fallen ihr auf den Rücken wie ein seidener Schleier. Caterina sieht mich merkwürdig an. Als sei ich ein anderer geworden. Nicht nur, weil die Koteletten ab sind. Das hat sie sofort gesehen, ein Blick rechts, einer links, dann ist es abgehakt. Ihr Fremdeln geht tiefer.
    Ich mache einen Schritt auf sie zu und drücke sie so fest, dass ihr die Luft wegbleibt. Tränen schießen mir in die Augen, sekundenschnell, der Pfropf fliegt mit Hochdruck aus meiner Brust und flippert durch das Zimmer. Ich lasse ihn. Caterina windet sich kichernd aus meiner Umklammerung. Der skeptische Blick ist noch da, aber sie hat gespürt, dass ich es bin.
    »Wo sind deine Koteletten?«, fragt sie und lächelt dabei, wie man lächelt, wenn bleischweres Schweigen endet und man endlich wieder gemeinsam atmen und über veränderte Frisuren plaudern kann, ohne das Gefühl zu haben, heuchlerisch wie viktorianische Landfrauen einen schwelenden Konflikt zu überspielen.
    »Lange Geschichte«, sage ich und füge schnell hinzu: »Du hast mir immer noch nicht mitgeteilt, wie’s Susanne geht.«
    Caterina lächelt beruhigend: »Du wirst es nicht glauben. Sie ist einfach so nach Neuseeland geflogen. Um die halbe Erde. Erzähl ich dir alles genauer unterwegs, ja?«
    Neuseeland. Einfach so. Hier einsteigen. Dort aussteigen. Es ist das Schönste, was man tun kann, wenn das Ziel stimmt.
    Ich drehe mich um: »Das ist Khaled.«
    Caterina gibt ihm die Hand: »Ich weiß zwar immer noch nicht, wer Sie sind, aber danke, dass Sie uns helfen.«
    Rahime steht vom Bett auf und schwebt herbei. Sie mustert uns sehr misstrauisch, weil sie ihr Grundvertrauen in Männer verloren hat. Allerdings scheint Khaled sie weniger nervös zu machen als ich. Wir lassen es geschehen. Soll sie uns prüfen, solange sie möchte. Nach zwanzig Sekunden

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