Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)
grinsen und sage: »Da hast du wohl recht, aber gilt das auch für das hier?« Mein Daumen streicht über die übriggebliebene Schminke an Arnes Wange. Ich zeige ihm meinen schwarzen Daumen und gebe mich amüsiert.
»Your Moko is not big enough for the Durian German.«
»Not masculine enough!«
»Not strong enough!«
Arne erträgt lachend die Lästereien der Umsitzenden, bis der Hangi geöffnet wird.
Wir gehen zu dem Erdofen. Als er abgedeckt wird, jubelt meine Nase, mein Gaumen erbebt, und mein Magen knurrt aggressiv die Menschenmassen um mich herum weg. Er scheint nicht sehr erfolgreich zu sein, denn ich spüre, wie sich eine Hand auf meine Taille legt. Unter meinem Hemd. Direkt auf meiner Haut. Es fühlt sich nicht grapschend an, sondern zärtlich und selbstsicher. Wahrscheinlich ein falscher Griff in der Menge. Ich fasse die Hand und drehe mich zu dem daranhängenden Arm um. Es ist Arnes. Sein Blick sagt: ›Ich weiß, was du gedacht hast.‹ Er entzieht mir seine Hand und gibt mir einen Teller. Ich schaue in den Erdofen. Jetzt in der Dunkelheit sieht man die Lavasteine nach all den Stunden noch innerlich glühen.
Das Essen sieht perfekt aus. Nichts wirkt nach all der Zeit verkocht oder ungleichmäßig gegart. Und der Geruch ist wirklich einmalig.
»Möchtest du Schaf, Rind oder Huhn?«
»Ich probiere gern ein bisschen von allem.« Falsche Antwort. Wieder so ein Blick. Das Gemüse nehme ich mir lieber selbst.
Als ich Mere sehe, frage ich sie, ob sie nicht mit uns essen möchte. Auch Hu und Liam kommen an unseren Tisch.
Das Essen ist köstlich. Lecker gewürzt, und alles hat ein leichtes Raucharoma. Ich entspanne mich und genieße unsere Runde.
Aus dem Erdofen kommt noch immer eine leichte Wärme. Es ist schön hier, wenn es so still ist. Der Mond scheint hell. Alle schlafen, draußen auf Liegen oder auf Matten im Marae.
Ich sehe mir die Schnitzerei am Hausgiebel an. Figuren und Zeichen. Ein paar davon meine ich von den Mokos der Männer wiederzuerkennen, aber ich kann mich auch irren. So gut ist das Licht hier nicht. Im Versammlungshaus ist jeder Balken ebenfalls stark mit Schnitzereien dieser Art verziert. In der Mitte des Marae steht ein Tiki – eine Götterstatue mit Moko-Linien im Gesicht, wie sie auch die Tänzer vor ein paar Stunden getragen haben. Ich bin berauscht von den Eindrücken und freue mich über die Ruhe. Jetzt brauche ich nur noch einen Blick aufs Meer.
Immer, wenn ich heute auf Toilette ging, habe ich einen anderen Weg genommen, um mich hier ganz nebenher ein wenig umzusehen. Dabei habe ich entdeckt, dass man nicht weit gehen muss, um an eine Stelle zu kommen, von der aus man aufs Meer schauen kann. Es ist nicht so nah wie in Wellington, aber ich werde es sehen können.
Immer wieder bleibe ich stehen und genieße mit geschlossenen Augen die Geräusche und Düfte der Natur. Der Weg nimmt mich an die Hand und führt mich direkt dorthin, wo ich hinmöchte. Eine Lichtung öffnet den Blick über weite Täler und ganz hinten zu den Wellen, auf denen sich das Mondlicht spiegelt. Ich seufze und lehne mich an einen Baum.
Es schnauft. Ich reiße die Augen auf, um mehr zu sehen. Es schnauft noch einmal. Ich bin doch wirklich zu dusselig. Wer weiß, ob es hier nicht größere Tiere gibt. Bären, Raubkatzen? Nein, also nicht, dass ich wüsste. Aber selbst Wildschweine können schon recht unangenehm werden. Da, schon wieder. Aber es kommt immer aus derselben Richtung, und wenn mich nicht alles täuscht, aus derselben Entfernung. Vielleicht ist ja auch jemand verletzt. Es schnauft noch mal. Ich gehe da jetzt hin.
Mein Herz klopft bis in meinen Hals. Das nächste Schnaufen sagt mir, dass ich näher an die Quelle komme. Ich gehe um einen Busch herum und sehe zwei Menschen mit genüsslich geschlossenen Augen im Mondlicht. Der Mann hockt auf den Knien und hält eine schmale Frau von hinten in seinem Schoß, eine Hand auf ihrer Brust und eine Hand an ihrer Vulva. Die Frau beugt sich nach vorn von ihm weg und gibt das Schnaufen von sich, das ich die ganze Zeit gehört habe. Der Mann legt den Kopf an ihren Rücken. Die beiden Körper schwingen harmonisch miteinander. Langsam. Sie haben alle Zeit der Welt. Sie genießen.
Ich grinse und will sofort gehen. Da richtet sich die Frau auf und sieht mich direkt an. Es ist Mere. Sie ist für einen Moment erstaunt, dann lächelt sie und winkt mir, zu ihr zu kommen. Ich mache wohl ein Geräusch, denn der Mann hebt seinen Kopf und öffnet auch die
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