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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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Susanne

< Ich
    Würdeloser Winseler
    25. 03. 2011
    51° 26′ 52.87″ N, 7° 15′ 19.08″ E
    Klack.
    Klack.
    Klack.
    Ich drücke die linke Taste des Laptop-Pads jetzt seit Tagen. Jedenfalls fühlt es sich so an. Es gibt nur noch mich, das Mailprogramm und die Hoffnung, dass Caterina antwortet und den Hebel in der Kontrollzentrale für die Lebenslegitimation des Mannes wieder auf »okay« umlegt.
    Aber – es kommt nichts.
    Klack.
    Klack.
    Klack.
    Immer nur Werbung. Dealgigant, MED-Apotheke, Swiss Money, Spenden für Fukushima, Tunesienhilfe, Fernsehlotterie. Wie sagte meine Mutter immer? Sie wollen alle nur dein Bestes – dein Geld.
    Klack.
    Klack.
    Klack.
    Warum liest sie nicht meine Post? Oder liest sie und schweigt? Anrufen kann ich sie nun erst recht nicht mehr. Das würde meine Mutter »würdeloses Winseln« nennen. Einer der beiden Zustände, in dem sie Männer früher beschrieb. Entweder waren sie »aufdringliche Affen« oder »würdelose Winseler«. Am besten war es folglich, wenn sie die Frauen ganz in Ruhe ließen.
    Klack.
    Klack.
    Klack.
    Ich muss runter zu Nestor gehen. Ich lasse ihn sitzen in seinem Wahn, den Zwei-Meter-Turm aus Maxis neben sich. Ich bin doch sein Therapeut in der Real Life Assistance. Ich muss nach ihm sehen.
    Ich stehe auf und fahre ins Erdgeschoss. Im Aufzugblech sind die Kratzer, die wir mit den Füßen der Wanne verursacht haben. Ich nähere mich Nestors Tür. Am Schildchen daneben steht der Name Luis Alberto Camorra. Hinter dem roten Holz höre ich allerdings kein fanatisches Tippen, sondern eine schöne Klaviermelodie. Sie klingt nicht wie von CD, sondern selbstgespielt. Ich kenne sie. Das sind die Töne, wegen deren sich Hartmut mal einen Tag lang mit Zwölftonmusik und Free Jazz geißelte, weil er diesem eleganten Samtpop verfallen war und sich das nicht erlaubte. Da drin spielt jemand Donald Fagens »The Nightfly« auf einem Klavier. Ich bollere gegen die Tür. Augenblicklich verstummt die Musik. Ich höre hastige Schritte. Glas splittert auf dem Boden. Nestor flucht. Die Tür öffnet sich. Vor der Spüle liegt eine zersprungene Flasche Tomatenketchup.
    »Na super«, sagt er, »das war Jütro-Ketchup, den muss ich rezensieren und habe noch kein bisschen davon probiert.« Er beugt sich zum Boden und steckt den Finger in die Trümmer.
    Ich halte ihn auf: »Lass das, du schluckst winzig kleine Splitter, und die perforieren deinen Darm.«
    Ich suche den Raum mit den Augen nach einem Klavier ab. Auf dem Schreibtisch vor dem Rechner liegt eine aufrollbare Keyboard-Matte. Ich stapfe über die Matratze zu dem Instrument und drücke eine Taste. Nestor schließt die Tür.
    »Ich wusste gar nicht, dass du Klavier spielen kannst.«
    »Was heißt können?«, winkt er ab. »Ich habe ein bisschen geklimpert, während das Nudelwasser kocht.« Auf dem Herd steht ein Topf, dessen Deckel leise Dampf entlässt.
    »Du hast ›The Nightfly‹ gespielt. Das Lied hat, nun ja … eine gewisse Bedeutung in meinem Leben.«
    Nestor wischt sich den Ketchup vom Finger: »Kann gar nicht sein. Das war nur ein wenig Improvisation. Und überhaupt, was machst du hier?«
    »Nach dir sehen?«, antworte ich, schnippisch wie ein Schulmädchen. Auf dem Schreibtisch liegt nur die Klaviermatte. Die CD-Stapel wurden ins Regal geräumt.
    »Hast du schon alle Maxis durchgebloggt?«
    »Was? Ja. Ich koche jetzt«, sagt er, öffnet den Schrank und holt Nudeln, Zwiebeln und ein Glas Würstchen heraus. »Das muss ich alles noch testen. Also gibt’s heute Nudeln mit Röstzwiebeln, Wurst und Ketchup. Wobei, der Ketchup ist ja nun hinüber.«
    Nestor wirkt irgendwie anders als sonst. Nervös und fahrig, aber völlig ohne Nickhaut. Er legt eine Zwiebel auf ein Brettchen und nestelt ein kleines Messer mit gelbem Plastikgriff aus der Schublade.
    »Was schreibt man denn zu Zwiebeln?«, frage ich. »›Ein grundsolider Klassiker für Fans‹, oder was?«
    »Es gibt große Unterschiede in den Ausprägungen der Allium cepa.«
    »Testest du diese Klaviermatte, oder hast du sie schon länger?«
    »Ich teste sie.«
    »Ich hab in deinem Warenbestand noch nie ein Instrument gesehen.«
    Nestor schiebt seine Augenbrauen nach vorn und grummelt. Der Ärger übermannt ihn beim Häuten der Zwiebel.
    »Das ist mein Zimmer, da kann ich doch wohl testen, was ich will.«
    Was regt er sich so auf? Ist ja fast so, als hätte ich ihn bei etwas erwischt. Nestor hackt die Zwiebel gekonnt in kleine Würfel. Immer noch keine Nickhaut. Er schaltet

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